Philippas verkehrte Welt
zurückzuziehen.
Mein Vater jedoch freute sich wie irre auf diesen neuen Job. Beim Frühstück hatte er von nichts anderem geredet, und danach war er gleich in Richtung Garage abgezogen, um den Transporter an seinen Platz zu bringen und sich die anderen drei Fahrzeuge anzusehen â einen Bentley, einen Geländewagen und einen Porsche Panamera. Ich hatte nur eine ungefähre Vorstellung davon, was das für Autos waren, aber Krister war natürlich gleich Feuer und Flamme, als Papa davon erzählte. Das Einzige, was mein Bruder zu bemängeln hatte, war, dass der Panamera kein richtiger Rennporsche ist.
Auf jeden Fall wäre mein Vater ganz sicher ziemlich enttäuscht, wenn er erfahren würde, dass Frau von Helsing ihn nicht wegen seiner Fahrkünste eingestellt hatte oder weil sie ihn so nett fand. Und deshalb musste ich mir hundertprozentig sicher sein, dass es ihr im Grunde nur um mich ging, bevor ich ihm mit dieser Sache kam. Mein Hauptanliegen war also ab sofort, so viel wie möglich über Frau von Helsings wahre Absichten herauszufinden.
Wenn ich damals allerdings auch nur geahnt hätte, in was für einem Wespennest ich da tatsächlich herumzustochern begann, hätte ich es wahrscheinlich gelassen.
So jedoch konnte ich es kaum erwarten, dass es vier Uhr wurde und ich mit meinen Geschwistern endlich zur Villa hinübergehen durfte, um uns von Celia über den Sportplatz führen zu lassen.
Es wundert dich wahrscheinlich nicht, wenn ich dir erzähle, dass sie uns eine gefühlte Ewigkeit vor der Haustür warten lieÃ. Irgendwann wurde in der ersten Etage ein Fenster aufgerissen, und Celia keifte zu uns herunter, dass sie sich das Leben nehmen würde, wenn Krister sich noch einmal in die Nähe des Steinways wagte.
Unschlüssig sahen meine Geschwister und ich uns an. Sollten wir wieder gehen, oder bedeutete es lediglich, dass Celia uns nicht hereinlassen wollte?
Das Fenster ging wieder zu und kurz darauf erschien sie dann doch in der Haustür. »Evelyn hat frei ⦠und meine Mutter ist nicht da«, eröffnete sie uns. »Ich muss euch also auch nichts zeigen.«
»Kein Problem«, gab ich zurück und hielt meinen Blick fest in ihre Augen gerichtet. »Ich glaube, wir finden den Sportplatz auch allein. Sooo riesig ist euer Grundstück ja nun auch wieder nicht.«
Celia zog einen Schlüsselbund hervor und klimperte damit herum. »Ich bin aber die Einzige, die euch das Gerätehaus öffnen kann«, sagte sie und grinste überheblich.
»Na dann, Hoheit«, erwiderte ich und deutete eine Verbeugung an, »bitte ich ergebenst um Audienz.«
»Bist du bescheuert!« Krister stieà mich mit dem Ellenbogen in die Seite. »So hast du ja nicht mal bei Mariel rumgeschleimt.«
»Klappe!«, zischte ich. »Und du hältst dich auch zurück, klar?«, ermahnte ich meine Schwester, bevor sie noch auf die Idee kam, ihren Senf ebenfalls dazuzugeben.
Josefine stopfte sich hastig das Ohr ihres Kuschelmuschelhasen in den Mund und nickte eifrig.
»Wer ist denn diese Mariel?«, fragte Celia, und zum ersten Mal bildete ich mir ein, so etwas wie Neugierde in ihrem Gesicht zu erkennen.
»Meine beste Freundin«, sagte ich, einfach weil ich es mir so wünschte und weil ich dieser eingebildeten Kuh zeigen wollte, dass ich beliebter war als sie. Aber dann fiel mir ein, dass das vielleicht doch keine so gute Strategie war. Wenn ich etwas über Frau von Helsing herausbekommen wollte, war es sicher klüger, wenn ich zumindest versuchte, mich mit ihrer Tochter zu verstehen. Daher fügte ich noch schnell hinzu: »Meine ehemals beste Freundin.«
»Sie und Mariel haben sich nämlich total verzofft«, erzählte Krister.
»Das heiÃt gezofft«, korrigierte Celia ihn und bedachte mich anschlieÃend mit einem spöttischen Lächeln. »Na ja, so etwas soll vorkommen.«
Sie steckte den Schlüsselbund in ihre hellblaue Steppweste zurück und zog sich fröstelnd die Pulliärmel, die bis über ihre Ellenbogengelenke hinaufgeschoben waren, herunter. Erst da fiel mir auf, dass ihre linke Armbeuge ein weiÃes Pflaster zierte.
»Oh!«, rief ich. »Bist du krank? ⦠Also wenn es dir nicht gut geht, dann musst du jetzt echt nicht mit uns hier drauÃen herumlaufen.«
»Unsinn«, sagte Celia so, als hätte ich sie eines schweren Verbrechens beschuldigt. »Ich bin doch
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