Phillips Bilder (German Edition)
fische ohne richtig hinzusehen ein Foto aus der Schale und tropfe den Boden voll.
„Wir sind beim Kegeln ins Gespräch gekommen. Tolle Frau.“
Ich tropfe immer noch den Boden voll. Mit so etwas habe ich überhaupt nicht gerechnet. Es ist erst ein Jahr her. Wie kann er ... Ich habe nicht gedacht, dass er überhaupt irgendwann ...
„Fixierbad“, sagt er.
„Oh, ja.“ Ich hänge das Foto zum Trocknen ein.
„Ich möchte sie dir vorstellen.“
„Klar.“ Hastig spüle ich das letzte Bild und versuche mich zusammenzureißen. Schließlich habe ich kein Recht, mich da einzumischen. Ich habe höchstens ein Recht darauf, dass er nicht peinlich berührt wegschaut, wenn ich ihm meinen Freund zeige. Oder den Jungen, mit dem ich vögle. ‚Ich treffe mich auch mit jemandem’, kann nicht so schwer auszusprechen sein. Aber wen habe ich schon kennengelernt – einen Jungen ohne Adresse und Arbeit, der mir nichts verspricht und nichts verrät. Bei Vati ist es sicher anders; es klingt so.
„Schön, Vati“, sage ich, auch wenn ich ihn nicht anschaue. „Ich habe noch ein paar bunte Filme, die schiebe ich in den Automaten.“ Ich mache das Licht an, und wir gehen nach draußen.
„Also hör mal, wegen dem Laden ...“
„Hat das nicht Zeit, Vati?“
„Ich wollte nur ...“
„Vermisst du sie gar nicht?“
Er weicht ein kleines Stück zurück und sein Blick wird unsicher. Frau Berger kommt um die Ecke. „Der Kunde wegen der Modeaufnahmen ist da.“
„Ich komme“, sagt mein Vater mit freundlicher, fester Stimme. Er sieht mich nicht an, während er nach vorn geht. Ich lege meine Filme nacheinander in den Automaten, der ratternd seine Aufgabe erfüllt, und versuche, mich zu beruhigen.
Im Automaten tauchen Bilder auf, meine Bilder, fallen in den Schacht. Die Fabrik, Benjamin, der Garten. Flüchtig schaue ich sie an und bin enttäuscht. Was habe ich da produziert? Eine verfallende Fabrik, ein junger Mann auf einer Friedhofsmauer, eine Katze im Morgenlicht. Spießige, betuliche, gefällige Bilder. Lächerlich, damit ein Fotografiestudium zu beginnen.
Ich schau hoch, an den Wänden Werbebanner und leuchtend in Szene gesetztes Bier, überdimensionale Grashalme voller Wassertropfen und die Hochzeit des Bürgermeistersohns. Ist das meine Zukunft? Das, was ich kann? In einer Ecke hängt ein kleines gerahmtes Foto, ich trete näher. Es zeigt die Wand unseres Hauses im starken Gegenlicht, die Schatten bilden ein abstraktes Muster. Eins meiner ersten Fotos und Vati hat es hier aufgehängt. Es ist ein gutes Foto für einen Zwölfjährigen, nehme ich an. Später habe ich eine Serie von leerstehenden Häusern unserer Stadt gemacht, die waren auch gut, damit habe ich einen Schülerwettbewerb gewonnen.
Die Schwimmbadfotos fallen mir ein, auch gut, aber nicht das, was Vati in sein Geschäft hängen würde, um mit seinem Sprössling anzugeben. Aber so ist es nicht, das Bild hängt hier hinten, ohne Beschriftung. Nicht der gewonnene Wettbewerb hängt hier, sondern eins meiner ersten Fotos. Der Anfang. Vati kommt zurück. Er wirft einen Blick auf das Bild, vor dem ich stehe, lächelt.
„Also, ich habe hier noch ein bisschen zu tun. Du kannst ja schon nach Hause fahren. Im Kühlschrank sind Rippchen.“
„Ach so.“ Verunsichert sammle ich meine Fotos ein. Er denkt wirklich ... Natürlich, warum auch nicht. Und ich? Ich sollte Ja sagen. Schließlich belästige ich Benjamin und David schon lange genug. Und eigentlich wollte ich zu Vati, es ist sein Fünfzigster. Und Seth? Er kann auch dort zu mir kommen. Wenn er will. Seth im Haus meines Vaters, zwischen den Rosen und dem kurz geschnittenen Gras, in meinem kleinen Jugendzimmer, wo wir leise sein müssen, denn Vati schläft nebenan und die Wände sind dünn. Nein.
„Ich wollte wieder zurück. Ich komme zu deiner Party, okay.“ Eilig hole ich die Fotos aus der Dunkelkammer. Vati steht da und sagt nichts, scheint nach Worten zu suchen.
„Du kommst aber zu meiner Party?“, fragt er schließlich.
„Klar doch, wünschst du dir was?“ Mist, ich habe noch nicht mal ein Geschenk.
„Ich brauche nichts. Kannst du um vier kommen, wegen der Deko?“
„Ja.“ Ich packe die Fotos in meinen Rucksack.
„Schön, das wird eine super Fete.“ Wie er da steht und das sagt, sieht er verloren aus. Ich schnappe mir meinen Rucksack und trete vor. „Bis Samstag.“ Ich umarme ihn leicht, unbeholfen, dann gehe ich schnell.
Während ich mit dem Rad zurückfahre, versuche ich nicht daran zu
Weitere Kostenlose Bücher