Phillips Susan Elizabeth
also schmecken deine Desserts so bitter?«, fragte sie sanft. »Bin wirklich ich es, die du hasst … oder bist es du selbst?«
Chaz ließ ihr Messer fallen und starrte in die Kamera, die schwarz umrandeten Augen weit aufgerissen.
»Lass sie in Ruhe, Georgie«, kam Brams Stimme in
scharfem Ton von der Tür her. »Nimm deine Kamera, und lass sie in Ruhe.«
Chaz wandte sich an ihn. »Du hast es ihr gesagt!«
Bram kam in die Küche. »Ich habe ihr gar nichts gesagt.«
»Sie weiß es! Du hast es ihr erzählt!«
Chaz’ Wut und Selbsthass saßen tief, und Georgie war um Verständnis bemüht. Sie wollte es als Dokument all jener jungen Mädchen filmen, die von ihrem eigenen Schmerz verzehrt werden. Nur dass sie kein Recht hatte, derart in ihre Privatsphäre einzudringen, sie senkte – zwang sich dazu – die Kamera.
»Sie weiß nur, was du ihr selbst mit deinem Plappermaul erzählt hast«, sagte Bram.
Wieder gab Georgie sich den Befehl zu gehen, aber ihre Füße gehorchten ihr nicht. Stattdessen sagte sie: »Glaub mir, du bist nicht das einzige Mädchen, das nach L.A. gekommen ist und getan hat, was es tun musste, um zu überleben.«
Chaz’ Hände ballten sich zu Fäusten. »Ich war keine Hure. Das denken Sie doch, oder? Dass ich so eine Crack-Hure war!«
Bram warf Georgie einen tödlichen Blick zu und stellte sich neben Chaz. »Lass es gut sein. Du brauchst dich nicht mehr zu verteidigen.«
Aber irgendwas schien in ihr aufgebrochen zu sein. Sie konzentrierte sich ganz auf Georgie. Ihre Worte kamen wie ein Knurren. »Ich habe nie Drogen genommen! Niemals! Ich wollte einfach eine Bleibe und ein bisschen was Anständiges zu essen.«
Georgie schaltete ihre Kamera aus.
»Nein!«, schrie Chaz. »Machen Sie die wieder an. Sie wollten es ja unbedingt hören. Schalten Sie sie ein.«
»Ist ja gut. Ich möchte nicht …«
»Einschalten!«, befahl Chaz wild entschlossen. »Das ist wichtig. Machen Sie es wichtig.«
Georgies Hände hatten zu zittern begonnen, aber sie verstand, und sie tat, worum Chaz sie bat.
»Ich war schmutzig und lebte aus dem Rucksack.« Durch die Linse sah Georgie Tränen über den tintigen Rand von Chaz’ Wimpern am Unterlid laufen. »Einen Tag hielt ich es ohne Essen aus, und dann noch einen. Ich hörte von einer Suppenküche, aber ich brachte es nicht über mich, da reinzugehen. Ich war halb verrückt vor Hunger, und ich hielt es für besser, meinen Körper zu verkaufen, anstatt Almosen anzunehmen.«
Bram versuchte ihr den Rücken zu reiben, aber sie stieß ihn weg. »Ich redete mir ein, es sei nur für ein Mal, und ich würde genug verlangen, damit ich über die Runden kam, bis der Gipsverband wieder abgenommen wurde.« Ihre Worte trommelten auf die Kamera ein. »Er war ein älterer Mann. Er sollte mir zweihundert Dollar zahlen. Aber nachdem es vorbei war, stieß er mich stattdessen aus dem Auto und fuhr weg, ohne mir was zu geben. Ich erbrach mich über dem Rinnstein.« Ihr Mund wurde hart vor Verbitterung. »Danach lernte ich, mir mein Geld im Voraus geben zu lassen. Meistens zwanzig Dollar, aber ich habe nichts genommen – habe nie Drogen genommen -, und ich verlangte, dass sie Kondome trugen, also war ich anders als die anderen Mädchen, die auf Drogen waren und denen alles egal war. Mir war nicht alles egal, und ich war auch keine Hure!«
Wieder versuchte Georgie, die Kamera abzuschalten, aber Chaz wollte davon nichts wissen. »Das wollten Sie doch immer. Also wagen Sie es nicht, mich jetzt zu unterbrechen.«
»Ist ja gut«, sagte Georgie weich.
»Ich fand es widerlich, auf der Straße zu schlafen.«
Schmierige Tränen liefen an ihren Wangen herab. »Es war mir vor allem verhasst, mich in öffentlichen Toiletten waschen zu müssen, um sauber zu bleiben. Ich hasste das so sehr, dass ich sterben wollte, aber sich umbringen, ist viel schwerer, als man denkt.« Sie nahm sich ein Taschentuch aus der Schachtel auf der Theke. »Kurz vor Weihnachten ist mir dann dieser Typ begegnet, und ich bekam ein paar Pillen von ihm. Nicht um high zu werden. Pillen, damit ich … allem ein Ende machen konnte.« Sie schnäuzte sich. »Die wollte ich für den Weihnachtsabend aufheben, wie ein Geschenk an mich selbst, ich würde sie einnehmen und mich bei irgendjemandem im Türeingang zusammenrollen und für immer einschlafen.«
»O Chaz …« Georgie schnitten Chaz’ Worte tief in die Seele. Bram zog Chaz’ Rücken an seine Brust und massierte ihr die Schultern.
»Ich brauchte also nur noch bis
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