Philosophenportal
Borgia, dem Sohn des Papstes Alexander VI. und ehrgeizigen Herrscher über die Romagna, führte.
Cesare Borgia schickte sich an, Italien von der Mitte aus zu erobern. Dabei war auch Florenz bedroht. Machiavelli verbrachte
1502 vier Monate in unmittelbarer Nähe Cesare Borgias, den er als militärischen Gegner fürchtete, als politischen Strategen
aber bewunderte. So erlebte er auch, wie Borgia, einem falschen Versprechen Glauben schenkend, die Wahl seines Widersachers
Julius II. zum Papst unterstützte und damit seinen eigenen Untergang einleitete.
Der neue Papst war es auch, der ein Bündnis mehrerer italienischer Staaten mit Spanien schmiedete, das sich vor allem gegen
Frankreich richtete. Florenz beteiligte sich aus Loyalität zu Frankreich nicht daran und wurde deshalb 1512 von spanischen
Truppen besetzt. Dies bedeutete das Ende der alten florentinischen Republik. Mit den Spaniern kehrten auch die Medici zurück.
Hatte deren Sturz zwanzig Jahre zuvor die diplomatische Karriere Machiavellis befördert, so bedeutete ihre Wiedereinsetzung
als Herrscher von Florenz für Machiavelli den entscheidenden Karriereknick.
Er wurde seines Amtes enthoben und wenig später sogar der Verschwörung angeklagt, gefangen genommen und auf der Streckbank
gefoltert. Erst als ein Mitglied der Medici-Familie zum Papst gewählt und deshalb in Florenz eine Amnestie erlassen wurde,
kam er wieder in Freiheit. Man verbannte ihn jedoch auf sein kleines Landgut Sant’ Andrea in der Umgebung der Stadt. Jede
politische Aktivität wurde ihm untersagt.
In dieser Verbannung wurde der politische Philosoph Machiavelli geboren. Er fand nun Zeit zur Lektüre und zum Ausarbeiten
seiner zahlreichen Notizen, die er sich während seiner diplomatischen Tätigkeit gemacht hatte.
Der Fürst
, sein Hauptwerk, war nicht nur die wichtigste Frucht dieser Arbeit. Es sollte ihm auch – so die Hoffnung Machiavellis – den
Weg zurück auf die politische Bühne ebnen. Die |42| Schrift wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 1513 entworfen und bereits zu Weihnachten desselben Jahres fertig gestellt.
Machiavelli widmete sie ironischerweise dem Mann, der ihn entmachtet hatte, der aber gleichzeitig der Einzige war, der seine
Verbannung beenden konnte: Lorenzo, der neue Herrscher von Florenz, ein Enkel Lorenzos des Prächtigen.
Machiavelli wollte nicht nur zeigen, wie man die strategischen Fehler der Vergangenheit vermeiden kann. Es ging ihm um ein
Ziel, das weit über die Lokalpolitik seiner Heimatstadt hinausreichte: die politische Einigung und die Befreiung Italiens
von der Fremdherrschaft. Das letzte Kapitel seines Buches trägt den Titel: »Aufruf, Italien von den Barbaren zu befreien«.
Gemeint sind die Deutschen, Franzosen, Schweizer und Spanier. Machiavelli wollte dazu beitragen, dass dem zerrissenen Land
»nach so langer Zeit ein Retter erscheine«.
Der Fürst
ist die Beschreibung eines solchen Retters und der Eigenschaften, die er besitzen muss. Machiavelli wollte sich mit dem Buch
als Politikberater und als theoretischer Wegbereiter der nationalen Erneuerung empfehlen.
Dass eine Schrift mit dem Titel
Der Fürst
zunächst keine besondere Aufmerksamkeit erfuhr, hing damit zusammen, dass sehr viele Bücher mit diesem Titel in Umlauf waren.
Es gab seit dem Mittelalter eine eigene Tradition dieser Schriften, eine Gattung, die man »Fürstenspiegel« nannte. Mit den
Fürstenspiegeln sollte den politisch Mächtigen das Idealbild eines perfekten Herrschers wie in einem Spiegel vorgehalten werden.
Sie waren in der Regel, wie Machiavellis Buch auch, einem bestimmten regierenden Fürsten gewidmet.
So hatte der bekannteste mittelalterliche Philosoph, Thomas von Aquin, sein Werk
Über die Herrschaft des Fürsten
an den König von Zypern adressiert. Der berühmte Humanist Erasmus von Rotterdam veröffentlichte 1516, drei Jahre, nachdem
Machiavellis Buch geschrieben worden war, seine
Fürstenerziehung
, die er an Karl von Burgund richtete. Die Fürstenspiegel legten an die Politik die Messlatte der Moral an: Nur derjenige
ist danach ein guter Herrscher, der sein Handeln an moralischen Grundsätzen ausrichtet und elementare Rechte seiner Untertanen
achtet. Weisheit und Güte sind zum |43| Beispiel zwei der Eigenschaften, die Erasmus von seinem idealen Fürsten fordert.
Machiavelli greift die Tradition des Fürstenspiegels auf, doch er benutzt ihn nur wie eine Hülle, in die er ganz andere Inhalte
steckt. Die Werte
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