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Philosophenportal

Titel: Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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und Volk ein Abstand gewahrt wird, der nur dann erhalten werden kann, wenn
     sich der Fürst mit der Aura des Majestätischen, der Machtfülle umgibt. Machiavelli denkt dabei nicht an eine »natürliche«,
     durch Geburt und Stand verliehene Ausstrahlung, sondern an eine bewusste Inszenierung, die durch wirkungsvolle, gut kalkulierte
     Handlungen hervorgerufen wird.
    Auch hier diente ihm wieder Cesare Borgia als Beispiel. Als dessen Herrschaft in der Romagna dadurch in Gefahr geriet, dass
     einer seiner Heerführer durch seine Grausamkeit Hass in der Bevölkerung erzeugte, ließ er diesen vor den Augen der Bürger
     hinrichten – mit einem doppelten Effekt: Er besänftigte den Hass und erzeugte gleichzeitig die Furcht und den Respekt, der
     seiner eigenen Herrschaftssicherung diente.
    Dem Ziel, diesen Respekt zu erhalten, müssen sich alle politischen Maßnahmen unterordnen. Deshalb lehnt Machiavelli auch die
     von antiken Philosophen empfohlene Milde und Freigebigkeit des Herrschers ab. Wer zu nachgiebig ist, sieht sich zu einer umso
     grausameren Bestrafung veranlasst, wenn es zu spät ist. Besser ist es, mit gut dosierten, gezielt eingesetzten Grausamkeiten
     vorzugehen.
    Auch ein Fürst, der voreilig seine Ressourcen verschwendet, gefährdet seine Macht. Geiz im Sinne eines äußerst sparsamen Umgangs
     mit finanziellen Mitteln ist im Gegenteil die Voraussetzung dafür, dass sich der Fürst politische Handlungsfreiheit bewahren
     kann. Großzügig umgehen sollte man nach Machiavelli lediglich mit den Mitteln anderer, etwa mit denen, die man auf Feldzügen
     erbeutet hat. Sie können bewusst dazu eingesetzt werden, beim Volk gute Stimmung zu erzeugen.
    Die Herrschaft des Fürsten beruht nach Machiavelli auf zwei Säulen: gute Gesetze und Waffen. Dabei spielen im
Fürst
die Waffen die weitaus größere Rolle. Ohne den Schutz einer Armee, so Machiavelli, können sich die besten Gesetze nicht halten.
     Aus der negativen Erfahrung mit Söldnerheeren zieht er die Konsequenz und tritt für eine Armee ein, die aus den Bewohnern
     eines Territoriums selbst gebildet wird. Auch dies hatte Cesare Borgia bereits vorgemacht. Im |48| Gegensatz zu Söldnerheeren ist eine solche Armee nach Machiavelli besser motiviert, von materiellen Anreizen unabhängiger
     und in ihrer Loyalität verlässlicher. Lange vor der Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht im 19.   Jahrhundert wird Machiavelli damit zu einem frühen Verfechter der Idee eines Volksheeres.
    Ruhm und Ehre sind für Machiavelli letztlich der Lohn eines erfolgreichen Herrschers. Er denkt an einen zweiten Cesare Borgia,
     der keine Fehler macht und seine politischen Fähigkeiten in den Dienst der ganzen italienischen Nation stellt. Dieser könnte
     sich damit schmücken, der Befreier und Einiger Italiens zu sein. Machiavelli sah Italien an einem entscheidenden Punkt seiner
     Geschichte stehen und er hoffte, mit seinem Buch ein Fanal zu zünden, das ihn selbst wieder ins Rampenlicht setzen und den
     neuen florentinischen Herrscher zur politischen Tat veranlassen könnte.
    Doch die mit dem Buch verbundene Hoffnung Machiavellis wurde enttäuscht. Es wurde eher unterkühlt aufgenommen. Der Medici-Fürst
     Lorenzo sah keinen Anlass, im Sinne Machiavellis aktiv zu werden oder diesen gar auf die politische Bühne zurückzuholen. Auch
     die politische Einigung Italiens wurde erst mehr als vierhundert Jahre später verwirklicht.
    Als Diplomat und Politiker scheiterte Machiavelli. So richtete er sich in den folgenden Jahren, dem Zwang gehorchend, als
     Autor ein und schrieb philosophische, historische und literarische Bücher, von denen die
Discorsi
, in denen er seine politische Philosophie weiterentwickelte, das bekannteste ist.
     
    Doch Machiavellis philosophiegeschichtliche Karriere als politischer Denker war umso eindrucksvoller.
Der Fürst
wurde nicht nur das umstrittenste, sondern ist bis heute auch eines der meistdiskutierten Bücher der politischen Philosophie,
     obwohl seine anfängliche Aufnahme eher bescheiden war. Es zirkulierte zunächst unveröffentlicht in florentinischen Kreisen
     und wurde erst 1532, nach dem Tode des Autors, auf Geheiß des Papstes gedruckt. Aber schon 1559 setzte die Kirche die Schrift
     auf den Index. Es war nicht die von Machiavelli empfohlene Skrupellosigkeit im Umgang mit der Macht, die dieses |49| Verbot auslöste. Es war vielmehr die gänzliche Trennung von Politik und Theologie, die für die Kirche inakzeptabel war. Machiavellis
    

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