Philosophenpunsch
gesagt, dass sich der Herr Korber um sie kümmert.«
Thomas hatte sich erbötig gemacht, zusammen mit Julia einen Christbaum für Agnes Windbichler zu besorgen und ihr beim Aufputzen zu helfen, da sie selbst keinen brauchten und sich so ein wenig für das Fest in Stimmung bringen wollten. Leopold konnte dadurch ein bisschen durchatmen und sich seiner Arbeit widmen. Der Mordfall war ja erledigt.
Viel war allerdings nicht mehr zu tun. Langsam leerte sich jetzt, knapp nach zwei Uhr nachmittags, das Lokal. Jeder eilte nach Hause, um letzte Vorbereitungen für den Heiligen Abend zu treffen. Vielleicht würde noch der eine oder andere, der gerade seine letzten Einkäufe getätigt hatte, auf einen Sprung hereinkommen. Das war’s dann aber auch schon.
»Leopold, zahlen«, hörte er von einem der hinteren Tische. Diensteifrig kassierte er und durfte auch noch eine kleine Kranzspende in Empfang nehmen. Eine leise Melancholie schlich sich bei ihm ein. Er würde das Kaffeehaus jetzt ein paar Tage gegen die traute Zweisamkeit mit seiner Tante eintauschen müssen. Mein Gott, die Tante! Wie wenig hatte er sich in den letzten Tagen um sie gekümmert. Er konnte nur hoffen, dass sein Anruf heute früh etwas bewirkt hatte.
Plötzlich stand Mario Schweda vor Leopold und überreichte ihm wortlos ein Paket. Leopold atmete auf. »Wie ausgemacht?«, fragte er. »Ein Geschenk des Hauses?«
»Wie ausgemacht, vorausgesetzt, dass Sie …«
»Schön eingepackt haben Sie’s ja auch. Na, dann bedanke ich mich sehr herzlich.«
»Vergessen Sie jedenfalls nicht …« Bei diesen Worten stieß Schweda beinahe mit Oberinspektor Juricek zusammen, der soeben das Heller betreten hatte. Er schaute ihn kurz ehrfürchtig mit großen Augen an, stand sozusagen da wie das Kaninchen vor der Schlange. Nach dieser Schrecksekunde beeilte er sich mit einem flüchtig gemurmelten »Frohe Weihnachten allseits« an Juricek vorbei zur Tür hinaus.
»Servus Leopold«, grüßte der Oberinspektor. »Mario Schweda, wenn ich mich nicht irre. Der hat es aber eilig. Eine kleine Galgenfrist geben wir ihm noch. Nach den Feiertagen werden wir ihn dann ein bisschen gröber in die Mangel nehmen.«
»Ich hoffe doch, es wird nicht zu grob«, beeilte sich Leopold zu sagen.
Juricek stutzte. »Warum nicht? Wahrscheinlich war er beim Überfall auf seine Filiale nicht ganz unschuldig, da waren wir uns doch einig. Außerdem steht zu befürchten, dass er sich an der Toten vergriffen und ihr Geld entwendet hat.«
»Glaubst du? Also ich denke, er hat damals nur herumgebrüllt, weil er besoffen war. Und was den Überfall betrifft: So ein Komplott traust du ihm zu? Das ist doch ein armes Bürscherl, das schon zu stottern beginnt, wenn sie in der U-Bahn seinen Fahrschein kontrollieren. Der könnte bei so einem Ding gar nicht dichthalten. Nein, nein, wenn der nichts sagt, dann war er’s auch nicht. Schweda ist nur ein bisschen unglücklich in die Sache hineingeraten.«
»Leopold, ich traue meinen Ohren nicht«, schüttelte Juricek den Kopf. »Du hast ihn doch beschuldigt, Beweise hast du gehabt, am liebsten hättest du ihn gleich verhaften lassen.«
»Da hab ich ihn ja auch noch des Mordes verdächtigt«, schwächte Leopold ab. »Aber im Grunde ist das ein unbescholtener Mensch, der sich ein wenig ungeschickt verhalten hat. Wenn ich mir dahingegen den Angerer anschaue …«
»Klein hat er niedergeschlagen, dieses Geständnis haben wir ihm heute Vormittag abgeluchst. Danke an deinen Freund Korber für den Hinweis. Angerer hat Klein sowieso aus Eifersucht gehasst, dann auch noch für den Mörder gehalten. Als er ihn zufällig mit Caha auf dem Weg ins Leonie gesehen hat, ist er auf dumme Gedanken gekommen und hat ihn später abgepasst. Die Flasche Rotwein hatte er mit, mit der hat er sich beim Warten Mut angetrunken. Deshalb war sie schon halbleer. Den Raub streitet er noch ab, aber das ist nur eine Zeitfrage. Dass er Schweda mitbelasten wird, steht für mich außer Frage.«
»Na und? Da steht Aussage gegen Aussage. Das beweist noch gar nichts.«
»Was hast du denn auf einmal für ein sanftes Gemüt?«, wunderte sich Juricek. »Das kann doch nichts mit Weihnachten zu tun haben.«
»Ich bin eben gegen jede Vorverurteilung«, äußerte sich Leopold verhalten. »Stell dir vor, der arme Mann verliert seinen Posten, nur wegen eines Justizirrtums.«
»Früher einmal warst du nicht so zimperlich. Sag einmal, was hast du da in deiner Hand, so schön weihnachtlich verpackt? Täusche ich
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