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Phobia: Thriller (German Edition)

Phobia: Thriller (German Edition)

Titel: Phobia: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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schien seine Gedanken erahnt zu haben, denn kurz nachdem sie losgefahren waren, sprach er das Thema an.
    »Sie wundern sich, dass ich nicht traurig wirke, nicht wahr?«
    »Ja, offen gesagt schon.«
    »Das ist verständlich, aber sehen Sie, Mark, es ist nicht so, dass ich nicht darauf vorbereitet gewesen wäre.«
    Verblüfft sah Mark ihn an. »Sie wussten, dass er sich das Leben nehmen wollte?«
    »Ja«, entgegnete Somerville knapp und ordnete sich in der Spur ein, die in Richtung Innenstadt führte. »Ihnen gegenüber kann ich doch offen sein. George und ich haben seinen Tod gemeinsam geplant. Gleich nachdem er erfahren hatte, dass es keine Heilungschancen für ihn gab.« Wieder lächelte er Mark zu. »Und danach hatten wir noch eine gute Zeit. Eine sehr gute Zeit. Sie glauben gar nicht, wie viel intensiver man lebt, wenn man weiß, dass man sterben wird. Wir wissen es natürlich alle, nur wollen wir es nicht wahrhaben.«
    Er wandte sich wieder der Straße zu, schaltete einen Gang zurück und überholte einen Lastwagen. »Nun, wie sehen Sie das, Mark? Verurteilen Sie unser Handeln?«
    Mark sah aus dem Seitenfenster, wo dichter Verkehr an ihnen vorbeidrängte. Über ihnen erstreckte sich ein grauer Dezemberhimmel. »Nein, ich denke, das muss jeder für sich entscheiden. Ich habe zwar keine Geschwister, aber ich an Ihrer Stelle hätte den Willen meines Bruders wohl ebenfalls akzeptiert. Nur warum, um alles in der Welt, hat er es in der Öffentlichkeit getan?«
    »Das hatte mehrere Gründe«, sagte Somerville, und nun trat zum ersten Mal ein ernster Ausdruck auf sein Gesicht. »Der wichtigste Grund war für ihn, dass er mich schützen wollte. Es sollte für jedermann klar ersichtlich sein, dass er es aus freien Stücken getan hat. Deshalb die Öffentlichkeit, und die Millennium Bridge hat er geliebt, ebenso wie das Wasser. Wir haben sie oft gemeinsam überquert und dabei die Schwingungen unter den Füßen genossen. Das hatte etwas von Schweben, von Freiheit, verstehen Sie?«
    »Ja, sicher«, sagte Mark, »aber ihm muss doch auch klar gewesen sein, dass er den Menschen, die seinen Sprung mit ansehen mussten, einen ziemlichen Schock versetzen würde. So rücksichtslos hatte ich ihn gar nicht eingeschätzt.«
    »Rücksichtslos?« Somerville stieß ein spöttisches Lachen aus. »Verzeihen Sie, wenn ich das so sage, Mark, aber ich glaube, Sie kannten Ihren Doktorvater nicht. George hat nie etwas dem Zufall überlassen. Er war von jeher ein Planer, das müssten Sie doch wissen.«
    »Ja, schon, aber …«
    »Sie verstehen nicht, Mark«, unterbrach ihn Somerville. »Selbstverständlich hatte er sich seine Zeugen sehr wohl ausgesucht. Keine Kinder, das stand für ihn von Anfang an fest. Als er es tat, waren nur einige Touristen in seiner Nähe. Und was glauben Sie, wie die reagiert haben?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Nun, sie haben Fotos gemacht. Eines davon hatte es sogar auf die Titelseite unserer ach so seriösen Daily Mail geschafft. George, wie er auf der Brücke steht, kurz vor dem Sprung. Nein, Mark, das hat nichts mit Rücksichtslosigkeit zu tun. Der Tod ist in unserer zivilisierten Gesellschaft zur Attraktion geworden. Je grausamer, desto auflagenträchtiger. Die Leute sind regelrecht verrückt danach. Das dürften Sie doch inzwischen selbst zur Genüge erfahren haben, oder nicht?«
    Mark entgegnete nichts. Er dachte an die Schlagzeilen, die es damals vor anderthalb Jahren gegeben hatte, an die sensationslüsternen Berichte der Presse über die mysteriöse Fahrerflucht. An die Spekulationen, ob es wirklich nur ein unglücklicher Zufall gewesen war, oder ob es sich um eine gezielte Tötung gehandelt hatte.
    Ohne dieses Thema weiter zu vertiefen, fuhr Somerville fort: »Und was Georges Beziehung zu mir betrifft, so werden Sie vielleicht schon geahnt haben, dass wir nicht verwandt gewesen sind.«
    Mark zuckte die Schultern. »Nun ja, es gab damals Gerüchte während meines Studiums, aber ich habe nie viel darauf gegeben.«
    Nun kehrte das schelmische Lächeln in Somervilles Gesicht zurück. »Oh, das hätten Sie ruhig tun können, mein Lieber, denn es ist wahr. George und ich waren keine Brüder, weder ganz noch zur Hälfte. Dieser kleinen Notlüge bedurfte es seinerzeit, sonst hätten wir unsere Professuren nie bekommen. Mag sein, dass man das heutzutage toleranter und politisch korrekter handhabt, aber zur damaligen Zeit im erzkonservativen Oxford … Eher hätte der Papst für Kondome geworben.«
    »Da haben Sie

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