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Phobia: Thriller (German Edition)

Phobia: Thriller (German Edition)

Titel: Phobia: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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Familie Otis ankam, hatten die Träger den Sarg bereits auf die Hebevorrichtung über der Grube gestellt.
    Otis war überzeugter Atheist gewesen, daraus hatte er nie einen Hehl gemacht, und so gab es weder eine Aussegnung noch die Grabrede eines Priesters. Dafür gab es jede Menge Reden von Kollegen und Freunden, die das Leben und Wirken des Professors Revue passieren ließen, und Mark musste an Somerville denken, der bereits seit einigen Stunden unterwegs war zu seinem Südseeparadies, um all diesen weihevollen Nachrufen zu entgehen.
    Mark hingegen war froh, dass er gekommen war. Ihm lag viel an dieser Respektbezeugung gegenüber dem Mann, dem er viel zu verdanken hatte in der Vergangenheit – und vielleicht auch in der Zukunft, wer konnte das schon sagen?
    Insgeheim hielt er Ausschau, ob er irgendwo weitere Lebensuhren entdecken konnte. Es hätte ihn sehr interessiert, wer die anderen vier waren, die dieses besondere Abschiedsgeschenk erhalten hatten. Somerville würde sicher einer von ihnen sein, aber wer noch?
    Als die Reden vorüber waren und Mark ein letztes Mal am offenen Grab Abschied von George Otis genommen hatte, machte er sich mit gesenktem Kopf auf den Weg zum südlichen Ausgang, um den Presseleuten zu entgehen, die wie eine Meute hungriger Hyänen am Haupteingang lauerten.
    Plötzlich hörte er eilige Schritte hinter sich, und wieder rief eine Frau seinen Namen.
    »Mark? Mark Behrendt?«
    Erstaunt sah er sich um. Jetzt, wo es stiller um ihn war, kam ihm die Stimme bekannt vor. Eine schlanke Frau im dunklen Mantel kam auf ihn zu. Ihr langes blondes Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden, und ihr Gesicht war hinter einer großen Sonnenbrille verborgen. Unter ihrem linken Ärmel lugte eine blaue Armschiene hervor.
    Als die Frau bei ihm angekommen war, nahm sie die Brille ab und sah ihn erwartungsvoll an.
    »Hallo, Mark, kennst du mich nicht mehr?«
    Ja, er hatte diese tiefblauen Augen schon einmal gesehen, auch wenn ihn ihr trauriger, ernster Blick noch verwirrte. Es lag lange zurück, sehr lange. Damals waren es die Augen eines Teenagers gewesen. Aber es waren noch immer unverkennbar ihre Augen.
    »Sarah? Sarah Bellingham?«
    Sie seufzte erleichtert. »Gott sei Dank! Ich hatte befürchtet, du hättest mich längst vergessen. Oxford liegt schon eine Weile zurück, was?«
    »Gefühlt mindestens ein Jahrhundert. Aber du hast dich gar nicht verändert. Das ist natürlich als Kompliment gemeint.«
    Er bekam ein schwaches Lächeln zur Antwort. »Danke. Du dich aber auch nicht.«
    Mark strich sich verlegen über das stoppelige Kinn. Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass er unrasiert war. Da er sonst kaum noch unter Leute ging, erschienen ihm Dinge wie Rasieren oder der Gang zum Friseur ziemlich unwichtig. Nun war es ihm zum ersten Mal seit Langem peinlich, wie wenig Wert er in letzter Zeit auf sein Aussehen legte.
    »Schön, dich wiederzusehen, Sarah«, sagte er nach einem Moment des Schweigens. »Aber was machst du hier bei Otis’ Beerdigung? Du hast doch bei ihm keine Vorlesungen gehört, oder?«
    Sie schüttelte den Kopf und presste die Lippen aufeinander. Ihre Mundwinkel zuckten, und Mark glaubte Tränen in ihren Augen schimmern zu sehen. Hastig setzte sie die Sonnenbrille wieder auf.
    »Ich bin wegen dir hier.«
    »Wegen mir? Woher wusstest du, dass ich zur Beerdigung kommen werde?«
    »Otis war dein Doktorvater, und er hat dir damals viel bedeutet«, sagte sie und zog ein Taschentuch aus der Manteltasche. »Als ich aus der Zeitung von seinem Tod erfuhr, war ich mir ziemlich sicher, dass du zu seinem Begräbnis kommen würdest. Na ja, zumindest hatte ich es gehofft.«
    Nicht nur du , dachte Mark. Somerville hat fast dieselbe Formulierung gebraucht.
    Sie wandte sich von ihm ab, hob die Sonnenbrille ein Stück an und betupfte sich das Gesicht mit dem Taschentuch.
    Mark sah sie verwundert an.
    »Aber ich verstehe nicht …«, begann er. »Weshalb wolltest du mich sprechen?«
    »Tut mir leid, dass ich dich so überrumple, Mark. Ich hätte dich angerufen, aber ich wusste nicht, in welchem Hotel du wohnst. Also habe ich es einfach hier versucht. Ich … ich …« Sie ergriff seinen Arm, und Mark konnte spüren, dass sie am ganzen Leib bebte. »Mark, ich bin hier, weil ich nicht mehr weiter weiß. Ich brauche deine Hilfe!«
    »Meine Hilfe? Wobei?«
    Sie deutete auf einen Weg zwischen den Grabreihen. »Wollen wir ein Stück gehen? Bitte!«
    »In Ordnung.«
    Sie spazierten den Weg entlang und näherten sich

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