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Phobia: Thriller (German Edition)

Phobia: Thriller (German Edition)

Titel: Phobia: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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der Nonkonformistenkapelle, in deren großem Glasfenster über dem Eingang sich der graue Dezemberhimmel spiegelte.
    Erneut herrschte Schweigen. Mark sah zu Sarah, die vor sich hin starrte, als suchte sie nach Worten.
    »Es tut mir leid, dass wir uns nach dem Studium aus den Augen verloren haben«, sagte sie schließlich.
    »Und ich hätte mich ja auch längst mal bei dir melden können.«
    »Lebst du noch in England?«
    »Nein, ich bin schon vor vielen Jahren weg. Seit einiger Zeit lebe ich in Deutschland.«
    »Deutschland«, wiederholte sie und nickte. »Da war ich noch nie. Ist bestimmt etwas ganz anderes als Hackney oder Oxford.«
    »O ja, das kann man wohl sagen.«
    »Wir hatten damals eine gute Zeit, findest du nicht?«
    Mark spürte, dass sie noch um das eigentliche Thema herumschlich, als wüsste sie nicht, wie sie sich ihm nähern sollte. Er kannte das aus seinen Sprechstunden, wenn Patienten anfingen, über Gott und die Welt zu reden, weil sie nicht beim Namen nennen wollten, weshalb sie eigentlich gekommen waren.
    »Stimmt«, sagte er, »wir haben viel zusammen erlebt. Wie geht es dir jetzt? Bist du verheiratet?«
    »Ja … und du?«
    »Nein.«
    »Bist du mit jemandem zusammen?«
    »Nicht mehr.«
    Sie musterte ihn durch die große Sonnenbrille, und es kam ihm vor, als würde sie ihn abschätzen. Dann wandte sie sich wieder dem Weg zu.
    »Ich heiße jetzt übrigens Bridgewater. Wir haben ein Haus in Forest Hill.«
    »Oh!« Mark nickte anerkennend. »Das ist ein ziemlicher Aufstieg, verglichen mit Hackney.«
    »Ja, das ist es wohl«, sagte sie und versuchte ein Lächeln. »Es geht uns gut. Wir haben einen kleinen Sohn, Harvey, er ist vor Kurzem sechs geworden und …«
    Sie unterbrach sich mitten im Satz, und es war ihr anzumerken, wie sie mit sich rang, endlich das auszusprechen, was sie ihm wirklich sagen wollte.
    »Denkst du noch ab und zu an unsere Kindheit?«, fragte sie.
    »Manchmal schon, ja.«
    »Kannst du dich noch an deinen Walkman erinnern?«
    »Walkman? Ich hatte mehrere. Welchen meinst du?«
    »Deinen ersten. So ein einfaches weißes Plastikding. Du hast ihn mir damals geschenkt.« Wieder huschte die Andeutung eines Lächelns um ihren Mund. »Wir waren zwölf oder dreizehn, und es war irgendwann während der Sommerferien. Meine Eltern hatten mal wieder Streit. Mein Vater hatte getrunken und schrie herum, und ich bin zu euch geflüchtet, wie so häufig. Ich glaube, wenn du und deine Eltern nicht nebenan gewohnt hätte, wäre ich sicher irgendwann ganz von zu Hause weggelaufen.«
    Sie sah ihn wieder an, doch die Sonnenbrille verbarg, was dabei in ihr vor sich ging. »Du hattest den Walkman zum Geburtstag bekommen, und wir haben hinten bei euch auf der Mauer Musik gehört. Level 42, Europe, A-ha, die Bangles, dieses ganze Achtzigerzeug.«
    »Richtig!« Mark schmunzelte. »Ein absoluter Stromfresser. Drei Stunden Musik, und man brauchte einen neuen Satz Batterien für das Ding. Sechs Stück, wenn ich mich nicht täusche. Mein ganzes Taschengeld ging nur für Batterien drauf.«
    »Ja. Und den hast du mir an jenem Nachmittag geschenkt, weißt du’s wieder?«
    »Stimmt, jetzt erinnere ich mich.«
    Vor seinem geistigen Auge erschien das Bild von ihnen beiden, wie sie auf der Mauer saßen und sich den großen Kopfhörer teilten. Als Sarah bei ihnen geklingelt hatte, hatte sie geweint, aber als dieser verrückte Österreicher in deutsch-englischem Kauderwelsch über Mozart sang und dabei wie ein heiseres Huhn gackerte, hatte sie lachen müssen.
    »Du hast gesagt, Musik kann eine Zuflucht sein, du hast gesagt, sie hilft, wenn einem alles zu viel wird«, sagte sie und trat nach einem verirrten Kieselstein, und für einen kurzen Augenblick sah Mark wieder die leibhaftige zwölfjährige Sarah vor sich. »Das hat mir sehr geholfen, Mark. Irgendwie warst du immer für mich da. Wie ein Bruder.«
    »Ja, es war eine gute Zeit mit uns.«
    »Und kannst du dich auch noch an diesen Schnösel in Oxford erinnern, von dem du mir so dringend abgeraten hast? Ich wäre fast auf ihn hereingefallen, aber du hast ihn sofort durchschaut. Darin warst du immer ganz besonders gut, hinter die Fassade der Leute zu sehen.«
    »O Gott, er hieß Vincent, nicht wahr?« Mark musste grinsen. » Vin-cent, mit dem gewinnst du keinen Cent . Himmel, was für ein Idiot! Aber ihr seid alle scharf auf ihn gewesen. Du hattest …«
    Sarah blieb so abrupt stehen, dass Mark sie beinahe umgerannt hätte. Dann platzte es aus ihr heraus.
    »Mark, ich

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