Phön - Tränen der Götter (Die Phön Saga) (German Edition)
zu.
»Cora?« Lea blickte die geräderte Thohawk an: Sie war voller Blut, die Kleider zerrissen und hatte tiefe Ränder unter den Augen. »Während wir Robert nach oben bringen, könntest du dir währenddessen das Blut aus dem Gesicht waschen?«
Unbekanntes Areal
Weit und breit war nichts zu sehen außer Dunkelheit. Doch es war keine Dunkelheit wie man sie aus der normalen Welt kennt, die Finsternis schien greifbar. Dunkelheit war hier kein Zustand, sondern ein elementares Dasein, ein Objekt. Immer wieder versuchte Lucius, die Schlieren und nebelartigen Schwaden zu erfassen, doch sie glitten durch seine Finger wie Marmelade, wie ein seidenes, tiefschwarzes Tuch. Endlose Weiten der Finsternis erstreckten sich in alle Richtungen und hüllten ihn ein. Auch unter seinen Füßen sah er keinen Boden, es war als schwebe er, obwohl er die Masse unter sich spürte.
Das ist Unglaublich... Wohin er auch schaute, er schien gefangen in einem finsteren, unbekannten Gefängnis.
»MEISTER?«, brüllte Lucius und formte dabei seine Hände zu einem Trichter. Er wartete auf eine Antwort. Nichts geschah. Das Einzige, was zu hören war, waren verzerrte Stimmen in der Ferne, deren Worte er nicht verstand. Es klang wie ein Flüstern oder ein leiser Gesang aus Kindermündern. Langsam versuchte er vorwärts zu kommen, doch schien es ihm wie in einem Albtraum. Je schneller er laufen wollte, desto langsamer wurde er. Seine Füße wurden schwerer und schwerer, bis er es schließlich aufgab. Er stützte sich mit den Händen auf den Knien ab. Das Flüstern wurde lauter und erreichte eine Lautstärke, bei der man die Worte ohne Probleme hätte verstehen können, die durch die Luft flatterten. Lucius spitzte die Ohren, aber vernahm nur ein sinnloses Gewirr aus inexistenten Worten, begleitet von einem Klimpern wie aus einer Spieluhr.
»MEISTER!?«, schrie er wieder und wieder. Sein Verstand drohte zu versagen. Die Welt um ihn herum war viel zu Unwirklich, um von einem menschlichen Bewusstsein begriffen zu werden. Wieder dieses Flüstern... diesmal begleitet von einem lauten Rauschen. Lucius drehte sich um, blickte in alle Richtungen, entdeckte nichts. Es hörte sich an, als ob eine gewaltige Flutwelle aus der Ferne auf ihn zu rauschen würde. Wieder versuchte er zu rennen, gab es jedoch gleich wieder auf. Er hatte Kopfschmerzen, begann sich die Schläfen zu massieren und schloss die Augen.
Hat mich die Dunkelheit verschlungen? Bin ich tot?Ist dies das Reich Belias'? Lucius wusste nicht, was er für verrückter hielt. Das Rauschen nahm mittlerweile eine ohrenbetäubende Lautstärke an. Plötzlich spürte er einen Luftzug und öffnete ruckartig die Augen. Vor ihm tat sich ein Loch auf, nein eher ein Wirbel oder eine Art Strudel. Schneller und schneller begann er sich zu drehen, das Rauschen und Flüstern schien aus ihm zu Lucius zu dringen. Der Wind wurde stärker, die Finsternis verzog sich wie flüssiges Gummi auf eine absurde Art und Weise. Lucius stand wie verankert da. Wegrennen war ausgeschlossen, seine Füße gehorchten ihm nicht. Hier schienen andere Gesetze zu gelten. Das Loch wurde größer und größer, bis es ihn fast umschlungen hatte. Doch es saugte ihn nicht in sich ein, es umhüllte ihn. Es umhüllte ihn wie ein Tuch. Die Schlieren, die wie lange Tentakel aus dem Loch drangen, glitten über seinen Körper, sein Gesicht und seine Haare. Aus greifbarer Dunkelheit wurde ewige Finsternis. Lucius sah die Hand vor Augen nicht. Plötzlich war es still... zu still. Diese Art von Stille hatte Lucius noch nie zuvor vernommen. In seiner Welt waren stets Geräusche zu hören und sei es nur der Gesang der Vögel auf den Dächern, oder das irre Stammeln eines Betrunkenen in der Nacht. Hier jedoch war nichts... reine Stille... absolute Finsternis.
Nach etlichen Minuten, in denen Lucius es nicht wagte, seinen Verstand zu nutzen, in der Furcht er würde explodieren, zuckte plötzlich ein bläulicher Blitz durch die Dunkelheit. Ehe er sich versah waren es zwei, dann drei und innerhalb weniger Sekunden hunderte Blitze, die um ihn herum ein spektakuläres Lichtspiel zauberten. Doch sie schienen nicht wahllos durch den Raum zu zucken. Sie versuchten ein Bild zu formen: Lucius konnte ein Stadttor erkennen, reichlich verziert mit Hörnern ihm unbekannter Tiere. Dahinter ein langer Weg, der in eine Stadt hineinführte, die Archadis nicht unähnlich war. In der Ferne war ein riesiges Schloss zu erkennen, mit hohen schwarzen Türmen, die Wände aus
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