Phoenice wechselt die Seiten (German Edition)
tun. Zwei Maskierte blieben liegen, aber das tat dem Eifer der restlichen keinen Abbruch. Phoenice stellte erleichtert fest, dass die Personen in Trixens und Carmens Größe sich dem Vorhaben anschlossen. Einerseits freute sie sich darüber, andererseits fühlte sie sich schuldig. Diese zwei würden nicht mehr hierher zurückkehren. Ungeduldig versuchte, sie sich derartige Gedanken aus dem Kopf zu schlagen. Mitleid war jetzt nicht angebracht. Wenn sie nicht handelte, würden hunderte unschuldige Menschen sterben. Welche Seite mehr seelenlose Bestien enthielt, konnte sie später auch noch überlegen. Schulterzuckend mischte sie sich unter die Gruppe.
Erneut schritt sie mit den Maskierten auf das Tor zu. Carmens Augen weiteten sich wie zuvor. Phoenice ärgerte sich darüber. Die Frau am Tor wusste diesmal doch, was geschehen würde!
Bevor die Reihe der weißgekleideten Gestalten die Holzkonstruktion vollständig erreichte, öffnete sie sich. Mehrere Personen in gewöhnlicher Freizeitkleidung stürmten hervor. Phoenice hielt sich zurück, ohne zu kneifen. Das Handgemenge begann. Wen sollte Phoenice bekämpfen? Die Maskierten? Dann wäre sie in kürzester Zeit von den Gestalten hinter ihr als Verräter gebrandmarkt und wahrscheinlich zusammengeschlagen worden. Die Festivalbesucher? Dagegen sträubte sich etwas tief in ihrem Inneren. Sie hoffte, dass diesmal niemand mit einem Messer mitkämpfte. Ihr eigenes steckte noch im Stiefel. Solange es nicht um ihr Leben ging, sah sie keine Notwendigkeit, es zu ziehen; und davon war sie weit entfernt. Noch.
Sie hoffte vergebens. Zweimal blitzte etwas in der Sonne. Der Mann vor ihr und eine Frau zu ihrer Rechten besaßen Stichwaffen. Ihre Gesichter mischten sich unter die verteidigende Gruppe. Phoenice beobachte die beiden. Dann erkannte sie Trix. Diese behielt ihre Wurfeisen hoffentlich bei sich. Was machte denn Trix hier? Phoenice beobachte das Tor. Wann kam den Dan hervor? Er wusste, was zu tun wäre. Er konnte kämpfen ohne jemanden zu verletzen. Wenn er wollte.
Das Messer blitzte in der Sonne. Der Mann mit seinem Messer drängte sich an die Front. Deshalb tat Phoenice das gleiche. Er nahm nicht sie, sondern eine andere Gestalt ins Visier: Eine Robe, die in einen Zweikampf mit einer gepiercten Frau verwickelt war. Der Mann mit dem Messer näherte sich den beiden. Er hob die Hand und zielte auf den Hals des Maskierten. 'Halt!' schrie etwas in Phoenices Kopf. Wie von selbst hoben sich ihre Hände der Waffe entgegen. Blut tropfte aus ihrem Verband, das versuchte sie zu ignorieren. Es lenkte den Mann für den Bruchteil einer Sekunde ab. Schon umfasste sie sein Handgelenk und entwand ihm das Messer, wie sie es gelernt hatte. Das ging so schnell, dass er erschrocken zurückwich. Phoenice tat so, als wollte sie ihn damit angreifen. Das erwarteten alle von ihr, auch ihr Gegenüber. Sie begnügte sich damit, den Mann weit genug zurückzutreiben, damit ihr genug Zeit blieb, das zweite Messer zu finden. Das war nicht schwer. Es steckte bereits in der Hüfte der weißen Gestalt neben ihr. Diese krümmte sich vor Schmerzen und hielt das Messer umklammert, genauso wie die Frau, die zugestochen hatte. Während diese es tiefer in die Wunde drückte, versuchte der oder die Maskierte verzweifelt, es herauszuziehen.
Phoenice versetzte der Frau einen Faustschlag auf die Schläfe. Als sie immer noch nicht losließ, griff sie ebenfalls nach dem Messer und drückte die fremde Hand mit dem Fuß weg. Geschafft! Schnell nahm sie das Messer heraus. Die maskierte Gestalt zog sich zurück. Die Frau gab jedoch nicht so rasch auf. Phoenice musste sie abwehren und gleichzeitig beide Messer in Sicherheit bringen. Ihre verletzte Hand schoss in einem aufsteigenden Block in die Höhe, während sie die Waffen in ihre Stiefel steckte, möglichst ohne in ihre eigenen Füße zu schneiden. Sie platzierte eines neben den anderen Messern, das andere im zweiten Stiefel. Wieder dankte sie dem Schneider der Speerspitze für die langen Roben. So fiel es in der Hitze des Gefechts niemandem auf, dass Phoenice drei Waffen mitführte, sie aber nicht einsetzte.
Plötzlich stürmte die soeben entwaffnete Frau siegessicher auf sie zu. Hatte sie vergessen, dass Phoenice ihr Messer besaß? Oder merkte sie im Tumult gar nicht, dass sie es mit derselben verkleideten Gestalt zu tun hatte wie vorhin? Schön langsam realisierte Phoenice die Vorteile der seltsamen, einheitlichen Kleidung. Kaum etwas brachte mehr Vorteile als ein
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