Phoenice wechselt die Seiten (German Edition)
hin?', fragte sich Phoenice erneut. Doch es war ihr eigentlich egal, wohin, Hauptsache sie kam weg von hier.
Seit der Trennung der Gefangenen wusste Trix nicht mehr, wie es weitergehen sollte. Nachdem die Priester Phoenice mit Rocko auf die erste Bühne geholfen hatten, trieben sie Carmen und Trix mit deren Schützlingen weiter. Vor der mittleren Bühne, brachten sie Trix zum Stehen. Eine der rotgoldenen Roben deutete ihr, dass sie die zwei in Ketten gefesselten Menschen zu bewachen hätte. Christine war eine von ihnen. Trix vermied es, sie anzusehen.
Andere weißgekleidete Gestalten luden ihre Zweige, Äste und Holzlatten ab, sodass in kürzester Zeit ein Scheiterhaufen neben Trix auftauchte. Die Maske verbarg ihr Entsetzen. Wie angewurzelt stand sie neben den gefesselten Menschen. Die Ketten ließen sich kaum lösen. Der Priester, der ihr gedeutet hatte, stehen zu bleiben, stellte sich neben sie. Zwei rotgoldene Roben nahmen ihre Plätze direkt vor der Bühne ein, eine weitere kletterte zu Baal hinauf.
Als sie begannen, die dampfenden Schälchen weiterzureichen, wurde Trix schlecht. Sie hatte den Geruch von Weihrauch noch nie ausstehen können. Diesmal mischten sich jedoch weitere Duftnoten hinein, die sie nicht kannte. Sie kämpfte darum, nicht ohnmächtig zu werden. Mit großer Anstrengung gelang es ihr. Sie konnte stolz auf sich sein. Vorerst.
Die Gefangen wehrten sich erst gar nicht gegen den Rauch. Sie schliefen bald ein. Trotz der Versuche, die Maskenlöcher aus den Dämpfen zu halten, drang ihr etwas von dem Betäubungsmittel in die Nase.
Ein Gefühl der Leichtigkeit überkam sie. Mächtig fühlte sie sich, als ob sie Bäume ausreißen könnte. Nichts konnte schiefgehen, niemand würde ihr widersprechen. Sie fühlte mehr, als dass sie es dachte: Den anderen erging es wie ihr. Sie alle waren Teil einer unaufhaltbaren Masse.
Sie schloss die Augen, um ihre Gedanken unter ihre Kontrolle zu bringen. Sie durfte sich nicht gehen lassen, sie musste wachsam bleiben.
Die rotgoldenen Robe neben ihr reichte ihr etwas Wasser in einem Kelch. „Trink das, damit du nicht umfällst“, flüsterte sie ihr zu. Trix trank alles aus. Zum Glück verbarg die Maske ihren Gesichtsausdruck, sodass ihre Gedanken verborgen blieben. Im Moment wusste sie nicht, ob sie den Priester hassen durfte, oder ob sie ihm dankbar sein musste. Warum nicht beides? Hintereinander.
Während Baal predigte, unterdrückte sie mehr als einmal ein Gähnen. Lange Reden brachten sie stets zum Einschlafen. Hoffentlich wurde die Zeremonie bald lebhafter.
Das Gemurmel setzte ein. Trix ahnte, dass der Moment immer näher kam, von dem alles abhing. Wie Phoenice auf der anderen Bühne versuchte sie, ihren Kopf vom Rauch zu reinigen. Sie blickte sich um. Vor ihr stand Baal auf der Bühne, davor wachten drei, vermutlich schwer bewaffnete, Priester über das Geschehen.
Vor den drei Bühnen knieten sich hunderte weißgekleidete Masken auf den Boden. Sie musste einen Weg finden, ihre zwei Schützlinge aus diesem tödlichen Umfeld zu bringen. Gedanken an Felix drängten sich ihr auf. Diesen Jungen hatten sie bei einer Einladung auf eine Burg von Robertas Großtante kennengelernt. Er hätte die Handschellen der zwei Gefangenen mit Sicherheit aufschließen können. Baal predigte unentwegt. Wann wurde es Zeit, endlich einzuschreiten? Sie zwang sich zur Geduld. Dan hatte gesagt, sie sollten bis zum letzten Moment warten. Nur, wann kam der? Sicherlich nicht, bevor sie einen Plan hatte.
Das Gemurmel plätscherte angenehm dahin. Trix unterdrückte ein weiteres Gähnen. Trotz ihrer Aufregung hätte sie sofort einschlafen können. Die Zeremonie schien auf ihrem Höhenpunkt zu sein.
Plötzlich griff der Priester neben ihr in seinen Umhang. Er zog eine Fackel daraus hervor. Trix staunte, was man alles in so einer Robe verbergen konnte.
„ Halt mal“ zischte er. Sie nahm ihm die Fackel ab. Sie fühlte sich beinahe an wie eine Tonfa. Ob man sie auch am Handgelenk herumwirbeln konnte? Fliegen würde dieses Ding bestimmt gut. 'Jetzt!', dachte sie, 'oder doch noch nicht?' Warten konnte sie nicht mehr. Der Priester hatte die zwei Menschen unter größter Kraftanstrengung auf den Scheiterhaufen gelegt. Keuchend kehrte er zu ihr zurück. Sie verstärkte ihren Griff um das Holz. Hergeben würde sie die Fackel nicht mehr. Doch zu ihrer Überraschung wollte der Priester sie gar nicht haben. Er versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Als sich seine Lungen halbwegs
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