Phönix
professionellen Gereiztheit einem Laien gegenüber. Ihre Stimme klang nun erschreckend an mein Ohr.
»Mrs. Schuyler ist heute morgen abgereist.«
15
Um drei Uhr nachmittags packte mich die Verzweiflung. Zuerst war ich ärgerlich gewesen, dann verletzt. So hätte sie auch nicht davonzulaufen brauche. Schließlich waren wir doch Erwachsene. Man verliebt sich, das ist eine stürmische Angelegenheit, aber dann läuft man nicht einfach weg. Denn es gibt keinen Platz, um sich vor der Liebe zu verstecken.
Ich stürzte mich in die Arbeit. Die einzige Möglichkeit, um darüber hinwegzukommen. Bis zum Mittag hatte ich im Büro alle verrückt gemacht. Ich fuhrwerkte herum wie ein Besessener, und ich wußte es. Ich nahm mir nicht mal Zeit zum Mittagessen. Aber es half überhaupt nichts. Langsam kroch der Schmerz wieder in mich zurück, bis ich es nicht mehr aushalten konnte.
Ich warf jeden aus meinem Büro und sagte Mickey, daß ich nicht gestört werden wollte. Ich machte eine Flasche Whisky auf und goß mir ein ordentliches Glas voll ein. Zwanzig Minuten später schmerzte mein Kopf genauso wie mein Herz.
Mein Privatapparat, der nicht über die Vermittlung lief, läutete. Eine Weile war ich unentschlossen. Ich wollte nicht 'rangehen. Marge war die einzige, die mich unter dieser Nummer anrief. Ich wollte im Augenblick nicht mit ihr sprechen. Aber es läutete ununterbrochen weiter. Schließlich stand ich auf, ging quer durch das Zimmer und nahm den Hörer ab. »Hallo?« rief ich unfreundlich.
»Brad?«
Mein Herz vollführte Sprünge, als ich die Stimme erkannte.
»Wo bist du?« grollte ich.
»Bei Onkel Matthew.«
Ich seufzte erleichtert. »Ich dachte schon, du wolltest davonlaufen.«
»Das bin ich auch«, entgegnete sie niedergeschlagen.
Einen Augenblick lang brachte ich kein Wort heraus. Der Schmerz in den Schläfen umklammerte meinen Kopf wie ein eiserner Ring. »Warum? Warum?« konnte ich lediglich fragen.
»Wir sind nicht füreinander geschaffen, Brad.« Ihre Stimme klang so leise, daß ich sie kaum hören konnte. »Jetzt weiß ich es. Besonders seit gestern abend. Ich muß völlig verrückt gewesen sein.«
»Mein Vater ist ein alter Mann«, warf ich schnell ein, »das verstehst du nicht.«
»Ich verstehe nur zu gut«, unterbrach sie mich. »Ich wünschte, ich hätte es nicht getan. Ich begreife einfach nicht, wie ich mich mit dir einlassen konnte. Ich hatte von Anfang an keine Chance.«
»Elaine!« Ich spürte, wie mich der Schmerz durchfuhr.
»Vielleicht, weil ich mich einsam fühlte«, fuhr sie fort, als hätte ich sie gar nicht unterbrochen. »Oder vielleicht, weil David mir so sehr fehlte.«
»Das ist doch nicht wahr, Liebling«, entgegnete ich verzweifelt, »und das weißt du auch.«
Ihre Stimme klang matt. »Ich weiß überhaupt nicht mehr, was noch wahr ist. Es ist auch egal. Ich weiß nur, daß ich den Kampf nicht gewinnen kann. Und so ist es besser, ich laufe rechtzeitig davon, bevor der Schaden so groß ist, daß man ihn nicht mehr reparieren kann.«
»Aber ich liebe dich, Elaine«, widersprach ich. »Ich liebe dich so sehr - seit ich dich heute morgen im Hotel nicht erreichen konnte, bin ich ganz krank! Nichts auf dieser Welt hat mir jemals mehr bedeutet als du. Wenn wir zusammen sind, dann haben wir alles, was ein Mann und eine Frau überhaupt füreinander empfinden können. Wir sind nie wie zwei Menschen, sondern ein ...«
»Es hat keinen Zweck, Brad«, schnitt sie mir das Wort ab. »Wir schaffen es nicht.«
»Elaine, du kannst mich doch nicht verlassen!«
»Ich verlasse dich nicht«, antwortete sie ruhig, »es wird so sein, als wären wir uns nie begegnet.«
Die Verzweiflung überschwemmte mich wie eine Flut. »Vielleicht für dich!« schrie ich. »Aber nicht für mich. Da kann ich mir genausogut einbilden, ich wäre nie geboren!«
Ihre Stimme klang auffallend ruhig. »In gewisser Beziehung wird es auch so sein, Brad.«
Ich antwortete nicht. Ich wußte nicht, was ich noch sagen sollte. Wie ein Messer stachen mir ihre Worte ins Herz, und ihr Ton ließ mich meinen, sie drehe es dann auch noch herum.
»Ich ruf dich übrigens nur an, um dir zu sagen, daß Onkel Matt geschäftlich in New York ist. Er will unter Umständen - wenn er es zeitlich schafft - bei dir im Büro vorbeikommen. Auf Wiedersehen, Brad.«
Die Leitung war tot. Langsam legte ich den Hörer auf, sank in meinen Sessel zurück und starrte über den Schreibtisch. Ich war innerlich wie erstarrt.
Keine Träume mehr, keine
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