Phönix
anrufen und absagen.«
»Wir haben heute eine Verabredung zum Mittagessen«, erinnerte ich sie.
»Ich weiß. Wird dir dieses Theater nicht langsam ein bißchen leid?«
»Wer spielt Theater?«
»So habe ich es nicht gemeint, Brad«, sagte sie leise. »Wir haben ein Abkommen darüber, erinnerst du dich?«
»Das einzige, was mich interessiert, ist, daß ich mit dir zusammen bin. Und so lange ist mir alles andere gleichgültig - Geschäft, Geld, Matt Brady, alles.«
»Wirklich alles, Brad?« fragte sie sanft. »Und deine Familie?«
Ich schloß die Augen. Ich zögerte.
»Antworte nicht, Brad«, warf sie rasch ein. »Das war nicht fair von mir.«
Die Leitung war getrennt, langsam legte ich den Hörer auf. Sie wollte nicht, daß ich ihr darauf antwortete. Ob sie wohl Angst davor hatte, was ich sagen könnte?
Die Rufanlage summte, ich kippte den Hebel um. »Mr. Robert M. Levi möchte Sie sprechen«, krächzte Mickeys Stimme.
Ich hatte ihn schon beinahe abgeschrieben. Aber eigentlich hätte ich mir ja denken können, daß jemand wie seine Frau nicht erfolglos sein würde - nicht, nachdem ich diesen Blick auf ihrem Gesicht gesehen hatte, als sie neulich wieder abgefahren war. »Schicken Sie ihn herein«, sagte ich und wandte mein Gesicht zur Tür.
Wäre er nicht soeben angemeldet worden, hätte ich in ihm niemals denselben Mann erkannt, den ich neulich in Wappinger Falls besucht hatte. Er trug einen dunkelgrauen Anzug, ein weißes Hemd und eine kastanienbraune Krawatte. Sein Gesicht war sonnengebräunt, in den Winkeln seiner braunen Augen standen winzige schräge Fältchen. Ich stand auf.
Ein warmes Lächeln lag auf seinen Lippen. »Ich wäre schon am Montag gekommen. Aber meine Anzüge waren mir alle zu groß geworden. Ich mußte sie erst vom Schneider ändern lassen.«
»Diese Ausgabe wird sich unter Umständen nie amortisieren«, sagte ich.
Sein Blick wanderte langsam durch mein Büro und wieder zu mir zurück. Er zog eine Zigarette heraus und steckte sie an. »Das wollen wir erst mal sehen«, sagte er gutgelaunt. »Das heißt, wenn Sie Ihr Angebot aufrechterhalten.«
Er gefiel mir. Ein netter, kluger Bursche. Etwas an ihm gefiel mir ganz besonders. Sein Mund und sein Kinn zeugten von einem ehrlichen Charakter. Man brauchte keine schlaflosen Nächte zu verbringen, wenn man ihm mal den Rücken kehrte. Ich streckte ihm die Hand entgegen. »Willkommen in der Großstadt, Farmer!«
Er grinste, als er meine Hand ergriff. »Donner und Doria«, sagte er im besten näselnden Dialekt des nördlichen Provinzlers, den ich je gehört hatte. »Haben ja 'ne mächtig schöne Bude hier!«
Sein Händedruck war fest und kräftig. Von dem Augenblick an, da wir uns die Hand gaben, wußte ich, daß wir Freunde werden würden. Ich glaube, er hatte das gleiche Gefühl.
»Wo kann ich meinen Hut aufhängen?«
Jetzt war ich an der Reihe, ihn zu überraschen. Ich legte den Hebel der Rufanlage um.
»Ja, Chef?« drang Mickeys Stimme aus dem Kasten.
»Alles fertig?«
»Alles klar.« Man hörte ihrer Stimme an, daß sie lächelte.
Ich bat ihn, mir zu folgen, und betrat den Flur, der zu Chris' ehemaligem Büro führte. Dort blieb ich stehen, wartete, bis er mich eingeholt hatte, und deutete auf die Tür.
Er starrte sie einen Augenblick an, drehte sich dann zu mir um und schluckte. »Da steht ja schon mein Name dran!«
Ich nickte. »Seit ich damals zurückkam.«
»Aber ... aber woher wußten Sie denn, daß ich kommen würde?«
Ich lächelte. »Ich machte mir schon ein wenig Sorgen. Das Büro sieht so nett aus - ich wollte so gern, daß Sie es noch vorher sehen, bevor ich den Laden hier schließen muß.«
Fragend zog er eine Augenbraue hoch. »Steht's so schlimm?«
Ich hielt ihm die Tür auf. »Ziemlich«, sagte ich und folgte ihm in das Büro. »Unser gemeinsamer Freund hat verdammt gute Arbeit geleistet. Bei allen Wettannahmen gilt er als Favorit.«
Er ging um den Schreibtisch herum und setzte sich. Seine Hände ruhten locker auf der polierten Schreibtischplatte. In dieser Berührung lag direkt etwas Zärtliches. »Hilde wartet unten im Kombi«, sagte er. »Ich habe einen Schwung Akten über Matt Brady und Con Steel mitgebracht. Ich dachte, es könnte vielleicht ganz nützlich sein.«
»Gut. Wir werden einen Boten runterschicken, um es zu holen.«
Eine Spur von Enttäuschung huschte über sein Gesicht. Ich begriff sofort. »Und dann werde ich meine Garage anrufen«, fügte ich hinzu, »sie sollen jemanden herschicken, der
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