Phönix
kurz von der Seite an. »Es gibt da viele Dinge, die mein Mann Ihnen erzählen könnte. Aber er traut sich nicht.«
»Warum denn? Was könnte ihm Matt Brady denn jetzt noch anhaben?«
»Nicht seinetwegen. Bob ist sicher. Er hat Angst um mich.«
Das verstand ich nicht. Was konnte Matt Brady mit ihr zu tun haben? Sie hatte es wohl an meinen Augen abgelesen. »Kann ich offen zu Ihnen sprechen?« Sie fragte es beinahe bittend. Und sie meinte mehr damit, als die Worte sagten: Sind Sie mein Freund? Kann ich Ihnen vertrauen? Werden Sie uns Schaden zufügen?
Ich überlegte das alles, bevor ich antwortete. »Man kann einen Menschen ein ganzes Leben lang kennen und doch nichts von ihm wissen. Plötzlich passiert irgend etwas, und dann stellt man fest, daß alle Menschen, die man bisher kannte, nichts taugen. Aber ein anderer, den man noch nie vorher gesehen hat, reicht einem plötzlich die Hand und hilft. So ist es im Augenblick bei mir. Keiner von denen, die ich kenne, kann mir helfen.«
Sie zog an ihrer Zigarette, ihre eigenartigen blauen Augen blickten durch die Windschutzscheibe weit über die Straße hinaus. Nach einer Weile begann sie leise zu sprechen. »Als ich Bob das erste Mal traf, da war er ein strahlender, lachender junger Mann, ein Optimist, der immer nur die Zukunft sah. Er hatte große Hoffnungen und viel Ambitionen.« Die Zigarette verbrannte ihr fast die Finger, sie drückte sie im Aschenbecher des Armaturenbretts aus und fuhr bekümmert fort: »Es ist lange her, seit ich ihn lachen sah. Jetzt hat er keine Ambitionen mehr, für ihn wie für mich waren es lange und sorgenvolle Jahre.«
Sie blickte mich an. »In meiner Heimat gibt es ein Sprichwort: >Man muß für alles im Leben bezahlen.< Und das stimmt. Um unserer Liebe willen, um meinetwillen muß mein Mann sein Leben praktisch in der Verbannung verbringen.«
Wieder griff sie nach den Zigaretten. Ich nahm mir auch eine und gab ihr Feuer. Ich unterbrach sie mit keinem Wort. Sie behielt mich im Auge, bis meine Zigarette brannte.
»Nun wissen Sie, warum er sich nicht traut, etwas zu sagen. Vielleicht halten Sie ihn für einen Feigling - mir ist das egal.«
»Das tue ich nicht. Aber warum kann er nichts unternehmen?«
Sie sprach langsam. »Matt Brady ist ein furchtbarer Mensch. Er fand damals heraus, daß Bob mich illegal in die Vereinigten Staaten gebracht hatte. Über Bob selbst konnten seine Detektive nichts finden, aber sie entdeckten etwas über mich. Bob hatte nichts weiter gewollt, als daß wir zusammenbleiben, wenn er in die Staaten zurück mußte. Er kaufte in Schanghai ein Visum und falsche Papiere. Auf diese Weise bin ich hereingekommen. Wir waren glücklich, bis Matt Bradys Detektive Bob mitteilten, daß Brady Bescheid wußte und daß er die Polizei verständigen würde, wenn Bob die Con Steel nicht in Ruhe ließe. Bob blieb nichts übrig, er trat zurück. Er wollte es lieber so, als daß ich hätte nach Japan zurückmüssen.«
Ich erinnerte mich, was mir Paul über die Con-Steel- Affäre erzählt hatte. Nachdem Levi das Ministerium verlassen hatte, war der Fall im allseitigen Einverständnis zu den Akten gelegt worden. Matt Brady mußte sehr stolz auf sich gewesen sein.
Ich wußte nicht, was ich darauf sagen sollte. Diese armen Menschen hatten wirklich genug durchgemacht. Durfte ich ihnen noch mehr Kummer bereiten? Ich schwieg und blies langsam den Rauch durch die Nasenlöcher.
»Mein Mann ist nicht glücklich, Mr. Rowan.«
Ich schaute sie verwundert an.
»Jeden Tag beobachte ich, wie er wieder ein Stückchen mehr stirbt. Er ist wie ein Mann, der nur wie ein Junge arbeiten darf.«
Ich verstand zwar, was sie damit meinte, aber ich sah nicht, worauf sie hinaus wollte. »Wie kann ich ihm helfen? Ich bin ja praktisch selbst am Ende.«
»Bob weiß über Matt Brady mehr als sonst jemand auf dieser Welt, geschäftlich und privat.« Sie beobachtete mich wieder, während sie das sagte. »Wenn Sie ihm eine Stellung verschaffen, könnte er Ihnen bestimmt von großem Nutzen sein.«
»Er kann sofort einen Posten haben. Aber schließlich kann ich mich ihm nicht aufdrängen. Sie haben mir ja gerade erzählt, warum.«
Sie blickte auf ihre Zigarette. »Er weiß nicht, daß ich Ihnen nachgefahren bin. Ich habe gesagt, ich müsse noch einkaufen. Ich werde umkehren und ihm erzählen, daß ich Sie gesprochen und Ihnen die Wahrheit gesagt habe. Dann wird er zu Ihnen kommen.«
»Glauben Sie wirklich?« Eine leise Hoffnung regte sich wieder in mir.
Sie
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