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Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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seine Frau aufs Land führen oder allein dorthin gehen lassen. Du magst ein Landgut haben, magst es bewohnen, magst dort nur Damen oder alte Herren empfangen – aber lasse niemals deine Frau dort allein. Führst du sie nun gar, und wäre es auch nur auf einen halben Tag, zu einem andern – so bist du unvorsichtiger als der Vogel Strauß.
    Eine Frau auf dem Lande zu überwachen, ist an und für sich schon das allerschwierigste, was es gibt. Kannst du gleichzeitig in allen Gebüschen sein, auf alle Bäume klettern, kannst du der Spur eines Liebhabers folgen, der nachts das Gras niedergetreten hat, da ja, vom Morgentau benetzt, dieses Gras sich wieder aufrichtet und unter den Strahlen der Sonne lustig weitersprießt? Kannst du auf jede Lücke in der Parkmauer ein Auge haben? Oh! Das Land und der Frühling – das sind zwei rechte Hände der Junggesellenbrüderschaft.
    Wenn eine Frau in die kritische Stimmung gerät, die wir bei ihr angenommen haben, so muß ihr Mann in der Stadt bleiben, bis der Krieg ausbricht, oder er muß sich allen sogenannten Freuden einer peinlichen Spionage unterziehen.
    Nun das Ausgehen! Will die Gnädige Feste, Theatervorstellungen besuchen, will sie ins Bois de Boulogne fahren; will sie ausgehen, um Stoffe einzukaufen, um sich die neuesten Moden anzusehen? Die Gnädige wird ausgehen, ausfahren, wird sich ansehen, was sie mag – aber stets in der ehrenwerten Gesellschaft ihres Herrn und Meisters.
    Sollte es vorkommen, daß eine Beschäftigung, die du unmöglich vernachlässigen darfst, dich ganz und gar in Anspruch nähme, und sollte sie diesen Augenblick abpassen und versuchen, dir eine stillschweigende Zustimmung zu einem von ihr geplanten Ausgang abzulisten; sollte sie zu diesem Zweck alle Kunststückchen und Verführungen jener Schmeichelei aufbieten, die die ganz besondere Stärke der Frauen ist, und deren abwechslungsreiche Einzelzüge von dir erraten werden müssen – nun, in diesem Fall rät dir der Professor: laß dich bezaubern, verkaufe die erbetene Erlaubnis möglichst teuer, und vor allen Dingen überzeuge dieses Wesen, dessen Seele so beweglich wie das Wasser und zugleich so fest wie der Stahl ist, daß die Wichtigkeit deiner Arbeit dir nicht erlaube, dein Kabinett zu verlassen.
    Sobald aber deine Frau den Fuß auf die Straße gesetzt hat – angenommen, daß sie zu Fuß geht –, so laß ihr nicht die Zeit, auch nur fünfzig Schritte zu machen; sei ihr auf den Spuren und folge ihr, ohne daß sie davon etwas merken kann.
    Es gibt vielleicht manchen Werther, dessen zärtliche und zarte Seele sich gegen ein solches Inquisitionsverfahren auflehnen wird. Aber dies Verhalten ist ebensowenig verdammenswert, wie das eines Hausbesitzers, der nachts aufsteht und aus dem Fenster sieht, um die Pfirsiche an seinen Spalieren zu bewachen. Vielleicht wirst du auf diese Weise, ehe noch das Verbrechen begangen ist, genaue Auskünfte über jene Wohnungen erhalten, die so viele Liebespärchen unter falschen Namen mieten. Sollte durch einen Zufall – vor dem Gott dich behüten wolle – deine Frau in ein Haus eintreten, das dir verdächtig vorkommt, so erkundige dich, ob die Wohnung mehrere Ausgänge hat.
    Steigt deine Frau in eine Droschke, was hast du davon weiter zu befürchten? Hat nicht ein Polizeipräfekt, dem die Ehemänner eine Krone aus mattem Golde hätten widmen sollen, bei jedem Droschkenhaltestand ein kleines Häuschen errichten lassen, worin mit seinem Register ein unbestechlicher Wächter der öffentlichen Moral sitzt? Weiß man nicht, wohin diese Pariser Gondeln fahren und woher sie kommen?
    Einer der allerwichtigsten Grundsätze deiner Polizei muß es sein, deine Frau überallhin zu euren Hauslieferanten zu begleiten, wenn sie die Gewohnheit hat, ihre Einkäufe selber zu machen. Beobachte sorgfältig, ob zwischen ihr und ihrer Schnittwarenhändlerin, ihrer Putzmacherin, ihrer Schneiderin usw. irgendwelche Vertraulichkeit herrscht. Du wirst auf diese Beobachtungen die Vorschriften der ehelichen Zollrevision anwenden und wirst deine Schlüsse ziehen.
    Sollte in deiner Abwesenheit deine Frau ohne deine Einwilligung ausgegangen sein und nachher behaupten, sie sei da und da, in dem und dem Laden gewesen, so gehe am andern Tage selber hin und suche herauszubekommen, ob sie die Wahrheit gesagt hat.
    Aber deine Leidenschaft wird dir besser als diese unsere Betrachtung die Hilfsmittel der ehelichen Tyrannei nachweisen, und wir hören daher mit diesen langweiligen Lehren auf.
5. Die

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