Physiologie der Ehe (German Edition)
Haushaltskosten
Als wir – in der Betrachtung über die Prädestinierten – das Bild eines seiner Aufgabe gewachsenen Ehemanns entwarfen, haben wir ihm dringend anempfohlen, vor seiner Frau die wirkliche Höhe seines Einkommens geheimzuhalten.
Indem wir uns auf diese Grundlage stützen, um unser Finanzsystem aufzubauen, hoffen wir dazu beizutragen, die ziemlich allgemein verbreitete Ansicht umzustürzen, daß man seiner Frau kein Geld in die Hand geben müsse. Dieser Grundsatz ist einer jener beliebten Irrtümer, die in der Ehe den größten Unfug anstiften.
Zunächst aber wollen wir vor der Geldfrage die Herzensfrage behandeln.
Eine kleine Zivilliste für deine Frau und für die Bedürfnisse des Haushaltes zu bewilligen und ihr diese wie eine Art Steuer jährlich in zwölf gleichen Teilen am Ersten jeden Monats auszuzahlen – das hat etwas Kleines, Schäbiges, Engherziges an sich und ist nur etwas für schmutzige oder mißtrauische Seelen. Wenn du so verfährst, bereitest du dir selber eine Zukunft voll unendlicher Verdrießlichkeiten.
Ich bin damit einverstanden, wenn während der ersten Jahre, wo eure Vereinigung noch unter dem Zeichen des Honigmondes steht, die monatliche Gabe von mehr oder weniger anmutigen Auftritten, geschmackvollen Scherzen, eleganten Geldbörsen und von Liebkosungen begleitet und verschönt wird; aber es wird ein Augenblick kommen, wo deine Frau durch ihre Unbesonnenheit oder durch eine unvorhergesehene starke Geldausgabe gezwungen sein wird, die hohe Kammer um eine Geldanleihe anzustehen. Ich vermute, du wirst ihr stets die Indemnität gewähren, ohne diese allzu teuer zu verkaufen, nämlich durch Reden, wie unsere ungetreuen Abgeordneten es stets tun. Sie bezahlen, aber schimpfen; du wirst bezahlen und wirst dabei Komplimente machen. So ist es recht.
Aber in der Krisis, mit der wir uns beschäftigen, reichen die Voranschläge des Jahreshaushalts niemals aus. Der Bedarf an Halstüchern, Häubchen, Kleidern hat einen Zuwachs erfahren; eine kaum abzuschätzende Steigerung der Ausgaben erforderten die Kongresse, die diplomatischen Kuriere, die Mittel und Wege der Liebe. Dagegen bleiben die Einnahmen dieselben. Und jetzt beginnt in einer Ehe die abscheulichste und schrecklichste Erziehung, die man einer Frau geben kann. Ich kenne nur einige wenige edle und hochgesinnte Seelen, denen Reinheit des Herzens, Offenheit der Seele höher stehen als Millionen; die tausendmal lieber einen Fehltritt aus Leidenschaft verzeihen würden, als eine Lüge; deren instinktmäßiges Zartgefühl den Urkeim jener Pest der Seele ahnend erkannt hat, die der höchste Grad der menschlichen Verderbnis ist.
Dann spielen sich nämlich in einer Ehe die köstlichsten Liebesszenen ab. Da wird die Frau anschmiegend; und wie die glänzendste aller Saiten einer Harfe, die vor das Feuer geworfen ist, schlingt sie sich um dich, umstrickt dich, preßt dich an sich; allen deinen Wünschen bequemt sie sich an; niemals sind ihre Worte zärtlicher gewesen; sie verschwendet sie an dich – oder vielmehr sie verkauft sie dir. – Sie sinkt noch tiefer als ein Ballettmädel, denn sie prostituiert sich mit ihrem Gatten. In ihren süßesten Küssen – ist Geld. In ihren Worten – ist Geld. Und bei solchem Treiben wird für dich ihr Herz von Blei. Der abgefeimteste, niederträchtigste Wucherer weiß nicht besser mit einem einzigen Blick den künftigen Metallwert eines jungen Kavaliers abzuschätzen, von dem er sich einen Wechsel unterschreiben läßt, als deine Frau deine Begierden abschätzt, indem sie wie ein fliehendes Eichhörnchen von Zweig zu Zweig hüpft, um durch die Steigerung der Begierde auch die Höhe der von ihr gewünschten Geldsumme zu steigern. Und glaube nicht, du könntest derartigen Verführungen entrinnen! Die Natur hat eine Frau mit Schätzen von Koketterie begabt, und die Gesellschaft hat sie verzehnfacht durch ihre Moden, ihre Kleider, ihre Stickereien, ihre Mäntel.
»Wenn ich mich verheirate,« sagte einer der ehrenwertesten Generale unserer frühern Armee, »werde ich keinen Sou ins Brautkörbchen tun.«
»Und was werden Sie denn hineintun, General?« fragte ein junges Mädchen.
»Den Schlüssel zum Geldschrank.«
Das kleine Fräulein machte eine beifällige Grimasse. Sie wiegte sanft ihr Köpfchen hin und her, mit einer Bewegung, die der einer Magnetnadel glich; dann hob sie leicht das Kinn, und es sah aus, als ob sie bei sich selber sagte:
»Ich würde den General sehr gerne heiraten. Trotz
Weitere Kostenlose Bücher