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Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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seinen fünfundvierzig Jahren.«
    Um aber die Frage vom Geldstandpunkt aus zu betrachten – welches Interesse soll denn eine Frau an einem Maschinenbetrieb nehmen, wobei sie mit festem Gehalt angestellt ist wie ein Buchhalter?
    Sieh dir jetzt das andere System an:
    Indem du deiner Frau, mit dem Anschein unbeschränkten Vertrauens, zwei Drittel deines Vermögens überläßt und sie im Haushalt als unumschränkte Herrin schalten und walten läßt, gewinnst du eine Achtung, die nichts zerstören kann; denn Vertrauen und Vornehmheit finden im Herzen der Frau ein lautes Echo. Damit hast du dir sofort einen Anteil am Feuer gesichert und hast für die Folge eine ziemlich sichere Aussicht, daß deine Frau sich vielleicht niemals erniedrigen wird.
    Wenn wir nun hierin nach Verteidigungsmitteln suchen so ziehe in Betracht, welche wunderbaren Hilfsquellen dir diese Einrichtung der Finanzen darbietet.
    Du wirst damit in deiner Ehe einen genauen Kurszettel der Moralität deiner Frau haben, wie der Kurszettel der Börse den Maßstab für das Vertrauen abgibt, das der Regierung entgegengebracht wird.
    Während der ersten Jahre eurer Ehe wird nämlich deine Frau einen gewissen Stolz darein setzen, dir für dein Geld Luxus und Befriedigung zu geben.
    Sie wird dir einen reichbesetzten Tisch liefern, wird neues Mobiliar und neue Equipagen anschaffen; wird stets in der Schublade, die für den Herzallerliebsten bestimmt ist, eine runde Summe bereit liegen haben. Wenn nun die kritischen Augenblicke kommen, wird die Schublade sehr oft leer sein, und der Herr Gemahl wird viel zu viel ausgeben. Die in der Kammer beschlossenen Ersparnisse treffen stets nur die kleinen Beamten mit zwölfhundert Franken Gehalt. Nun, du wirst in eurer Ehe der kleine Beamte mit zwölfhundert Franken sein. Du wirst darüber lachen, da du lange Zeit hindurch den dritten Teil deines Vermögens zurückgelegt, umgetrieben und durch die Zinseszinsen vermehrt haben wirst; darin gleichst du Ludwig dem Fünfzehnten, der sich ›für den Fall eines Unglücks‹, wie er sagte, einen kleinen Privatschatz auf die Seite gelegt hatte.
    Wenn nun deine Frau vom Sparen zu sprechen beginnt, so werden ihre Reden die gleiche Bedeutung haben, wie die Schwankungen des Börsenkurszettels. Du wirst alle Fortschritte, die der Liebhaber macht, an den Schwankungen der häuslichen Finanzen erraten können, und du wirst für alles vorgesorgt haben. È sempre bene.
    Sollte deine Frau dieses außerordentliche Vertrauen nicht zu würdigen wissen und eines Tages einen bedeutenden Teil des Vermögens verschwendet haben, so würde erstens eine solche Verschwendung doch wohl schwerlich das Drittel der Einkünfte verschlingen, das du seit zehn Jahren zurückbehalten hast; ferner aber wirb die Betrachtung über die Peripetien dich darüber belehren, daß gerade in der durch die Unvernunft deiner Frau herbeigeführten Krisis außerordentliche Aussichten sich dir bieten, den Minotauros totzumachen.
    Endlich noch eins: das Geheimnis des von dir angesammelten Schatzes darf erst bei deinem Tode bekannt werden; solltest du aber genötigt sein, diesen in Anspruch zu nehmen, um deiner Frau beispringen zu können, so muß die Sache stets so aussehen, als habest du Glück im Spiel gehabt oder als habest du eine Anleihe bei einem Freunde gemacht.
    Dies sind die wahren Grundsätze, die für das eheliche Budget gelten müssen.
    Die Ehepolizei hat auch ihre Märtyrergeschichte. Wir wollen nur eine einzige wahre Begebenheit mitteilen, weil aus ihr hervorgeht, daß auch die Ehemänner, die sich so herber Maßregeln bedienen, ebensosehr auf sich selber acht geben müssen, wie auf ihre Frauen.
    Ein alter Geizhals, wohnhaft in T. – einer Stadt so voller Lebenslust, wie es wenige gibt –, hatte eine junge und hübsche Frau genommen, und war dermaßen in sie verliebt und auf sie eifersüchtig, daß die Liebe über sein Wuchererherz triumphierte; denn er gab sein Geschäft auf, um seine Frau besser bewachen zu können – womit also sein Geiz sich nur auf einen neuen Gegenstand lenkte. Ich muß gestehen, daß ich den größten Teil der in diesem ohne Zweifel noch recht unvollständigen Aufsatz enthaltenen Beobachtungen einem Herrn verdanke, der seinerzeit Gelegenheit hatte, dieses wunderbare Ehephänomen zu studieren. Um dieses zu schildern, wird es genügen, einen einzigen Zug anzuführen: Wenn dieser Ehemann auf dem Lande war, ging er niemals zu Bett, bevor er die Alleen seines Parks auf eine eigentümliche Weise

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