Physiologie der Ehe (German Edition)
ihr zu einem Dolch werden. Fortwährend von Stichen durchbohrt, mußt du unrettbar unterliegen, denn aus jeder Wunde wird deine Liebe entströmen.
Es ist der letzte Kampf, darum ist es aber auch für sie der Sieg.
Da wir geglaubt haben, drei Arten von Temperament zu unterscheiden, die gewissermaßen die Typen aller weiblichen Naturen sind, so wollen wir diese Betrachtung in drei Paragraphen teilen, die wir betiteln:
Die Migräne,
Die Nervosität,
Die Schamhaftigkeit in bezug auf die Ehe.
1. Die Migräne
Die Frauen sind beständig die Narren oder die Opfer ihrer übermäßigen Empfindlichkeit; aber wir haben nachgewiesen, daß bei den meisten von ihnen diese Zartheit der Seele – fast immer, ohne daß wir selber etwas davon merken – durch die Ehe verloren geht. (Vergleiche die Betrachtungen über: ›Die Prädestinierten‹ und ›Der Honigmond‹). Die meisten Verteidigungsmittel, die von den Ehemännern instinktmäßig angewandt werden, sind ja auch nichts weiter als Fallstricke, die der Lebhaftigkeit der weiblichen Gefühle gelegt werden.
Es kommt nun in unserm häuslichen Krieg ein Augenblick, wo die Frau die ganze Geschichte ihres moralischen Lebens mit einem einzigen Gedanken überfliegt und sich über den ungeheuren Mißbrauch empört, den du mit ihrem gefühlvollen Herzen getrieben. Und da bleibt es selten aus, daß die Frauen entweder aus einem ihrem Wesen eigentümlichen Rachebedürfnis, über das sie sich selber niemals Rechenschaft geben, oder aus instinktmäßiger Herrschsucht in ihrer Kunst, dem Mann gegenüber von dieser Eigentümlichkeit ihres körperlichen Mechanismus Gebrauch zu machen, ein Mittel zum Siege entdecken.
Mit einer bewunderungswürdigen Geschicklichkeit spüren sie die Saiten aus, die im Herzen ihres Gatten bei der leisesten Berührung erklingen; sobald sie einmal dieses Geheimnis ausfindig gemacht haben, machen sie es sich eifrig zunutze. Wie ein Kind, dem man ein mechanisches Spielzeug gegeben hat, dessen Einrichtung seine Neugierde reizt – so spielen sie unaufhörlich auf diesen Saiten, ohne sich darum zu beunruhigen, ob das Instrument es aushalten kann; ihnen kommt es nur darauf an, daß sie ihren Willen durchsetzen. Wenn sie dich töten, so beweinen sie dich auf die alleranmutigste Art als den tugendhaftesten, ausgezeichnetsten, gefühlvollsten aller Menschen.
Zuerst wird sich also deine Frau eine Waffe aus jenem edelmütigen Gefühl machen, das uns veranlaßt, gegen Leidende duldsam zu sein. Mag einer auch dazu aufgelegt sein, mit einer lebensvollen und gesunden Frau zu streiten – einer kränklichen und schwachen Frau gegenüber ist er energielos. Wenn deine Frau durch die verschiedenen bereits von uns beschriebenen Angriffssysteme das Ziel ihrer geheimen Absichten noch nicht erreicht hat, so wird sie gar schnell zu dieser unwiderstehlichen Waffe greifen.
Entsprechend diesem Grundsatz einer neuen Strategie wirst du das von Leben und Schönheit strotzende junge Mädchen, das du in seiner Blüte heimgeführt hast, sich in eine bleiche und kränkliche Frau verwandeln sehen.
Das Leiden, worin die Frauen unzählige Hilfsmittel finden, ist die Migräne. Diese Krankheit ist am leichtesten von allen zu spielen, und bei ihr gibt es keine äußern Symptome, und deine Frau braucht nur zu sagen: »Ich habe die Migräne.« Wenn deine Frau sich über dich lustig machen möchte, so gibt es auf der ganzen Welt keinen Menschen, der ihren Schädel Lügen strafen könnte. Den undurchdringlichen Knochen ihrer Hirnschale gegenüber mußt du taktvoll sein, und alle deine Beobachtungen nützen dir zu nichts. Daher ist denn auch nach unserer Meinung die Migräne die Königin aller Krankheiten, die komischste und zugleich furchtbarste Waffe, die von den Frauen gegen ihre Gatten angewandt wird. Gewisse heftige und taktlose Männer, die während ihrer glücklichen Junggesellenzeit durch ihre Geliebten in die Weiberlisten eingeweiht sind, bilden sich ein, sie würden sich in dieser plumpen Falle nicht fangen lassen. Aber alle ihre Anschauungen, alle ihre noch so vernünftigen Reden sind zuletzt ohnmächtig gegenüber den drei Zauberworten: »Ich habe Migräne!« Wenn ein Ehemann sich beklagt, einen Vorwurf, eine Bemerkung zu äußern wagt, wenn er versucht, sich der Macht dieses ›Il buon de cani‹ der Ehe zu widersetzen – so ist er verloren.
Stelle dir eine junge Frau vor, die auf einem Diwan ausgestreckt liegt; ihre Köpfchen ist leicht auf eines der Kissen aufgestützt, die eine Hand
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