Physiologie der Ehe (German Edition)
himmelhoch – darf durchaus keinen perfiden Hohlraum enthalten; ihre rechtwinkligen steilen Stufen dürfen niemals jene wonnevolle Krümmung darbieten, die Faublas und Justine so gut zustatten kamen, als sie darauf warteten, daß der Marquis von B... ausginge. Heutzutage bauen die Architekten Treppen, die noch bequemer sind als Ottomanen. Wir raten dir, lieber die tugendhafte Wendeltreppe unserer Vorfahren wieder herzustellen.
Was nun die Kamine in den Zimmern deiner Frau anbetrifft, so mußt du durchaus in einer Höhe von fünf Fuß über dem Kaminmantel in den Schornsteinen ein eisernes Gitter anbringen lassen, selbst wenn man es bei jeder Reinigung des Kamins entfernen und wieder befestigen müßte. Sollte deine Frau diese Vorsichtsmaßregel lächerlich finden usw., so weise darauf hin, daß zahlreiche Mordtaten begangen worden sind, indem die Verbrecher sich durch die Kamine eingeschlichen haben. Fast alle Frauen haben Furcht vor Räubern.
Das Bett ist eines jener bedeutungsvollen Möbel, deren Konstruktion sorgfältig überlegt werden muß. Am Bette ist jeder einzelne Umstand von größter Wichtigkeit. Wir teilen im folgenden die Ergebnisse einer langen Erfahrung mit: gib diesem Möbel eine möglichst originelle Form, so daß man es stets im schnellen Wechsel der Moden, die immer wieder die Schöpfungen unserer Tapezierer zerstören, ohne Mißvergnügen ansehen kann, denn es ist von wesentlicher Bedeutung, daß deine Frau nicht nach Laune und Willkür diesen Schauplatz des ehelichen Vergnügens wechseln kann. Der untere Teil dieses Möbels soll massiv sein; es darf kein heimtückischer Zwischenraum zwischen ihm und dem Fußboden sein. Und erinnere dich wohl, daß Byrons Doña Julia ihren Don Juan unter ihrem Kopfkissen versteckt hatte! Aber es wäre lächerlich, einen so zarten Gegenstand oberflächlich behandeln zu wollen.
LXI. Das Bett ist die ganze Ehe.
Wir werden uns daher sofort mit dieser wunderbaren Schöpfung des menschlichen Geistes beschäftigen – mit dieser Erfindung, der unsere Dankbarkeit einen viel höhern Platz anweisen muß, als dem Schiff, den Feuerwaffen, dem Fumadeschen Feuerzeug, dem Wagen mit seinen Rädern, der Dampfmaschine mit einfachem oder doppeltem Druck, mit Saugheber oder Abzug, einen höhern sogar als Fässern und Flaschen. Übrigens hat das Bett, wenn man nur ein wenig über seine Eigenschaften nachdenkt, eine gewisse Ähnlichkeit mit allen diesen Erfindungen; aber wenn man erst daran denkt, daß das Bett unser zweiter Vater ist, daß die ruhigste und die bewegteste Hälfte unseres Daseins unter seinem schützenden Thronhimmel sich abspielt, dann fehlen uns die Worte, es nach Gebühr zu preisen. (Siehe die Betrachtung ›Theorie des Bettes‹.)
Sobald der ›Krieg‹, von dem wir in unserm dritten Teile sprechen werden, zwischen der gnädigen Frau und dir ausbricht, wirst du stets sinnreiche Vorwände haben, um ihre Kommoden und ihren Schreibtisch zu durchsuchen; denn wenn deine Frau sich's sollte einfallen lassen, eine Statue vor dir zu verstecken, so liegt es in deinem Interesse, zu wissen, wo sie sie verborgen hat. Ein ›Frauengemach‹, das nach diesem System eingerichtet ist, wird es dir ermöglichen, mit einem einzigen Blick zu erkennen, ob zwei Pfund Seide mehr darin enthalten sind als für gewöhnlich. Laß einen einzigen Schrank darin anbringen, und du bist verloren! Vor allen Dingen gewöhne während des Honigmondes deine Frau daran, in bezug auf das Aussehen der Wohnung eine peinliche Sorgfalt zu beobachten: nichts darf darin herumliegen. Wenn du sie nicht an die pünktliche Ordnung gewöhnst, wenn nicht stets dieselben Gegenstände auf demselben Platz zu finden sind, so würde sie dir eine solche Unordnung in der Wohnung machen, daß du nicht mehr sehen könntest, ob zwei Pfund Seide mehr oder weniger da sind oder nicht.
Die Vorhänge eurer Zimmer müssen stets aus sehr durchsichtigen Stoffen sein; abends machst du es dir zur Gewohnheit, in den Zimmern hin und her zu gehen, so daß deine Frau Gemahlin niemals überrascht sein kann, wenn du in scheinbarer Zerstreuung an ein Fenster trittst. Endlich – um das Thema der Fenster gleich hier zu behandeln – laß diese in deinem Hause so einrichten, daß die Fensterbank niemals so breit ist, um einen Sack Mehl daraufstellen zu können.
Ist einmal die Wohnung deiner Frau nach diesen Grundsätzen eingerichtet, so bist du in Sicherheit, und wären in deinem Hause so viele Nischen, daß alle Heiligen des Paradieses
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