Physiologie der Ehe (German Edition)
darin untergebracht werden können. Du könntest jeden Abend, im Einvernehmen mit deinem Freunde, dem Hausmeister, feststellen, daß nicht mehr Menschen ins Haus hineinkommen, als daraus fortgehen; und um deiner Sache ganz sicher zu sein, so würde dich ja nichts verhindern, dem Manne beizubringen, eine Liste der Besucher in zwei Exemplaren anzulegen.
Wenn du einen Garten hast, so rate ich dir, Hundefreund zu werden. Indem du stets einen dieser unbestechlichen Wächter unter deinem Fenster hast, wirst du den Minotauros in Schach halten, besonders wenn du deinen vierfüßigen Freund daran gewöhnst, nur von der Hand deines Hausmeisters Nahrung anzunehmen, damit taktlose Junggesellen ihn dir nicht vergiften können.
Alle diese Vorsichtsmaßregeln müssen auf eine natürliche Art ausgeführt werden, so daß sie keinen Verdacht erregen. Wenn Ehemänner so unvorsichtig gewesen sind, bei ihrer Verheiratung ihr eheliches Heim nicht nach diesen verständigen Grundsätzen einzurichten, so müssen sie so schnell wie möglich ihr Haus verkaufen und ein anderes kaufen, oder sie müssen die Notwendigkeit eines Umbaues vorschützen und das Haus völlig neu einrichten.
Ohne Gnade verbanne aus deiner Wohnung alle Kanapees, Ottomanen, Causeusen, Chaiselongues usw. Zunächst deshalb, weil diese Möbel jetzt in jeder kleinbürgerlichen Wohnung sind – man findet sie überall, sogar beim Friseur; vor allen Dingen aber deshalb, weil sie recht eigentlich Möbel des Verderbens sind: niemals habe ich sie ohne Schauder ansehen können, stets kam es mir vor, als sähe ich auf ihnen den Teufel mit seinen Hörnern und seinem Klumpfuß sitzen.
Am allergefährlichsten aber ist ein Lehnstuhl, und es ist ein recht großes Unglück, daß man die Frauen nicht zwischen ihren nackten vier Wänden einsperren kann. Welcher Ehemann kann sich auf einen wackeligen Lehnstuhl setzen, ohne stets zu denken, dieser müsse beim ›Sofa‹ von Crébillon Sohn in die Lehre gegangen sein? Aber glücklicherweise haben wir deine Wohnung nach einem so vorsichtigen System eingerichtet, daß nichts Schlimmes darin passieren kann, wenn du nicht etwa selbst durch deine Nachlässigkeit eine stillschweigende Einwilligung dazu gibst.
Ein Fehler, den du dir angewöhnen mußt – und den du niemals ablegen darfst – ist eine Art von zerstreuter Neugier, die dich dazu treibt, unaufhörlich in jede Schachtel hineinzugucken und in den Nähtischchen und Arbeitsbeuteln deiner Frau herumzustöbern. Bei dieser Haussuchung mußt du dich recht originell und voll Anmut benehmen und mußt jedesmal ihre Verzeihung erlangen, indem du deine Frau zum Lachen bringst.
Ebenfalls mußt du stets das größte Erstaunen an den Tag legen, wenn du in dieser so sauber eingerichteten Wohnung ein neues Möbel erblickst. Laß dir sofort den Zweck desselben auseinandersetzen; hierauf strenge deinen Geist an und suche zu erraten, ob das Möbel nicht etwa irgendeinem geheimen Zweck dient und ob es keine heimtückischen Verstecke enthält.
Doch dies ist noch nicht alles. Du bist zu klug, um nicht zu fühlen, daß dein hübscher Papagei nur so lange in seinem Käfig bleiben will, wie dieser Käfig schön ist. Eleganz und Geschmack müssen sich also in den geringsten Einzelheiten aussprechen. Das Ganze muß stets ein einfaches und anmutiges Bild darbieten. Erneuere oft die Wandbehänge und Musselingardinen. Die Frische und Schönheit des Wohnungsschmuckes ist etwas zu Wesentliches, als daß du in dieser Hinsicht sparen dürftest. Sie ist wie die Miere, die die Kinder jeden Morgen sorgfältig ihren Vögeln an die Käfige stecken, damit diese glauben sollen, sie seien auf ihren grünen Wiesen. Eine Wohnung dieser Art ist dann die Ultima ratio der Ehemänner: eine Frau hat nichts zu sagen, wenn man ihr alles verschwenderisch gegeben hat.
Die Ehemänner, die dazu verdammt sind, in Mietwohnungen zu hausen, befinden sich in der allerfürchterlichsten Lage.
Welchen glücklichen oder verhängnisvollen Einfluß kann der Hausmeister auf ihr Schicksal ausüben!
Wird nicht ihr Haus in der rechten und linken Flanke eingefaßt sein? Allerdings wird die Gefahr sich um die Hälfte vermindern, wenn die Zimmer der Frau auf die eine Seite verlegt werden. Sind aber nicht diese Ehemänner trotzdem genötigt, Alter, Stand, Vermögen, Charakter, Lebensgewohnheiten der Mieter des Nachbarhauses auswendig zu lernen und reiflich zu überdenken? Ja, müssen sie nicht sogar deren Freunde und Verwandte kennen?
Ein vernünftiger
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