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Physiologie der Ehe (German Edition)

Physiologie der Ehe (German Edition)

Titel: Physiologie der Ehe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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wir das Ehebett als ein Verteidigungsmittel angesehen. Nur im Bette kann er jede Nacht erfahren, ob die Liebe seiner Frau im Zunehmen oder im Abnehmen ist. Das Bett ist der Barometer der Ehe. Wenn man nun Zwillingsbetten benutzt, so heißt dies absichtlich auf jedes Wissen verzichten. Wenn wir – im dritten Teil – zum ›Häuslichen Krieg‹ gelangen, so wirst du erfahren, welchen unglaublichen Nutzen ein Bett bringt und wie viele Geheimnisse eine Frau unwillkürlich darin verrät.
    Laß dich also niemals durch die falsche Harmlosigkeit der Zwillingsbetten verführen!
    Sie sind die dümmste, heimtückischste und gefährlichste Erfindung, die es auf der ganzen Welt gibt. Schande und Fluch ihrem Erfinder!
    Aber so verderblich diese Methode für junge Eheleute ist, ebenso heilsam und angemessen ist sie für Gatten, die das zwanzigste Jahr ihrer Ehe erreichen. Mann und Frau haben es dann viel bequemer bei den Duetten, die für ihre beiderseitigen Katarrhe nötig sind. Manchmal werden sie einer Klage, die ihnen ein Rheumatismus oder eine hartnäckige Gicht abpressen, oder vielleicht auch schon der Bitte um eine Prise Tabak die etwas mühseligen Wohltaten einer Nacht verdanken, die durch einen Abglanz ihrer ersten Liebestaten beseelt wird – immer vorausgesetzt, daß der Husten nicht ganz unerbittlich ist.
    Wir haben es nicht für angebracht gehalten, die Ausnahmen zu erwähnen, die zuweilen einem Ehemann das Recht geben, Zwillingsbetten zu benutzen. Man hat zuweilen Ungemach zu bestehen. Bonaparte war indessen der Meinung, daß, wenn Gatten einmal ›ihre Seele und ihren Schweiß‹ vermischt hätten – dies sind seine eigenen Worte – nichts mehr sie trennen dürfte, auch Krankheit nicht. Dieser Punkt ist zu heikel, als daß man bestimmte Grundsätze dafür aufstellen dürfte.
    Gewisse beschränkte Köpfe könnten auch den Einwand machen, daß es mehrere patriarchalische Familien gibt, in deren Gesetzbuch der erotischen Angelegenheiten der Paragraph über den Alkoven mit zwei Betten unerschütterlich feststeht, und daß in diesen Familien das Glück sich ›vom Vater auf den Sohn‹ vererbt. Hierauf gibt der Verfasser gar keine Antwort, sondern erklärt einfach, daß er viele sehr ehrenwerte Leute kennt, die ihr Leben damit hinbringen, daß sie dem Billardspiel zusehen.
    Diese Art der Schlafzimmereinrichtung überlassen wir also hiermit dem Urteil aller verständigen Leute und gehen nunmehr zur zweiten Methode über.
2. Getrennte Schlafzimmer
    Es kommen in Europa auf jede Nation keine hundert Ehemänner, die die Wissenschaft der Ehe – oder, wenn man will, des Lebens – bis zu dem Grade beherrschen, daß sie ein von dem Zimmer ihrer Frau getrenntes Zimmer bewohnen können.
    Dieses System durchführen können – das ist der höchste Grad geistiger und männlicher Kraft.
    Zwei Gatten, die getrennte Zimmer haben, haben sich entweder getrennt, oder sie haben das Glück zu finden gewußt, sie verabscheuen sich oder sie beten sich an.
    Wir wollen es nicht unternehmen, hier die bewunderungswürdigen Vorschriften dieser Theorie auseinanderzusetzen, deren Zweck es ist, aus der Beständigkeit und Treue ein leichtes und köstliches Ding zu machen. Diese Zurückhaltung legt der Verfasser sich aus Ehrfurcht auf und nicht aus Unvermögen. Es genügt ihm, die Tatsache ausgesprochen zu haben, daß durch bloße Anwendung dieses Systems zwei Ehegatten die Träume so vieler schöner Seelen verwirklichen können: er wird von allen Gläubigen begriffen werden.
    Allerdings die Profanen! Nun, mit den neugierigen Fragen dieser Leute wird der Verfasser bald fertig sein, indem er ihnen sagt, daß diese Einrichtung den Zweck hat, eine einzige Frau glücklich zu machen. Wer von ihnen möchte die Gesellschaft aller Talente, mit denen er sich ausgestattet wähnt, berauben wollen – und zu wessen Gunsten? Zugunsten einer Frau! Indessen, seine Lebensgefährtin glücklich machen, ist der schönste Ruhmestitel, den man im Tale Josaphat erwerben kann, da nach der Genesis Eva nicht mit dem irdischen Paradiese zufrieden gewesen ist. Es trieb sie das Gelüste, von der verbotenen Frucht zu kosten – ewiges Sinnbild des Ehebruchs.
    Aber ein entscheidender Grund verbietet uns, diese glänzende Theorie ausführlich zu entwickeln; sie wäre in diesem Werke überhaupt nicht an ihrem Platz! Wir sind davon ausgegangen, daß eine Ehe sich in ganz besonderer Lage befindet – und der Mann, der so unvorsichtig wäre, in dieser Lage von seiner Frau getrennt

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