Picasso kann jeder
geben? Natürlich nicht! Allerdings vernebelt vielleicht die Fixierung auf Domänen von wichtigen Entwicklungen, die keine große Bedeutung mehr haben, den Blick. Man könnte auf die Maschinen schauen. Daran sind heutige Jugendliche nicht interessiert. Computerfreaks sind sie auch nicht mehr. Ist also ein Niedergang im Erfindungsreichtum oder in der Erfindungsbereitschaft zu konstatieren? Sind wir zu satt geworden? Nein, es hat sich eine neue Domäne für Erfindungen entwickelt:
Was machen denn unsere heutigen Jugendlichen in ihrer Freizeit? Sie sind auf das Internet konzentriert. Und dort machen sie Erfindungen und Entdeckungen, eröffnen neue Portale wie »YouTube« oder »StudiVZ«, mit denen – wie in früheren Erfinderzeiten – Millionen verdient werden können. Die aktuelle Domäne der Erfindungen scheinen neue Internetnutzungen zu sein. Vorbedingung für diese Erfindungen ist natürlich nicht nur die Existenz, sondern die breite Verfügbarkeit des Internets. Die Jugendlichen vergangener Generationen konnten dazu also gar nichts beitragen.
Wenn sich in einer Domäne ein Zeitfenster für Erfindungen öffnet, sind es oft auch ganz einfache Ideen, die einen großen kommerziellen Erfolg haben. Viele Webseiten, von Schülern und Studenten aufgebaut, wurden später von großen Firmen für erhebliche Summen aufgekauft. Ein Beispiel ist eine Webseite des jungen Christian Jagodzinski, auf der er Bücher verkaufte. Dieses Portal wurde von Amazon aufgekauft. Ein anderes Beispiel wäre das Portal »YouTube«, das von Google für Millionen übernommen wurde.
Erfinder heute
In Notzeiten, in denen nicht der heutige Überfluss herrschte, kam es darauf an, Ziele mit einfachen Mitteln zu erreichen. So galten die Menschen im Nachkriegsdeutschland insgesamt als erfinderisch. Man war Weltmeister im Improvisieren.
Heute, in einer Zeit des Überflusses, ist diese Tugend ein wenig in Vergessenheit geraten. Tüftler im Fernsehen (Die beste Idee Deutschlands, 2009, auf SAT.1) geben ein beklagenswertes Bild deutschen Erfindungsreichtums ab. In 30
Sekunden sollte man eine vermarktbare Idee vortragen. Es kamen Dinge zum Vorschein, die offensichtlich nicht funktionierten, wie ein kabelloser Fön. Eine Batterie konnte die erforderliche Heizleistung nur für wenige Minuten erbringen. Unter Hunderten eingesandter Ideen konnte tatsächlich ein kleiner zusammenklappbarer Sitz in die Auswahl der besten Ideen kommen (ähnlich wie ein Jägersitz, der aus dem Spazierstock geklappt wird). Auf die Frage, wo man das denn brauchen könne, war der Erfinder ideenlos genug für die Antwort: »Überall, wo man sitzen muss.« (Tatsächlich wäre so etwas ja in Warteschlangen, z.B. beim Einchecken auf Flughäfen, eventuell ein wenig nützlich.)
Fällt uns nichts mehr ein? Oder haben wir einfach schon alles »in Bestform«, so dass weitere Verbesserungen kaum mehr möglich sind? Nein, man muss sich die Rahmenbedingungen für solche Wettbewerbe klarmachen: Man kann als Sieger zwar 50 000 Euro gewinnen, wenn man das Geld aber nicht gewinnt, ist eine gute Idee womöglich einfach verschenkt: Denn jetzt haben es Tausende Menschen gesehen, und die Idee ist nicht geschützt. In vielen Büros und Firmen sitzen Menschen, die wissen, wie man schnell ein Patent oder einen Musterschutz erwirbt. Insofern ist niemand gut beraten, in einer derartigen Sendung mit einer wirklich guten Idee aufzutreten. Im Wettbewerb »Jugend forscht«, in dem es nicht um Patente, sondern um Wissenschaft geht, werden dagegen wirklich bedeutende Innovationen vorgestellt.
Es gibt sie aber, die erfinderischen Menschen. Im amerikanisch-englischen Sprachraum existieren Internetseiten und Zeitschriften, in denen originelle Bastelideen veröffentlicht werden (seit 2005, make magazine; www.instructables.com, deutsch: www.expli.de). In Online-Shops (DaWanda.com oder www.etsy.com) wird Selbstgemachtes und Selbsterfundenes – meist aus dem Bereich Kunstdesign – verkauft.
Die heutige Konsumgesellschaft ist auf die Innovation angewiesen. Nur das neueste und beste Modell einer Sache kann sich international durchsetzen und wird verkauft. Wenn eine Firma die Innovation vernachlässigt, hat sie bald auf dem Markt keine Chance mehr. Man sieht das etwa am Schicksal der amerikanischen Auto- und der deutschen Foto-Industrie. Wir leben heute in einer Zeit, die wie keine andere die Innovation feiert und an den technischen Fortschritt glaubt. Fehlentwicklungen des technischen Fortschritts müssen durch
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