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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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schon im Bett?« fragte ich entgeistert.
    »Mhm«, brummte er bestätigend.
    »Und das war’s? Ziehst dich einfach so zurück? Ohne Abendessen?«
    »Mhm.«
    Ich blieb minutenlang stehen, sprachlos, verwirrt, zu müde, um mich beleidigt zu fühlen, sogar zu müde, um meinen eigenen Hunger zu spüren. Ich krabbelte in mein Zelt, holte eine Wasserflasche und ein Buch aus dem Rucksack, legte mir zur nächtlichen Verteidigung und Beleuchtung Messer und Taschenlampe bereit und streckte mich schließlich in meinem Schlafsack aus dankbarer denn je, in der Waagerechten zu sein. Ich war nach wenigen Sekunden weggetreten. Ich glaube, ich habe noch nie so gut geschlafen.
     
    Als ich aufwachte, war es taghell. Die Innenseite meines Zeltes war mit einem merkwürdigen, flockigen Reif beschichtet, der, wie mir nach einiger Überlegung klar wurde, der Niederschlag meines nächtlichen Schnarchens sein mußte, kondensiert, gefroren und ans Zeltdach geklebt, wie in einem Tage- oder besser Nachtbuch der Atmungserinnerungen. Meine Wasserflasche war ebenfalls gefroren. Das schien mir etwas für echte Machos zu  sein, und ich untersuchte sie interessiert, wie ein seltenes Stück  Erz. Es war erstaunlich gemütlich in meinem Schlafsack, und ich hatte es wahrlich nicht eilig, die Torheit zu begehen, gleich wieder Berge hochzukraxeln, deswegen blieb ich liegen, wie unter dem strengsten Befehl, mich nicht zu rühren. Nach einer Weile nahm ich wahr, daß Katz bereits draußen rumorte, leise stöhnend, wie vor Schmerz, und irgend etwas machte, was sich unwahrscheinlich geschäftig anhörte.
    Nach ein, zwei Minuten kam er an und hockte sich neben mein Zelt, seine Gestalt fiel als dunkler Schatten auf die Zeltwand. Ohne mich zu fragen, ob ich wach sei oder nicht, erkundigte er sich mit leiser Stimme: »Sag mal, habe ich mich gestern abend wie  ein Schwein benommen?«
    »Das könnte man so sagen.«
    Er war einen Moment lang still. »Ich koche Kaffee.« Ich glaube, das war seine Form der Entschuldigung.
    »Das ist nett.«
    »Ziemlich kalt hier draußen.«
    »Hier drin auch.«
    »Meine Wasserflasche ist gefroren.«
    »Meine auch.«
    Ich schlüpfte aus meinem Nylonbauch heraus und kroch mit knackenden Gelenken aus dem Zelt. Es war ein komisches Gefühl und sehr neuartig, mit langen Unterhosen draußen im Freien zu stehen. Katz beugte sich über den Kocher und hatte einen Topf Wasser aufgesetzt.
    Anscheinend waren wir die ersten Camper, die wach waren. Es war kalt, aber doch eine Idee wärmer als gestern, und die niedrige Sonne, die zwischen den Bäumen hervorschimmerte, stimmte verhalten optimistisch.
    »Wie geht es dir?« sagte er.
    Ich beugte probeweise die Knie. »Eigentlich gar nicht so schlecht.«
    »Mir auch.«
    Er goß Wasser in den Filter. »Ich bin auch ganz lieb heute«, versprach er.
    »Gut.« Ich sah ihm über die Schulter. »Gibt es einen Grund«, fragte ich, »warum du den Kaffee durch Klopapier filterst?«
    »Ich…. ach…. ich habe die Filtertüten weggeworfen.«
    Mir entwich ein mißglücktes Lachen. »Die können doch höchstens ein paar Gramm gewogen haben.«
    »Ich weiß, aber man konnte so schön damit werfen. Sie flatterten durch die Luft.« Er goß ein bißchen Wasser nach.
    »Mit Klopapier funktioniert es auch ganz gut.«
    Wir sahen zu, wie das Wasser durchtröpfelte und waren irgendwie stolz. Unser erstes Selbstgekochtes in der Wildnis. Er reichte mir einen Becher Kaffee. Es schwammen reichlich Pulver und kleine, rosa Papierschnipsel drin herum, dafür war er siedend heiß, das war die Hauptsache.
    Er sah mich entschuldigend an. »Den braunen Zucker habe ich auch weggeworfen, wir müssen unsere Haferflocken also ohne Zucker essen.«
    Ach so. »Wir müssen unsere Haferflocken sogar ohne Haferflocken essen. Die habe ich nämlich in New Hampshire gelassen.«
    »Wirklich?« sagte er und fügte hinzu, als wäre es nur fürs Protokoll: »Dabei esse ich Haferflocken so gerne.«
    »Wie war’s mit etwas Käse zum Kaffee?«
    Er schüttelte den Kopf. »Weggeworfen.«
    »Erdnüsse?«
    »Weggeworfen.«
    »Büchsenfleisch?«
    »Das habe ich erst recht weggeworfen.«
    Die Sache nahm allmählich bedrohliche Ausmaße an. »Und die Mortadella?«
    »Ach die? Die habe ich in Amicalola gegessen«, sagte er, als wäre das bereits Wochen her, und ergänzte dann in einem Tonfall, als mache er damit ein edelmütiges Zugeständnis: »Mir reichen eine Tasse Kaffee und ein paar Little Debbies.«
    Ich verzog leicht das Gesicht. »Die Little Debbies

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