Pilates-Anatomie
Antagonist)
Muskuläre Dysbalance
Entstehung muskulärer Imbalancen
Wenn die Muskulatur gut und ausgewogen funktioniert, kennzeichnen Stabilität und Kontrolliertheit jede Bewegung; dies kann sich jedoch ändern. Drei Beispiele für
die Entstehung von muskulären Imbalancen:
1. Im Laufe der Zeit können die Mobilisatoren die Arbeit der Stabilisatoren behindern und beginnen, sich durch eigene Bewegung zu stabilisieren. Diese Behinderung der
Stabilisatoren durch bevorzugte Rekrutierung der Mobilisatoren ist für die Entstehung muskulärer Dysbalancen wesentlich. Deutlich wird dies, wenn etwa beim Curl-up die
äußeren schrägen Bauchmuskeln zur Fixierung des neutralen Beckens herangezogen werden.
2. Verspannung der Mobilisatoren. Dadurch engt sich der Bewegungsspielraum ein, was die Bewegungsqualität mindert und das entsprechende Gelenk stark belastet.
Verspannungen können zu reziproken Blockaden führen (dabei blockiert die Verspannung des Muskels die Gegenspieler-Muskelgruppe).
3. Schwächung der Stabilisatoren. Wenn die Muskelausdauer nicht ausreicht, um die Kontraktion zu halten, kann der entsprechende Muskel gelängt werden. Damit sinkt
auch die Fähigkeit des Stabilisators, das Gelenk auch am Rand des Bewegungsspielraums noch zu halten.
»Eine muskuläre Dysbalance besteht dann, wenn ein Muskel schwach ist, während sein Antagonist stark ist. Der stärkere der beiden Gegenspieler verkürzt
sich meist, während sich der schwächere längt. Schwäche oder auch Verkürzung kann eine Fehlhaltung herbeiführen. Schwäche ermöglicht die Deformierung,
während Verkürzung sie erzeugt.« (Kendall,1983)
Motorisches Lernen
Pilates fördert die Motorik durch die Entwicklung von Stabilität, Koordination, Balance und Ausdauer, wobei inzwischen davon ausgegangen wird, dass bei einigen
Übungen mehr als zehn Wiederholungen nötig sind, damit Ausdauer entwickelt wird. Motorisches Lernen ist eine Anpassungsreaktion auf ein Muster aus haptischen, visuellen und
propriozeptiven Reizen (sensorische Integration). Daraus ergibt sich ein aus drei Phasen – kognitiver, assoziativer und automatischer Phase – bestehendes Modell (eine
anerkannte Theorie des motorischen Lernens), das gut auf die Entwicklungsschritte des Pilates-Trainings anzuwenden ist.
Drei-Phasen-Modell des motorischen Lernens
Entwickelte Fähigkeiten
Motorische Steuerung: Stabilisierung, Koordination
Körperstabilität während des Trainings wird durch koordinierte Muskelrekrutierung in den zentralen Körperregionen erreicht. Veränderungen dieser
Koordination führen dazu, dass die Übung nicht ausgeführt werden kann. (Zur Schulterblattstabilität siehe Seite 41.)
Um das Becken stabil zu halten, müssen die lokalen Stabilisatoren Transversus und Multifidi mit den inneren schrägen Bauchmuskeln, dem Zwerchfell und dem Beckenboden normal
zusammenarbeiten. Neben ihrer Tätigkeit als Stabilisatoren koordinieren sich diese Muskeln so miteinander, dass sie andere Mechanismen ermöglichen, etwa die Aktivierung anderer
Stabilisatoren und Mobilisatoren in der richtigen Rekrutierungsreihenfolge. Es gibt daher einen engen Zusammenhang zwischen Atemmuster, Beckenboden- und Rumpfstabilität.
Der Transversus verbindet sowohl die Vorder- und Rückseite als auch die obere und untere Hälfte des Körpers. Aufgrund dieser Verbindungen ist er auch an den funktionellen
Bewegungen der Arme und Beine beteiligt sowie an der Stützung der Wirbelsäule. Er verläuft um den Rumpf herum und ist mit der thorakolumbalen Faszie verwachsen, einer dicken
Bindegewebsschicht, die Rumpf und Becken stabilisiert.
Der Transversus und die thorakolumbale Faszie bilden zusammen ein Korsett um die Körpermitte, durch das Ober- und Unterkörper verbunden werden, das Becken stabil zur Wirbelsäule
gehalten wird und die Beinmuskulatur eine feste Basis erhält. Stabilität geht verloren, wenn den tiefen Stabilisatoren entweder die Ausdauer fehlt, um kontrahiert zu bleiben, oder die
Kraft, um eine Position gegen die oberflächlicheren Mobilisatoren zu behaupten. Ebenso geht Stabilität verloren, wenn zwischen großen Mobilisatorengruppen muskuläre Dysbalancen
bestehen.
Abb. 3.5: Ansatz des Transversus und der inneren schrägen Bauchmuskeln an der thorakolumbalen Faszie
Motorische Koordination
Koordination hängt eng mit der Fähigkeit zusammen, eine Übung mit kontrollierten, weichen Bewegungen auszuführen. Mit zunehmender Ausbildung der motorischen
Kontrolle
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