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Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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gewundene Wyle zu Hugh Beringars Stadthaus hinauf. Dort setzte er sich hin und spielte mit seinem Patenkind Giles, einem großen, hübschen und eigensinnigen Jungen, der hell war wie seine Mutter und so lange Gliedmaßen besaß, daß er eines Tages seinem kleinen, dunklen Vater über den Kopf wachsen würde. Aline brachte für ihren Gatten und seinen Freund Essen und Wein und setzte sich wieder an ihre Näharbeit. Ab und zu blickte sie auf und schenkte den Männern einen heiteren, zufriedenen Blick. Als ihr Sohn in Cadfaels Armen eingeschlafen war, stand sie auf und trug den Jungen behutsam hinaus. Er war schwer, aber sie hatte gelernt, ihn mühelos auf Arm und Schulter zu tragen.
    Cadfael beobachtete sie liebevoll, als sie den Jungen im Nebenzimmer zu Bett brachte und die Türe schloß.
    »Wie ist es nur möglich, daß das Mädchen von Tag zu Tag hübscher und strahlender wird? Ich habe schon viele hübsche Mädchen gesehen, denen die Ehe das Blühen ausgetrieben hat. Aber ihr scheint sie zu bekommen wie der Heiligenschein einem Heiligen.«
    »Oh, es spricht schon einiges für die Ehe«, erwiderte Hugh bedächtig. »Ich jedenfalls halte viel davon. Aber für einen Mann in Eurer Tracht, nach so vielen Jahren des Zölibats... und nachdem Ihr so lange in der Welt herumgestreift seid! Ihr habt gewiß nicht viel vom Ehestand gehalten, denn sonst hättet Ihr es selbst versucht. Ihr habt die Gelübde erst mit vierzig Jahren abgelegt, nachdem Ihr als schmucker junger Mann einen Kreuzzug unternommen hattet. Wie kann ich wissen, ob Ihr in Eurer Erinnerung nicht irgendwo auch eine Aline besitzt, die Euch so teuer ist wie mir die meine? Vielleicht nennt Ihr sogar einen Giles Euer eigen«, fuhr er verschmitzt fort, »einen Giles, der inzwischen Gott weiß wo zum Manne gereift ist...«
    Cadfaels Schweigen, so behaglich und zufrieden es auch wirkte, ließ in Hughs sehr empfänglichen Sinnen jedoch sofort eine Warnglocke anschlagen. Nach einem arbeitsreichen Tag am Rande des Schlummers gemütlich in die Kissen geschmiegt, betrachtete er nachdenklich das gedankenverlorene Gesicht seines Freundes und kam rücksichtsvoll auf praktische Dinge zu sprechen.
    »So, dann ist dieser Simeon Poer also im Süden bekannt. Ich bin Euch und Bruder Adam für den Hinweis dankbar, wenn sich der Mann bisher auch nichts hat zuschulden kommen lassen.
    Aber diese anderen, die Ihr mir beschrieben habt... in Wats Schenke in der Vorstadt steigen gern Fremde ab, die zu einem Jahrmarkt oder Fest kommen und sich in der Stadt umtun wollen. Wat hat mir erzählt, daß er etliche sehr fröhliche Gäste aufgenommen hat, darunter auch einige Fremde. Es könnten die sein, die Ihr beschrieben habt. Einige sind natürlich die üblichen jungen Burschen aus der Stadt und der Klostersiedlung, die mehr Geld als Verstand haben. Sie haben viel getrunken und gewürfelt. Wat war nicht begeistert, als er sah, wie die Würfel fielen.«
    »Wie ich es mir gedacht habe«, sagte Cadfael nickend. »Für jede Messe, die wir feiern, findet woanders eine Würfelmesse statt. Sollen die Narren doch ihr Geld zum Fenster hinauswerfen, wenn sie eine faire Chance haben. Aber Wat erkennt einen gezinkten Würfel, wenn er ihn sieht.«
    »Er weiß auch, wie er die Bande aus dem Haus bekommt. Er hat einem der Fremden ins Ohr geflüstert, daß seine Schenke überwacht wird und daß sie sich besser aus dem Staube machen sollten. Heute abend stellt er einen Jungen als Wachtposten auf, um herauszufinden, wo sie sich treffen. Und morgen abend schnappen wir sie, und wenn alles gutgeht, seid Ihr sie für den größten Teil des Festes los.«
    Das wäre eine sehr willkommene Reinigung, dachte Cadfael, als er in der beginnenden Dämmerung über die Brücke zurückging. Der Fluß rauschte wirbelnd unter ihm und das letzte Tageslicht spiegelte sich in seinem Wasser; im Niedrigwasser des Sommers hoben sich kleine Inseln, umgeben von vertrocknetem braunen Tang, deutlich hervor.
    Aber kein Licht, nicht einmal ein Reflex, erhellte den Mord, der weit im Süden des Landes geschehen war, aus dem der Händler Simeon Poer gekommen war. Auf Pilgerschaft für sein Seelenheil? Oder auf der Flucht vor dem Gesetz, nachdem er Schlimmeres getan hatte, als Narren zu betrügen? Cadfael sah sich selbst zu nahe am Rande der Narrheit, um andere Narren überheblich zu betrachten, wenn man auch einwenden konnte, daß Spieler nur bekamen, was sie verdienten.
    Das Tor der Abtei war schon geschlossen, aber die Pforte stand noch auf

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