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Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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wandertest?
    Ich hätte besser sterben sollen, als bei dir zu bleiben und deinen Frieden zu stören. Gott vergib mir!«
    Sie war fünf Jahre näher an der Kindheit als er, selbst wenn man die zwei Jahre berücksichtigt, die ein Mädchen einem gleichaltrigen Jungen voraus ist. Sie stand benommen da, von seiner Leidenschaft etwas erschreckt und vom Schmerz, der wie ein beißender, überwältigender Duft von ihm ausging, unsagbar bewegt. Die langfingrige Hand, die ihr Gesicht hielt, zitterte heftig; sein ganzer Körper zitterte. Sie legte ihre Hand sanft und schützend auf seine, durch seine größere, unerklärliche Verzweiflung aus ihrem eigenen Kummer gerissen.
    »Ich darf nicht für Gott sprechen«, sagte sie fest, »aber ich kann vergeben, was ich selbst zu vergeben habe. Es ist nicht deine Schuld, daß ich dich liebe. Du hast nichts anderes getan, als freundlicher zu mir zu sein als jeder andere Mann, der mir bisher begegnet ist. Und ich wußte es, Geliebter, du hast es mir gesagt, wenn ich nur zugehört hätte, du hast mir gesagt, daß du ein Gelübde abgelegt hast. Du hast mir nicht gesagt, von welcher Art es war, aber mein Herz war noch nie so bekümmert...«
    Während sie versunken beieinander standen, war das Licht der untergehenden Sonne düsterer geworden und verbrannte still zu glühender Asche, und die Dämmerung breitete sich aus wie die Schwingen eines Mauerseglers, verdunkelte ihre Gesichter und schmolz zu einem perlmuttfarbenen Glanz dahin. Tränen füllten ihrer beider Augen. Als er sich zu ihr hinunterbeugte, konnte man nicht erkennen, wer den Kuß begonnen hatte.
    Die kleine Glocke, die zur Komplet rief, hallte an diesem stillen Abend laut durch den Garten und weckte Bruder Cadfael sofort aus seinem Schlummer. In den langen, kriegerischen Jahren seiner Jugend hatte er sich daran gewöhnt, aus jedem Schlaf erfrischt und munter aufzuwachen, so daß er Tag und Nacht bereit war, und er hatte diese Gewohnheit im Refugium seines Alters beibehalten. Er stand auf und ging im Halbschatten des Abends hinaus und schloß die Tür hinter sich.
    Er brauchte nur wenige Minuten, um durch das Herbarium und den Rosengarten zur Kirche zu gelangen. Er ging rasch und freute sich über die Schönheit des Abends und auf den nächsten Tag. Er wußte nicht genau, warum er im Gehen nach Westen blickte - vielleicht nur, um den weiten Himmel zu betrachten, der zarte, warme Farben trug wie ein errötendes Mädchen. Und da standen die beiden, zwei Schatten in enger Umarmung, die sich vor dem Feuer im Westen abhoben, auf dem Hang, der zum unsichtbaren Bach hinunterführte. Matthew und Melangell waren es, die sich innig umarmten und küßten und nicht aufmerkten, als Bruder Cadfael kam und vorbeiging, um sich auf seine Art hinzugeben. Doch ihr Abbild blieb selbst während der Gebete vor seinem inneren Auge bestehen.

7. Kapitel
    Der Vorbote des bischöflichen Gesandten - oder mußte man ihn eher als Gesandten der Kaiserin betrachten? - traf am Abend des einundzwanzigsten Tages im Juni in der Stadt ein und wurde zum Torhaus der Burg geführt, wo er Hugh Beringar gemeldet wurde, der gerade ein halbes Dutzend Männer zusammenrief, um in den Plänen von Herrn Simeon Poer und seiner Genossen eine unerwartete Rolle zu spielen. Die Gauner waren aller Wahrscheinlichkeit nach bewaffnet, da sie so weit von zu Hause entfernt waren und auf bislang unerforschtem Territorium. Hugh empfand den Besucher als unwillkommene Störung, doch da ihm bewußt war, wie sehr die Seite des Königs im Hintertreffen war, wollte er den Boten nicht ohne standesgemäßen Empfang abweisen. Wie auch immer die Botschaft lautete, er mußte den Mann anhören und entsprechend reagieren.
    Im Wachzimmer des Torhauses trat er dem stämmigen Knappen entgegen, der seine Botschaft wortgetreu übermittelte.
    »Mein Herr Sheriff, die Herrscherin der Engländer und der Bischof von Winchester bitten Euch, ihren Gesandten in Frieden zu empfangen, denn er kommt in ihrem Namen mit einem Friedensangebot, um die Ordnung wiederherzustellen, und bittet Euch um Hilfe, das Leid des Königreichs zu lindern.
    Ich bin vorausgeritten, um ihn anzukündigen.«
    Also hatte die Kaiserin noch vor der Krönung den Titel einer gewählten Herrscherin angenommen! Anscheinend war schon alles entschieden.
    »Der Gesandte des Bischofs ist willkommen«, entgegnete Hugh, »und er soll mit allen Ehren in Shrewsbury aufgenommen werden. Ich will aufmerksam anhören, was immer er mir zu sagen hat. In diesem

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