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Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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verbinden kann, einen Auftrag von Rainalds Witwe. Rainald hatte einen jungen Verwandten in sein Haus aufgenommen, der bei ihm war, als er getötet wurde.
    Nach seinem Tod verließ der junge Mann insgeheim, und ohne ein Wort zu verlieren, das Haus der Dame. Sie sagt, er sei auch schon vor seinem Verschwinden verschlossen und schweigsam gewesen, und die einzige Nachricht, die wir von ihm erhielten, war die, daß er auf der Straße nach Newbury gen Norden gereist sei. Danach haben wir nichts mehr von ihm gehört. Da ich ohnehin nach Norden reiste, bat sie mich, unterwegs nach ihm zu fragen, denn sie schätzt ihn und vertraut ihm und will ihn an ihrer Seite haben. Ich will euch nicht täuschen, Ehrwürdiger Vater; es gibt einige, die behaupten, er sei geflohen, weil er die Schuld an Rainalds Tod trägt. Sie behaupten, er hätte sich mit der Frau Juliana eingelassen und in diesem Straßenkampf eine Chance gesehen, sie zur Witwe zu machen und für sich zu gewinnen. Doch dann habe er es mit der Angst bekommen, weil der Verdacht allzu schnell auf ihn gefallen sei. Ich dagegen glaube, daß der Verdacht erst aufkam, nachdem er verschwunden war. Und Juliana, die ihn doch besser als jeder andere kennen muß, betrachtet ihn als Sohn, da sie keine eigenen Kinder hat, und sie vertraut ihm völlig. Sie will, daß er gerechtfertigt heimkehrt, egal, aus welchem Grund er sie verließ. Ich habe unterwegs in jeder Herberge und jedem Kloster nach dem jungen Mann gefragt. Darf ich nun auch hier fragen? Der Bruder, der für die Gäste verantwortlich ist, wird sicher alle Namen wissen. Leider«, fügte er traurig hinzu, »ist der Name alles, was ich habe, denn soweit ich weiß, habe ich den Mann noch nie gesehen. Und ein Name ist etwas, das man leicht ablegen kann.«
    »Das ist nicht viel«, sagte Abt Radulfus lächelnd, »aber Ihr dürft Euch gern erkundigen. Wenn er sich nichts hat zuschulden kommen lassen, dann will ich Euch gern helfen, ihn zu finden, damit er entlastet mit Euch zurückkehren kann. Wie ist sein Name?«
    »Luc Meverel. Er ist, wie man mir sagte, vierundzwanzig Jahre alt, mittelgroß und sieht sehr stattlich aus. Er hat dunkles Haar und dunkle Augen.«
    »Das paßt auf Hunderte von jungen Männern«, erwiderte der Abt kopfschüttelnd. »Und den Namen wird er zweifellos abgelegt haben, wenn er etwas zu verbergen hat oder wenn er fürchtet, mit unberechtigten Anschuldigungen belastet zu werden. Aber versucht es nur. Ich kann Euch versichern, daß ein junger Mann, der verschwinden will, dies in einer Versammlung wie der unsrigen mit Leichtigkeit tun kann. Denis wird Euch sagen können, welcher Gast im richtigen Alter und von der entsprechenden Art ist. Euer Luc Meverel ist ja gewiß aus gutem Hause und wahrscheinlich gebildet und des Schreibens kundig.«
    »Das ist er«, erwiderte Olivier.
    »Dann geht mit meinem Segen zu Bruder Denis und bittet ihn, Euch nach Kräften zu helfen. Er hat ein ausgezeichnetes Gedächtnis, und er wird Euch sagen können, welcher der Männer im passenden Alter und von der richtigen Erscheinung ist. Ihr könnt es immerhin versuchen.«
    Als sie die Gemächer des Abtes verließen, suchten sie jedoch zuerst Bruder Cadfael. Und der war nicht leicht zu finden.
    Hughs erste Idee war, in der Hütte im Herbarium nachzusehen, wo sie gewöhnlich ihre Angelegenheiten besprachen. Aber dort war kein Cadfael. Ebensowenig war er im Kreuzgang bei Bruder Anselm, mit dem er manchmal über die Musik für den Abend diskutierte. Er war auch nicht mit der Überprüfung des Medizinschrankes in der Krankenstation beschäftigt. Er hatte das Schränkchen, das sich in den letzten Tagen ziemlich geleert hatte, schon am Morgen dieses Freudentages wieder aufgefüllt. Bruder Edmund erklärte freundlich: »Er war schon da. Ich hatte einen Verletzten, der aus dem Mund blutete - wahrscheinlich hat er sich an seiner eigenen Begeisterung verschluckt. Der Kranke ist jetzt ruhig und schläft, die Blutung hat aufgehört. Cadfael ist schon eine ganze Weile wieder fort.«
    Bruder Oswin, der heftig mit dem Unkraut im Küchengarten kämpfte, hatte seinen Vorgesetzten seit dem Mittagessen nicht mehr gesehen. »Aber ich glaube«, erklärte er, während er nachdenklich in die hochstehende Sonne blinzelte, »daß er in der Kirche ist.«
    Cadfael kniete am Fuße der Treppe, die zu St. Winifreds Altar führte. Er hatte die Arme nicht im Gebet erhoben, sondern im Schoß seiner Kutte verschränkt, und seine Augen waren nicht in stillem Flehen

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