Pilger Des Hasses
sagte Cadfael, während er sich die breite braune Nase rieb, »aber ich möchte wetten, daß die meisten sofort von der Liste gestrichen werden können, weil sie in der Gesellschaft von Gefährten sind, die ihren richtigen Namen kennen, oder weil sie nach Erscheinung oder Aussehen nicht in Frage kommen. Einzelgänger haben wir nur wenige. Die Pilger sind wie Stare, sie brauchen die Gesellschaft Gleichgesinnter. Am besten, wir sprechen mit Bruder Denis. Er wird die meisten inzwischen kennen.«
Bruder Denis besaß ein ausgezeichnetes Gedächtnis und zudem einen gesunden Appetit auf Neuigkeiten und Gerüchte, so daß er gewöhnlich der bestinformierte Mann in der Enklave war. Je voller das Gästehaus war, desto eifriger versuchte er, alles zu erfahren, was dort vorging, und meist kannte er Namen und Berufe aller Gäste. Außerdem führte er gewissenhaft Buch und trug alle Besucher ein.
Sie fanden ihn in seiner kleinen Zelle bei seinen Büchern. Er schätzte ab, was er brauchen würde, bezog dabei die Vorräte ein, die er noch hatte, und berücksichtigte, daß sie vom nächsten Tag an erheblich langsamer schrumpfen würden. Er erhob höflich den Kopf aus dem Lagerbuch und hörte sich an, was Bruder Cadfael und der Sheriff zu fragen hatten. Er antwortete prompt, als er gebeten wurde, unter seinen zahlreichen Gästen die zu benennen, die etwa fünfundzwanzig Jahre alt, von adliger Abstammung, des Schreibens kundig, von dunkler Hautfarbe und mittelgroß gebaut waren, die also der dürftigen Beschreibung von Luc Meverel entsprachen. Während sein Zeigefinger über die Gästeliste fuhr, sank die Anzahl der in Frage kommenden jungen Männer beträchtlich. Mehr als die Hälfte der Pilger waren Frauen, und unter den Männern war der größte Teil um die vierzig oder fünfzig Jahre alt, und unter den übrigen waren einige Brüder aus anderen Orden, einige Mönche oder Priester oder angehende Priester. Und Luc Meverel gehörte zu keiner dieser Gruppen.
»Sind denn viele hier«, sagte Hugh, während er die stark geschrumpfte endgültige Liste betrachtete, »die allein kamen?«
Bruder Denis legte den runden, rosigen Kopf mit der Tonsur schräg und überblickte mit scharfen braunen Augen, denen eines Rotkehlchens nicht unähnlich, die Liste. »Kein einziger.
Knappen in diesem Alter gehen selten auf Pilgerfahrt, es sei denn, sie haben einen großzügigen Herrn - oder eine großzügige Herrin. Bei einem Sommerfest wie dem unseren kommen viele junge Freunde zusammen, um die freie Zeit zu genießen, ehe sie sich ernsteren Pflichten widmen. Aber allein... wo soll da das Vergnügen liegen?«
»Da sind auf jeden Fall zwei«, sagte Cadfael, »die zwar zusammen hergekommen sind, die aber gewiß nicht das Vergnügen suchten. Ich habe mich schon über sie gewundert.
Sie sind im richtigen Alter, und was wir über den Gesuchten wissen, würde auf beide passen. Ihr kennt sie, Denis - der Junge, der nach Aberdaron unterwegs ist, und sein Freund, der ihn begleitet. Sie sind beide gebildet und von guter Abstammung. Und sie kommen aus dem Süden, jenseits von Abingdon, wie Bruder Adam aus Reading mir erzählte, der dort mit ihnen übernachtete.«
»Ah, der barfüßige Reisende«, sagte Denis und legte den Finger auf Ciarans Namen, »und sein Hüter und Anbeter. Ja, die beiden sind im Alter höchstens ein halbes Jahr auseinander, und sie haben die richtige Statur und Hautfarbe; aber Ihr braucht nur einen.«
»Wir können uns die beiden wenigstens ansehen«, erwiderte Cadfael. »Wenn keiner von beiden der ist, den wir suchen, dann könnten sie doch, da sie aus dem Süden kommen, unterwegs einen einsamen Reisenden getroffen haben. Wir mögen nicht die Amtsgewalt haben, sie nach ihrer Herkunft und ihrem Namen zu befragen und wie und warum sie verbunden sind, aber der Vater Abt hat sie. Und wenn sie nichts zu verbergen haben, dann werden sie ihm gegenüber gewiß erklären, was sie uns vielleicht nicht sagen wollen.«
»Wir können es versuchen«, sagte Hugh lebhaft. »Es ist den Versuch wert, und wenn sie mit dem Mann, den wir suchen, nichts zu tun haben, dann haben wir nichts weiter als eine halbe Stunde verloren, die uns sicher nicht schmerzen wird.«
»Allerdings paßt das, was wir bisher über die beiden wissen, kaum zu dem Gesuchten«, wandte Cadfael zweifelnd ein. »Der eine soll todkrank sein und will nach Aberdaron gehen, um dort zu sterben, und der andere ist fest entschlossen, ihn bis zu seinem Ende zu begleiten. Aber ein junger Mann,
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