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Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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geworfen wurde und auf die Knie fiel. Ein langer Arm drückte Ciaran gegen den massiven Baumstamm, und dann stand Matthew breitbeinig neben ihm, den blanken Dolch in der Hand. Das letzte Abendlicht fiel auf sein gerötetes, wutverzerrtes Gesicht und flimmerte auf der Messerklinge.
    »Oh, nein!« rief er laut und deutlich und zog die Lippen zurück, bis die Zähne zu sehen waren. »Laßt ihn in Ruhe. Dieser Mann gehört mir!«

14. Kapitel
    Die drei Angreifer hatten sich instinktiv zurückgezogen, bevor sie noch erkannt hatten, daß ein Mann in ihre Mitte vorgedrungen war, doch sie begriffen rasch und liefen nicht sehr weit. Sie blieben, vorsichtig wie jagende Tiere, aber unerschrocken, stehen und umkreisten die Beute, ohne sich zurückzuziehen. Sie beobachteten und dachten nach und berechneten die veränderten Chancen. Zwei Männer und ein Messer, und den zweiten kannten sie so gut wie den ersten. Sie hatten einige Tage in der gleichen Enklave gewohnt und das gleiche Dormitorium und Refektorium geteilt. Sie überlegten ohne große Sorge, daß sie ebenso erkannt worden waren, wie sie ihre Opfer erkannt hatten. Das Zwielicht entstellte die Gesichter, aber ein Mann ist nicht nur an seinem Gesicht zu erkennen.
    »Ich habe es doch gesagt, oder?« knurrte Simeon Poer, indem er mit seinen Kumpanen einige Blicke wechselte, die trotz der Dunkelheit verstanden wurden. »Ich sagte doch, daß er nicht weit sein konnte. Aber egal, zwei können so flach liegen wie einer.«
    Nachdem Matthew seine Absicht und sein Recht kundgetan hatte, schwieg er. Der Baum, den sie im Rücken hatten, war so gewachsen, daß sie von hinten nicht angegriffen werden konnten. Er umrundete ihn ständig, während Bagot sich am Rand der Lichtung zeigte und ihn beobachtete. Die Räuber waren zu dritt, und der erschütterte und lahme Ciaran war für keinen der drei ein Gegner, falls es zum Kampf kam; allerdings hielt er sich mit aufgestelltem Stab am Baumstamm bereit, um mit Klauen und Zähnen um sein elendes Leben zu kämpfen, wenn es sein mußte. Matthew verzog die Lippen zu einem bitteren Lächeln, als er daran dachte, daß er für einen so großen Lebenshunger sogar noch dankbar sein mußte.
    Auf der anderen Seite des Stammes sagte Ciaran, der die Wange gegen die Borke gelegt hatte, leise: »Du wärst mir besser nicht gefolgt.«
    »Habe ich nicht geschworen, bis zum Ende bei dir zu bleiben?«
    erwiderte Matthew genauso leise. »Ich halte meine Schwüre.
    Ganz besonders diesen.«
    »Und doch hättest du dich still davonschleichen können. Jetzt sind wir beide dem Tod geweiht.«
    »Noch nicht! Und wenn du mich nicht wolltest, warum hast du mich dann gerufen?«
    Ciaran schwieg verwirrt. Er hatte nicht bemerkt, daß er einen Namen gerufen hatte.
    »Wir haben uns aneinander gewöhnt«, sagte Matthew grimmig.
    »Du beanspruchst mich, wie ich dich beanspruche. Glaubst du denn, ich überließe dich einem anderen Mann?«
    Die drei Beobachter hatten sich zu einer dunklen Gruppe gesammelt und steckten beratend die Köpfe zusammen, die Gesichter stets auf die Beute gerichtet.
    »Sie kommen gleich«, sagte Ciaran mit verzweifelter, tonloser Stimme.
    »Nein. Sie warten, bis es dunkel ist.«
    Sie hatten es nicht eilig. Sie drohten nicht, sie verschwendeten ihren Atem nicht auf Worte. Sie warteten geduldig wie Raubtiere auf den richtigen Augenblick. Sie trennten sich wortlos, verteilten sich auf der Lichtung und gingen gerade weit genug in Deckung, um eben sichtbar zu bleiben und die Opfer durch ihre Gegenwart und ihr Zögern zu beunruhigen. Gerade so, wie eine Katze reglos, erbarmungslos und aufmerksam stundenlang vor einem Mauseloch sitzen kann.
    »Ich ertrage es nicht«, flüsterte Ciaran leise und schluchzte.
    »Daran läßt sich leicht etwas ändern«, erwiderte Matthew mit zusammengebissenen Zähnen. »Du mußt nur das Kreuz vom Hals nehmen, dann bist du alle Sorgen los.«
    Das Licht verblaßte. Ihre Augen, die die düsteren Büsche absuchten, begannen Bewegungen zu sehen, wo keine waren, und strengten sich doppelt an, um von neuem getäuscht zu werden. Sie mußten nicht mehr lange warten. Die Angreifer umkreisten sie in guter Deckung und warteten darauf, daß eines ihrer Opfer nicht achtgab und in die falsche Richtung blickte. Fraglos erwarteten sie diesen Fehler zuerst von Ciaran, der schon sehr geschwächt war. Bald, sehr bald schon.
    Bruder Cadfael war etwa eine halbe Meile entfernt, als er den Schrei vor sich rechts vom Weg hörte. Es war ein lauter, wilder

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