Pilger des Zorns
Herde der Dominikaner zu Würzburg kräftig durcheinandergewirbelt hat. Dezent ausgedrückt.«
»Auf gut Deutsch: ein Mann aus den eigenen Reihen.«
»Dacapo, Magnifizenz.«
»Und wer?«
»Der Sakristan. Ein gewisser Malachias.«
»Der …?«
»… Sakristan. Du hast richtig gehört.«
Bruder Hilpert runzelte die Stirn und schwieg sich geraume Zeit aus. »Täusche ich mich, oder hast du schon einen bestimmten Verdacht?«
»Mehr noch als das.«
»Konkrete Beweise?«
»Darauf kannst du wetten.«
»Mit anderen Worten: Der Mann, nach dem du suchst, befindet sich hier an Bord.«
Berengar nickte.
»Sicher?«
Ein abermaliges Nicken.
»Jeglicher Irrtum ausgeschlossen?«
»Sag mal, denkst du vielleicht, du hast einen blutigen Anfänger vor dir?«, raunzte Berengar seinen Nebenmann an.
»Schon gut, schon gut – war ja nur eine Frage.« Bruder Hilpert schloss die Augen, knetete seinen Nacken und atmete tief durch. »Lass mich raten –«, fuhr er gedankenverloren fort, obwohl er längst wusste, von wem die Rede war. »Mittelgroß, aufgeschwemmt, Froschaugen und Jakobspilger?«
Berengar war überrascht, ließ sich jedoch nichts anmerken. »Wie ich sehe, hast du gute Vorarbeit geleistet«, lautete sein trockener Kommentar. Nicht ganz zufällig sah er dabei zum Schlafzelt hinüber.
»Und wie bist du ihm auf die Spur gekommen?«, flüsterte Bruder Hilpert, im Begriff, seine Reisetasche zu öffnen.
»Reiner Zufall«, erwiderte Berengar in gedämpftem Ton. »Beziehungsweise weiblicher Instinkt.« Und dann, mit sichtlichem Stolz: »Wäre Irmingardis nicht gewesen, hätte ich den Strolch in dem Gedränge auf dem Oberen Markt glatt übersehen. Du weißt ja, wie das ist.«
»Wenn man verlobt ist? Nein.«
»Sehr witzig!« Berengar verzog das Gesicht und zupfte an seinem Rock herum.
»Und weiter?«
»Na ja – nach einigem Hin und Her habe ich mich breitschlagen lassen, diesem Tagedieb nachzuspionieren. Der wiederum seinerseits hinter einer äußerst zwielichtigen Figur her war.« Berengar nahm einen Schluck aus dem Weinschlauch, den Bruder Hilpert aus der Tasche geholt und an ihn weitergereicht hatte. »Von Beruf Pfandleiher.«
Bruder Hilperts Miene hellte sich schlagartig auf. »Allmählich wird mir einiges klar!«, frohlockte er, nur um sich von Berengar einen Rüffel einzuhandeln.
»Noch ein bisschen lauter, und meine ganze Mühe war umsonst.«
»Gott bewahre. Und weiter?«
»Ich also nichts wie hinter diesem Galgenvogel her. Jakobspilger – muss man sich einmal vorstellen! Einerlei: Der Pfandleiher war anscheinend so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass er von der Gefahr, in der er geschwebt ist, überhaupt nichts mitbekommen hat.«
»Gefahr?«
»Und die nicht zu knapp. Dreimal darfst du raten, was die alte Vogelscheuche mit sich rumgeschleppt hat.«
»Den Erlös aus dem Verkauf des Klosterschatzes?«
»Gut geraten, Bruder«, scherzte Berengar, vom Scharfsinn des Freundes überrascht. »Zusammengerechnet 912 Gulden, 33 Kreuzer und 11 Pfennige.«
»Eine Menge Geld.«
»Darauf kannst du wetten.« Berengar gab ein verächtliches Schnauben von sich. »Jedenfalls so viel, dass man sich deswegen in die Haare kriegen kann.«
Bruder Hilpert zog die Augenbrauen hoch und lächelte. »Auf den Punkt gebracht: Nicht fähig oder willens, den Anteil an der Beute unter sich aufzuteilen, hat sich unser gemeinsamer Freund entschlossen, Tabula rasa zu machen und den ungeliebten Hökerer ins Jenseits zu befördern. Zumal die Befürchtung, sein Geschäftspartner würde sich aus dem Staub machen, nicht gänzlich von der Hand zu weisen war.«
»Bist du etwa unter die Hellseher gegangen?«, ahmte Berengar, jetzt ehrlich verblüfft, den Tonfall Hilperts nach.
»Das nun nicht gerade. Übersinnliche Kräfte sind einfach nicht mein …«
»Ding – hahaha! Um es kurz zu machen: Ich bin gerade noch rechtzeitig gekommen. Sonst wäre der Pfandleiher über den Jordan gegangen. So wie sein Köter, den dieser Hundsfott mit einer Ladung Arsen aus dem Weg geräumt hat. Überdosis. Konnte man zehn Meilen gegen den Wind riechen.«
Bruder Hilpert machte ein nachdenkliches Gesicht. »Was jedoch nichts daran ändert, dass dir der Kerl durch die Lappen gegangen ist.«
Berengar riss den Weinschlauch an sich und nahm einen kräftigen Schluck. »Allerdings!«, grollte er. »Zu meinem allergrößten Bedauern.«
»Hört sich so an, als sei dies noch nicht alles gewesen.«
»In der Tat!«, bekräftigte der Vogt mit umwölkter
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