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Pilger des Zorns

Pilger des Zorns

Titel: Pilger des Zorns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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waren.
    »Dann also lebe wohl!«, machte Berengar den Anfang, schüttelte Hilpert die Hand und umarmte ihn. Nach allem, was sie miteinander durchgemacht hatten, fiel ihm der Abschied nicht leicht.
    Hilpert ging es genauso. »Leb wohl, bester aller Freunde«, flüsterte er und ließ Berengars Umarmung eine weitere folgen. »Und du, Irmingardis, selbstverständlich auch!«
    »Mach ’ s gut, Bücherwurm – bin gespannt, ob es dir in Himmerod gefallen wird!«
    »Ubi bene, ibi patria [2] , mein Freund!«
    »Wenn dem so ist, warum bleibst du dann nicht hier?«
    »Täusche ich mich, mein Herz, oder hat es dir Hilpert nicht gerade eben gesagt?«, schaltete sich Irmingardis ein, schmiegte sich an ihren Verlobten und liebkoste seine Wange.
    »In der Tat, mein Herz.«
    Während sich die beiden umgarnten, konnte sich Bruder Hilpert eines Schmunzelns nicht erwehren. »Dann also bis bald!«, sagte er mit wehmütiger Stimme, schulterte seinen Proviantsack und drückte Berengar die Hand.
    »Bis bald, Stubenhocker, und lass von dir hören.«
    »Auf alle Fälle!«, erwiderte Hilpert, zwang sich zu einem Lächeln und steuerte auf das Fallreep zu, welches die ›Charon‹ mit dem Mainkai verband.
    »Das will ich dir auch geraten haben!«, rief ihm Berengar hinterher, schlang den Arm um die Hüfte seiner Verlobten und hob die Hand zum Gruß.
    Hilpert erwiderte ihn, drehte sich um und ging an Bord. Der Spielmann, der es sich auf der Bank hinter der Reling bequem gemacht, sich schlafend gestellt und jedes einzelne Wort mitbekommen hatte, war keinem der drei Freunde aufgefallen.
    Was Hilpert betraf, sollte sich das jedoch rasch ändern.

     
    H

     
    Bis zu dem Moment, als dieser Tollpatsch von Zisterzienser seine Pfade gekreuzt hatte, war alles wie am Schnürchen verlaufen.
    Und jetzt dies.
    Zum Davonlaufen.
    Der Jakobspilger mit den Froschaugen kochte vor Wut. Jede Wette, dass er sich mein Gesicht eingeprägt hat, dachte er und sah sich zum wiederholten Male um. Doch die Luft war rein, und er setzte seinen Weg fort.
    Für ihn, der er den Fischzug seines Lebens plante, stand eine Menge auf dem Spiel. Erst die Beute, dann untertauchen und dann, endlich, ein Leben, das er sich schon immer erträumt hatte. Ein Leben in Saus und Braus, mit Wein, Weib und Gesang. Wie pflegten die Römer doch zu sagen: »Varietas delectat! [3] «
    Doch noch war es nicht so weit. Der schwierigste Teil des Unterfangens würde noch kommen. Erst dann, nach getaner Arbeit, konnte er aufatmen. Endlich wieder einmal richtig schlafen. »Zur Hölle mit den Zisterziensern!«, grollte er, während das Mittagsläuten erklang und er sich eiligen Schrittes dem Spitaltor näherte. Die Gegend hier war nicht die allerfeinste. Lehmkaten, Schweinekot, Küchenabfälle und der Geruch von verschimmeltem Obst. Da drehte sich einem glatt der Magen um. Er jedenfalls war Besseres gewohnt. Aber das durfte er sich nicht anmerken lassen.
    Auf gar keinen Fall.
    Sein Glück, dass die beiden Stadtknechte am Tor gerade beim Würfeln waren. Sonst hätte es womöglich Ärger gegeben. Oder lästige Fragen. Doch dem war nicht so. Eben noch einmal Glück gehabt.
    Zum Haus des Pfandleihers, das sich von den Behausungen der Tagelöhner, Handlanger und Kärrner kaum unterschied, war es von hier, dem Weg in Richtung St. Afrakloster, nicht mehr weit. Wenigstens brauchte er sich jetzt in puncto Tarnung nicht mehr so viele Gedanken zu machen. Mit seinem schäbigen Rock, den noch schäbigeren Beinlingen und schlammverkrusteten Stiefeln würde er hier niemandem auffallen. Vorausgesetzt, eine Episode wie vorhin auf dem Markt würde sich nicht wiederholen.
    Als er an den Bretterverschlag klopfte, der entfernte Ähnlichkeit mit einer Tür besaß, rührte sich nichts. Die Fensterläden waren verschlossen, und jenseits der aus Lehm, Feldsteinen und Weidengeflecht zusammengestückelten Mauer war kein Laut zu hören. Er wiederholte sein Klopfen, sah sich vorsichtshalber um.
    Keine Antwort.
    Der Vogel war also ausgeflogen. Macht nichts!, tröstete er sich. Kann passieren. Schließlich hatte er einen Monat lang nichts mehr von sich hören lassen. Da musste man mit so etwas rechnen.
    Mit so etwas schon, nicht aber mir dem, was dann geschah.
    Als er das Hecheln hörte, war es bereits zu spät. Alles, was er aus dem Augenwinkel registrierte, war ein Schatten, schneller als seine Gedanken, furchterregender als der Tod. Dann kam die Bestie über ihn. Allein schon ihr Atem, eine übel riechende Mixtur aus Blutgeruch,

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