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Pilgern auf Französisch

Pilgern auf Französisch

Titel: Pilgern auf Französisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coline Serreau
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wenigstens Junge. Mein Alter ist unmöglich. Er ist jünger als du. Und er sieht besser aus.«
    »Du suchst wohl Streit?«
    »Ich stopf dir gleich das Maul!«
    Mathilde: »Also, das ist wirklich unmöglich! Hören Sie endlich auf, sich ununterbrochen zu zoffen. Das kann man doch nicht drei Monate lang aushalten!«
    Elsa: »Ja, auf die Dauer geht einem das total auf den Zeiger.«
    Guy: »Das gibt sich schon wieder, das ist nicht so schlimm.«
    Claude gießt Öl ins Feuer: »Drei Monate — das ist noch gar nichts. Ich musste die beiden sechzehn Jahre lang ertragen, aber mit sechzehn bin ich abgehauen.«
    Clara: »Allerdings, im Abhauen bist du Weltmeister, und zwar in allen Disziplinen. Frag mal deine Frau und deine Kinder.«
    Claude: »Lass meine Kinder aus dem Spiel!«
    Clara: »Du lässt sie doch aus deinem Spiel, es sei denn, um sie anzupumpen.«
    Claude: »Schnauze!«
    Clara: »Ha, das ist ja eine schwache Antwort! Streng dein alkoholgetränktes Spatzenhirn mal ein bisschen an, bevor du den Mund aufmachst.«
    Ramzi fragt Said leise, ob die beiden einen Wettkampf austragen.
    Said flüstert: »Sei still!«
    Guy: »Jetzt hören Sie doch mal auf, sich ständig gegenseitig zu provozieren, Sie sind doch keine fünfzehn mehr.«
    Pierre: »Sie hat keiner gefragt. Kümmern Sie sich ums Essen und halten Sie uns keine Moralpredigt.«
    Elsa zu Pierre: »He, he! Wie reden Sie denn mit Guy? Das ist ja wohl das Letzte!«
    Camille: »Wenn einer Guy noch mal schlecht behandelt, bekommt er es mit mir zu tun. Ich habe diese Pilgerreise doch nicht bezahlt, um mit Rassisten durch die Weltgeschichte zu ziehen.«
    Said: »Aber ich dachte, dein Onkel hat sie bezahlt?«
    Camille bleibt der Mund offen stehen.
    »Und wenn? Hast du davon krause Haare? Habe ich dich nach deiner Meinung gefragt?«
    Said: »Aber... wie redest du denn auf einmal mit mir? Ich habe davon keine krausen Haare, aber wenn du Krausköpfe nicht magst, dann brauchst du es nur zu sagen.«
    Ramzi: »Reg dich doch nich auf, sie hat’s nicht so gemeint...« Und zu Camille: »Camille, Said wollte nur sagen, dass es nicht so schlimm is, er wollte nett zu dir sein.«
    Camille: »Rassist zu sein ist nicht schlimm?«
    Guy: »Aber hier ist doch keiner ein Rassist, es ist doch alles okay.«
    Clara: »Ach ja? Hier ist keiner ein Rassist? >Kümmern Sie sich ums Essen, Kumpel< — stecken Sie das einfach so weg?«
    Guy: »Jetzt beruhigen Sie sich doch, meine Damen! Ruhen wir ein bisschen...«
    Clara: »Kommt, Mädchen, ruhen wir... Darf’s vielleicht eine kleine Schlaftablette für hysterische Jugendliche sein? Jedenfalls bringt es nichts, andere zu verteidigen, denn je mehr man für sie eintritt, desto heftiger fallen sie am Ende über einen her. Unser Monsieur Guy ist für eine konfliktfreie gesellschaftliche Integration, er will sich >assimilieren< — ja nicht auffallen! Wie eine graue Maus.«
    Guy: »Es ist sogar noch sehr viel einfacher, Madame. Ich will lediglich meine Arbeit behalten, ich habe drei Kinder zu ernähren.«
    Mathilde: »Mich müssen Sie jetzt entschuldigen. Ich ziehe mich zurück. Konflikte kann ich nur schwer aushalten.«
    Sie steht auf und geht schnell weg.
    Ramzi läuft ihr hinterher, holt sie ein und flüstert ihr zu:
    »Is doch nich so schlimm. Diese Leute sind so, weil ihre Mutter gestorben ist, vor ’nem Monat is sie gestorben. Und deshalb geht’s ihnen so schlecht. Stellen Sie sich vor, Sie täten Ihre Mutter verlieren — da würd’s Ihnen auch richtig mies gehn...«
    »Ich habe meine Mutter schon vor zwanzig Jahren verloren.«
    »Oh, das tut mir leid, ich hab nich gewusst, dass auch Sie... Oje! Vor zwanzig Jahren? Wie alt waren Sie denn damals? Das heißt doch... Sie waren noch ganz klein, als Ihre Mutter gestorben is... Oje, oje! Entschuldigen Sie, ich wollte Sie nich verletzen... Mann, was bin ich doch für’n Esel!«
    Der Wind bläst in Böen, eine dicke Gewitterwolke lässt ihre ersten warmen Tropfen fallen. Ramzi denkt an seine Mutter.

EIN PAAR TAGE SPÄTER wandern die Pilger einen Weg entlang, der von Trockensteinmauern gesäumt ist; kurzes gelbliches Gras, so weit das Auge reicht. Kein Fels, kein Baum.
    Ein jeder hängt seinen Gedanken nach, ein jeder arbeitet an seinem Leben, ohne sich dessen bewusst zu sein.
    Pierre versucht vergeblich zu telefonieren, noch immer hat er kein Netz, seine Hoffung auf ein mobiles Büro in halbwegs vernünftigen Hotels schwindet von Tag zu Tag mehr.
    Seit dem Streit beim Picknick sind Camille und Said sauer

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