Pilgern auf Französisch
Sonnenstrahlen.
Von einem überhängenden steinernen Sims aus betrachtet Claude sie melancholisch, während er sein Bierchen schlürft.
Ramzi liegt mit weit ausgestreckten Armen im Gras und lässt sich vom Klang der Kuhglocken wiegen.
Pierre: »Sie haben nicht mal auf meine Mailbox gesprochen, Robert. So geht das nicht, ich warne Sie! Sie werden mir jetzt endlich ein mobiles Büro organisieren, oder ich werde Sie... Wie?«
Elsa: »Ja, alles in Ordnung, wir sind in sehr guten Hotels untergebracht... Nein, schick mir bitte nichts, ich habe alles, was ich brauche... Nein, nicht postlagernd, wir kommen an keinen Postämtern vorbei... Nein, Maman, wenn ich es dir doch sage, ich brauche nichts, ich musste schon die Hälfte wegwerfen, weil mein Rucksack zu schwer war... Aber Maman, ich habe die ganzen Sachen gar nicht gebraucht... Solche Dinge brauche ich jetzt nicht...«
Pierre: »Ich habe diese Nachricht aber nicht bekommen, ich bin auf dem Handy nicht erreichbar, hier gibt es kein Netz, es gibt nie und nirgendwo ein Netz, wo ich bin... Und die Haushälterin hat Sie benachrichtigt? ... Hat man sie in die Klinik gebracht?«
Guy: »Warum hat man sie denn im Krankenhaus behalten? ... Bei Asthma hat man eigentlich kein Fieber... Und wo sind Coralie und Pierrot? ... Aber warum hast du sie denn bei Freds Mutter gelassen? ... Und wo ist Fred? ...Warum wohnt er bei uns? Warum ist er nicht wieder nach Hause gegangen?«
Clara: »Lucie, am Freitag lässt du deinen Bruder eine DVD ansehen, ja? ... Nein, es ist nicht dein Computer, der Computer gehört uns allen... Gut, gib mir deinen Vater... Mingo, ich will nicht, dass Lucie die ganze Zeit den Computer in Beschlag nimmt... Ja, mir geht es gut... Ja, ja, wir haben ständig Zoff, die beiden sind unmöglich... Die Etappen sind lang, mir tun die Füße weh... Hör zu, der Computer muss unbedingt... Was? Die Landschaft?... Du weißt, dass mich die Landschaft nicht interessiert, ich sehe nicht mal hin... Der Computer gehört der ganzen Familie!«
Said steht neben Camille, beunruhigt lauscht er ihrem Gespräch.
Camille: »...485230... Ja, Maman, das ist die Nummer von Ramzis Mutter... Saids Handykarte ist leer, deshalb rufe ich für ihn an. Maman, kannst du sie anrufen und ihr sagen, dass es Ramzi und Said gut geht? Aber sag ihr bitte nicht, dass ich angerufen habe... Sag ihr nur, dass du ihr das von jemandem ausrichten sollst, der dich angerufen hat, sonst nichts...«
Pierre: »Sie fahren umgehend nach Paris zurück, Robert... Das mobile Büro ist mir egal, Sie fahren jetzt auf schnellstem Weg zu ihr... Ja, sofort... Ja, und hinterlassen Sie mir eine Nachricht auf meiner Box... Sie fahren jetzt auf der Stelle los, Robert, beeilen Sie sich!«
Guy: »Also, ich muss mich um das Essen für die Gruppe kümmern, ich lege jetzt auf... Ja... Ich wünsche euch beiden auch eine gute Nacht...«
Ziemlich niederschlagen schalten Pierre und Guy ihre Handys aus.
Denise kommt mit Körben voller Essen, begleitet von ihrem Sohn, der sich in den Garten setzt und die Pilger auffordert, ihm ihre Ausweise zu bringen, damit er sie abstempeln kann. Die Pilger waschen ihre Wäsche und hängen sie auf, sie ruhen sich aus und reden über ihre Füße.
Das Thema »Füße« ist ein Muss unter Pilgern. Mit Wanderern kann man sich stundenlang über Fußprobleme unterhalten, jeder erteilt seine speziellen Ratschläge zur Fußpflege und lässt sich seinerseits absolut sichere Tricks aufschwatzen, Salben und Cremes werden ausgetauscht. Man untersucht Größe und Beschaffenheit der Blasen: Sind sie klein und gewölbt oder groß und flach, sind sie bereits geplatzt oder noch gefüllt, muss man sie aufstechen oder nicht, die abgestorbene Haut abreißen oder dranlassen, soll man Fettcreme auftragen oder gar nichts, soll man die Blasen austrocknen lassen, mit einer Nadel aufstechen oder mit der Schere aufschneiden? Die jeweiligen Experten melden sich im Brustton der Überzeugung zu Wort, denn jeder meint, er habe die unfehlbare Lösung des Problems gefunden, Tatsache ist jedoch, dass Wasserblasen auf dem Jakobsweg grundsätzlich und immer eine Plage sind.
Ein Stück entfernt sitzen Camille und Ramzi an einem der Holztische auf der Wiese. Diese Tische hat Denises Mann Pierre gezimmert. Die Bänke sind mit den Tischen verbunden — Meisterstücke ländlichen Schreinerhandwerks, solide und praktisch, robust und schön in ihrer Schlichtheit.
Camille, die sich mit Said versöhnt hat und gerührt ist angesichts
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