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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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Fotographie seiner Frau überreicht hatte.
    »Ja, meine Eltern wohnen gleich um die Ecke«, bestätigte er schniefend.
    »Können wir sonst noch irgendwas für Sie tun?«, fragte Kommissar Schauß, bevor die beiden Ermittler sich verabschiedeten, erhielt aber außer einem kurzen Kopfschütteln keine Antwort.
     
    »So ein Schwachsinn: Können wir sonst noch irgendwas für Sie tun? So eine saublöde Floskel! Als ob wir dem Mann etwas Gutes getan hätten! Den Satz hast du bestimmt von dieser völlig überflüssigen Psycho-Fortbildung, wo einem arrogante Theoretiker, die absolut keine Ahnung von der Praxis haben, allen möglichen Schrott erzählen. Können wir sonst noch irgendwas für Sie tun? Natürlich könnten wir was für ihn tun! Wir könnten dem Mann seine Frau und den Kindern ihre Mutter zurückzaubern«, grollte Tannenberg, als sie wieder in ihrem Dienstwagen saßen.
    »Ja, Wolf, wenn wir bloß zaubern könnten!«, entgegnete Michael Schauß traurig, ohne auf die Spitze seines Chefs zu reagieren. »Eltern von kleinen Kindern dürften einfach nicht sterben. Das müsste gesetzlich verboten werden!«
    Irgendwann im Laufe der von sprachloser Resignation geprägten Autofahrt schlug Tannenbergs Stimmung plötzlich radikal um. Die bleierne Apathie, die sich in den letzten Minuten wie eine alte, modrige Decke über ihn gelegt hatte, war mit einem Mal wieder verschwunden. An ihre Stelle trat ein unbändiges Hassgefühl. Abgrundtiefe Wut über einen perversen Serienmörder, der dieses junge Familienglück auf so brutale Weise zerstört hatte.
    »Los, Michael, wir lassen uns von diesem Drecksack nicht unterkriegen! Wir lassen uns von seinen Taten nicht lähmen, egal wie schrecklich sie auch sein mögen. Wir müssen den Hintern hochkriegen, sonst haben wir keine Chance gegen ihn. Denn wenn es ihm gelingt, uns mit seinen perversen Morden so zu schockieren, dass wir handlungsunfähig werden, dann hat er gewonnen.«
    »Du hast vollkommen recht, Wolf. Wie geht’s jetzt weiter?«
    »Also: Zuerst fährst du mich nach Hause, ich muss mal in Ruhe nachdenken. Außerdem brauch ich ein paar Informationen.«
    »Von deinem Vater?«
    »Quatsch, von meinem Bruder.«
    »Wieso von deinem Bruder?«
    »Wirst du nachher schon sehen. So, erste Hypothese: Es handelt sich um denselben Täter. Das bedeutet: Er hat die Frau mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder irgendwo überfallen und entführt. Also kümmerst du dich jetzt darum, dass die Kriminaltechniker alle Parkplätze und Waldwege, die auf der Joggingstrecke der Frau liegen, nach verwertbaren Spuren absuchen. Die sollen das sofort machen, wenn sie an der Weltachs fertig sind. Es liegt ja praktisch auf ihrem Weg.«
    »Okay.«
    »Und dann sagst du Geiger und Fouquet, dass sie sich um die Alibis unserer bisher Verdächtigen kümmern sollen.«
    »Auch um die der Rentner?«
    »Auch um die der Rentner«, wiederholte Tannenberg wörtlich. »Und vergiss mir ja den saarländischen Studenten nicht!«
    »Aber was hat der für eine Beziehung zu dieser Frau Müller?«, fragte Schauß skeptisch.
    »Keine Ahnung. Vielleicht entdecken wir eine, vielleicht gibt’s aber auch keine! Das ist bei dem Konopka genauso. Ich weiß ja auch nicht. Aber solange wir keinen konkreten Hauptverdächtigen haben, müssen wir eben alle Möglichkeiten in Erwägung ziehen.«
    »Okay, wird gemacht. Was sonst noch?«
    »Versuch mal was über den Mann der Toten rauszukriegen: Wie war die Ehe? Wie sieht die finanzielle Situation der Familie aus? Was ist der Mann von Beruf? Usw.« Tannenberg zog seine Stirn in Falten. »Und ganz wichtig: Frag ihn, ob er oder seine Frau diese Elvira Kannegießer gekannt haben. Das soll der Geiger auch mit den anderen machen.«
    »Du meinst: Nachfragen, ob den Personen aus dem Umfeld von Frau Kannegießer diese Jutta Müller bekannt ist«, testete Kommissar Schauß seine Verständnisfähigkeit.
    »Genau! Und vergiss die beste Freundin nicht, die vom Liegenschaftsamt! Du hast ja das Foto eingesteckt?«
    »Sicher«, entgegnete der junge Kriminalbeamte, griff in seine Brusttasche und legte das Bild direkt vor Tannenberg auf das Armaturenbrett.
    Die Abbildung zeigte einen unbeschwerten, fröhlichen Menschen, der bestimmt keiner Fliege ein Leid zufügen konnte. Warum musste diese Frau sterben? Warum genau diese? Wählte der Mörder seine Opfer willkürlich aus? Oder gab es eine Verbindung zwischen den beiden Frauen? Tannenbergs Augen waren so sehr auf das Farbfoto fixiert, dass er zunächst gar nicht

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