Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall
›SOKO‹ bedeutet: Keine eigenmächtigen Ermittlungen – und viele, viele Überstunden! Schauß oder ich werden über alle eure Schritte informiert. Wir treffen uns hier jeden Tag, natürlich auch am Wochenende, immer um 13 Uhr. Wenn jemand aus dringenden Gründen den Termin nicht wahrnehmen kann, sagt er uns vorher Bescheid. Und vergesst mir ja nicht, Berichte zu schreiben. Ihr wisst, dass ich selbst mit dem lästigen Schreibkram meine Probleme habe. Aber bei diesem Fall müssen wir uns strikt an die Anweisungen Hollerbachs halten, schließlich ist das LKA im Haus und die Presse wird uns bestimmt auch mords Dampf machen. Gibt’s irgendwelche wichtige Fragen?«
Tannenberg schaute sich um und wartete noch einen Moment, bis er fortfuhr: »Nein? Gut, dann legen wir sofort los. Geiger, wart ihr im Krankenhaus bei diesem Ehepaar, das die Tote auf der Weltachs gefunden hat?«
»Sicher, Chef, haben wir selbstverständlich direkt erledigt. Die haben nichts Ungewöhnliches bemerkt. Die sind vom Stall aus den Weg zur Weltachs hochgewandert und haben dort oben die Frau gefunden.«
»Okay, Geiger«, sagte Tannenberg. »Fouquet, wie sieht die Sache mit unseren bisherigen Verdächtigen aus? Haben die Alibis für die Tatzeit? Und habt ihr den Leuten das Foto dieser Jutta Müller gezeigt?«
»Also, wir waren zuerst bei den beiden Rentnern, die wohnen ja direkt nebeneinander. Die waren gemeinsam bis spät in der Nacht in einer Kneipe Kartenspielen. Die Zeugen dafür müssen wir aber noch befragen, weil …«
»Gut, das kann der Kollege Wrenger machen«, warf Tannenberg abrupt dazwischen. »Weiter!«
»Die beiden Männer kennen die zweite Tote angeblich nicht; noch nie gesehen, sagen sie«, setzte Fouquet seinen Vortrag fort.
»Und was ist mit Konopka und dem Studenten?«
»Der Student war mit Freunden bei einem Rockkonzert in der Jahrhunderthalle in Frankfurt.«
»Zeugen konnten wir da aber auch noch nicht befragen«, ergänzte Geiger.
»Job für dich, Susi.«
»Okay, Tannenberg.«
»Weiter, Geiger!«
»Nichts weiter, Chef. Die Frau Schneider, also die Freundin der ersten Toten, haben wir noch nicht erreicht.«
»Und den Konopka?«
»Den hatten wir zu Hause angerufen, aber der hat uns gebeten, bei ihm im Geschäft vorbeizukommen. Und das wollten wir nachher machen.«
»Gut, dann macht das mit der Frau Schneider der Meier III.«
Der Angesprochene reagierte nicht. Er schien sich geistig gerade mit anderen Dingen zu beschäftigen.
»Was’n los mit dir, Meier III? Schläfst du jetzt etwa schon am helllichten Tag?«
»Entschuldige, Tannenberg, aber unser Kleiner bekommt gerade Zähne. Ich hab heute Nacht kaum ein Auge zugemacht.«
Anscheinend war damit die Sache für den Leiter der SOKO ›Pilze‹ erledigt, denn er wandte sich ohne einen weiteren Kommentar abzugeben an einen anderen Mitarbeiter: »Geiger, du fährst dann nach dem Lokaltermin mit Fouquet zusammen zu Konopka.«
»Nach welchem Lokaltermin?«, fragte Geiger erstaunt.
»Ach, das hab ich dir ja noch gar nicht gesagt.« Tannenberg grinste über das ganze Gesicht: »Du spielst nachher die Leiche!«
»Was? Wieso spiel ich nachher die Leiche?«
»Weil wir, wenn wir mit der Besprechung hier fertig sind, gemeinsam zum Stall hochfahren. Da legen wir dich in den Kofferraum und dann schleift dich der Kollege Schauß zur Weltachs hoch.«
»Was? Wieso ich?«
Geiger wollte oder konnte anscheinend nicht begreifen, was da auf ihn zukam.
»Weil du der einzige hier im Raum bist, der eine ähnliche Körpergröße hat wie die beiden Frauen«, erläuterte Tannenberg.
»Nein, ich will nicht. Warum nehmen Sie nicht die Susi Rimmel?«
»Denk mal scharf nach, Geiger! Warum wohl kann ich für diese Sache die Susi nicht nehmen?«
»Keine Ahnung.«
»Ganz einfach: Weil wir dann Ärger mit der Frauenbeauftragten bekämen.«
»Ist mir doch egal. Ich bin doch nicht verrückt! Wenn ich dort oben angekommen bin, sehen meine Fersen genauso aus wie die der Toten.«
»Geiger, du weißt doch, wie lieb wir dich alle haben und dass wir nicht wollen, dass dir im Dienst auch nur ein Haar gekrümmt wird. Deshalb hab ich den Kollegen Mertel um Amtshilfe gebeten.«
Wie verabredet erhob sich der Kriminaltechniker von seinem Stuhl, öffnete eine mitgebrachte Plastiktüte und zauberte zwei lederne Überschuhe hervor, die an den Fersen mit Blechkappen versehen waren. »Das hab ich dir auf die Schnelle zusammengeschustert. Damit kannst du dich eine Woche lang über Schotter ziehen
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