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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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lassen. Apropos Schotter, Kollege Tannenberg. Um deine nächste Frage gleich zu beantworten: Wegen dieses verfluchten Schotters haben wir keine Reifenabdrücke gefunden. Auch sonst nichts. Bis auf die fehlenden Reifenspuren ist alles ganz genau wie am Pfaffenbrunnen.«
    »Außer, dass es zwei verschiedene Frauen sind«, ergänzte Fouquet scharfsinnig.
    Plötzlich klopfte es an der verschlossenen Tür des Konferenzzimmers. Schauß öffnete. Davor stand Petra Flockerzie mit Tannenbergs Neffen.
    »Tobi, was willst du denn hier?«, fragte der Leiter des K 1 verblüfft.
    »Onkel Wolf, die Oma hat mich hergeschickt. Ich soll dir das hier geben. Und zwar nur dir. Das wär megawichtig«, sagte Tobias schnell, überreichte Tannenberg ein zugeklebtes, aber völlig unbeschriftetes, braunes DIN-A- 4-Kuvert und verschwand, noch bevor sich sein Onkel bei ihm bedanken konnte.
    Tannenberg setzte sich, riss ein kleines Dreieck aus der Versandtasche, zwängte seinen Zeigefinger hinein und zog ihn mit Gewalt bis zum anderen Ende. Mit fahrigen Händen drückte er die Seitenteile auseinander.
    »Wolf, warte!«, schrie plötzlich Karl Mertel und hechtete wie ein jagender Panter los. »Lass bloß die Finger weg. Egal, was du findest, es muss hier rein in die Tüte.«
    »Vorsicht! Vielleicht ist das eine Briefbombe!«, schrie Geiger hysterisch und begab sich hinter seinen Stuhl in Deckung.
    »Idiot!«, war alles, was Schauß zum Verhalten seines Kollegen einfiel.
    Der Leiter der SOKO hielt abrupt inne und wartete, bis der Kriminaltechniker eine große Pinzette gezückt hatte, die er vorsichtig in die braune Versandhülle schob. Gespannt verfolgten die anwesenden Kriminalbeamten, die sich inzwischen alle erhoben und im Halbkreis um Tannenberg herum postiert hatten, die behutsamen Aktivitäten ihres Kollegen.
    Kurze Zeit später präsentierte Mertel seinen Fund auf dem Tisch: Es handelte sich um eine Jugendherbergskarte, auf deren Vorderseite ein Hexenpilz abgebildet war. Neben der Adresse Tannenbergs, einer Briefmarke und dem Poststempel mit der Aufschrift ›Briefzentrum Ludwigshafen‹ war auf der anderen Seite der Karte wieder ein Gedicht abgedruckt:
     
    Der Junimond die Lichtung küsst,
    Der Eichenwald die Blätter hisst,
    Die Heidelbeere blau erstrahlt,
    Der Tag mit Überlänge prahlt.
     
    Da sprießt auch gern der Hexenpilz.
     
    Erst dick mit süßem kleinem Bauch,
    Bald schlank in Keulenart gestreckt.
    Kein Schutz von irgendeinem Strauch,
    Hat Sammler ihn gar bald entdeckt.
    Zartgelbes Fleisch wie Rosenkohl,
    Schnell dunkelblau nach tiefem Schnitt.
    Das Mahl wird leicht zum Höllenritt,
    Reicht man dazu viel Alkohol.
     
    Schließt sich schon bald der Hexen Kreis?
    Die Antwort nur der Satan weiß!
    Der Frauen Tod ist Liebesfron –
    Es schreitet fort die Pilzsaison.
     
    Während der ganzen Aufregung hatten sich der Oberstaatsanwalt und seine neue Mitarbeiterin nahezu unbemerkt in den Besprechungsraum geschlichen. Dr. Hollerbach ergriff sofort die Initiative und nahm die mit der Plastiktüte umhüllte Ansichtskarte an sich.
    »Was soll denn das, Hollerbach?«, fragte Tannenberg entrüstet.
    »Für Sie immer noch Dr. Hollerbach! Das ist ja interessant: Die ist ja direkt an Kriminalhauptkommissar Tannenberg adressiert. Ob er es jetzt wohl auf Sie abgesehen hat? Diese und die hoffentlich noch in den Akten befindliche erste Postkarte werden sofort zum LKA geschickt. Wir haben gerade eben mit den Kollegen dort telefoniert. Deswegen haben wir uns auch etwas verspätet. Man ist an höherer Stelle sehr ungehalten über den ausbleibenden Ermittlungserfolg. Die Sache hat inzwischen auch politische Dimensionen erreicht. Der Innenminister ist wegen der Verunsicherung der Bevölkerung sehr besorgt und will unbedingt Ermittlungserfolge sehen. Deshalb wurden gestern bereits die Leichname der beiden Mordopfer in die Gerichtsmedizin nach Mainz verbracht. Das Gleiche geschieht nun auch mit den Asservaten unserer Kriminaltechnik nebst der beiden Ansichtskarten. – Alle Klarheiten beseitigt?«, fragte Dr. Hollerbach und verließ mit der Profilerin den Raum genauso plötzlich und unauffällig, wie die beiden erschienen waren.
    »Der spinnt wohl«, sagte Tannenberg fassungslos.
    Alle waren geschockt.
    Mertel durchbrach als Erster die dicke Kerkermauer aus Wut, Apathie und Resignation. »Als Erstes kopiere ich mal diese neue Ansichtskarte für jeden von uns und dann schau ich nochmal nach, ob ich auch wirklich alles über die Asservate aufgeschrieben

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