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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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nein? Wollen Sie sich etwa weigern?«, fragte Schauß verblüfft.
    »Nein.«
    »Jetzt reden Sie doch mal Klartext, Herr Müller!«, forderte Tannenberg, der ebenfalls die beharrliche Verweigerung ihres Gesprächspartners nicht zu deuten vermochte.
    »Den Test können Sie sich sparen! Ich habe mich vor zwei Jahren nach der Geburt unseres dritten Kindes auf Drängen meiner Frau sterilisieren lassen.«

9
    Inzwischen hatte sich auch die Rheinpfalz der mysteriösen Mordserie redaktionell angenommen. Die Titelseite des Lokalteils erinnerte eher an ein Heimatkundebuch als an eine Tageszeitung, die großen Farbfotos des Pfaffenbrunnens und der Weltachs hätten auch gut in eine touristische Werbebroschüre gepasst. Natürlich durften auch die obligatorischen Politiker- und Honoratiorenstatements und die in der Fußgängerzone durchgeführten Passantenbefragungen nicht fehlen.
    Die Bildzeitung dagegen schien ihr Interesse an dem so genannten ›Schlitzer‹ vollständig verloren zu haben.
    Das war auch nicht weiter verwunderlich, musste sie doch den Bedürfnissen der Bevölkerung hinsichtlich einer objektiven Berichterstattung über ein weitaus wichtigeres globales Ereignis gerecht werden. Schließlich hatte die deutsche Nationalmannschaft entgegen aller Erwartungen und nur mit Hilfe großzügigen fußballgöttlichen Beistandes das WM-Endspiel erreicht. Und da konzentrierte sich verständlicherweise das zu befriedigende öffentliche Interesse weit mehr auf die Frage, welche Kaugummisorte Oliver Kahn bevorzugt, als auf die tagesaktuellen Ereignisse eines provinziellen Kriminalfalls, zumal die unfähigen Ermittler sowieso noch keinen Hauptverdächtigen präsentieren konnten.
    Tannenberg legte die Zeitung zur Seite, nahm die letzten Bestellungen seiner Mutter entgegen, schnappte seinen Rucksack und verabschiedete sich in Richtung Wochenmarkt.
    Als er von der Beethovenstraße kommend in die Eisenbahnstraße einbog und bereits von weitem den aus großen, mehrfarbigen Marktschirmen zusammengesetzten bunten Flickerlteppich sah, gewann er zunächst den Eindruck, dass sich trotz der dramatischen Ereignisse der letzten Zeit am Erscheinungsbild der Innenstadt nichts Wesentliches verändert hatte.
    Dass es sich bei dieser spontanen Einschätzung wohl eher um Tannenbergsches Wunschdenken als um eine realistische Bestandsaufnahme handelte, wurde ihm spätestens dann bewusst, als er vor einem eher unscheinbaren Waffengeschäft, das er sonst nur am Rande wahrgenommen hatte, eine große Menschentraube erblickte, deren rechte Ausbuchtung weit in die Straße hineinragte und deshalb an dieser Stelle zu einer Behinderung des Autoverkehrs führte.
    Interessiert begab er sich zu der aufgebrachten, laut miteinander debattierenden Bürgeransammlung. Als sich Tannenberg ein wenig nach vorne gedrängt hatte, begriff er sehr schnell, um was es hier ging – um die persönliche Sicherheit. Den beiden Verkäufern wurde förmlich alles aus den Händen gerissen, was man, ohne einen Waffenschein vorweisen zu müssen, irgendwie zum Selbstschutz verwenden konnte: Gas- und Schreckschusspistolen, Elektroschocker, Messer, Gummiknüppel usw.
    Kopfschüttelnd verließ Tannenberg die hysterischen Menschen und strebte seinem ersten Einkaufsziel zu. Er mochte es kaum glauben, aber selbst sein Drogeriemarkt hatte auf dem Bürgersteig einen Straßenverkaufsstand eingerichtet, an dem zwei Frauen Tränengas-Sprays verkauften.
     Als sich die automatische Drehtür vor ihm öffnete, ertappte er sich dabei, wie er sich gerade die Frage stellte, ob er seine Dienstwaffe mit sich führte.
    Die dringenden Besorgungen hatte er schnell erledigt und sich dann pflichtbewusst an der Kasse in die lange Schlange der Wartenden eingereiht. Aber wie so oft, wenn er sich zwangsweise in Einkaufsmärkten aufhielt, hatte er wieder einmal Pech. Zwar musste heute weder die Papierrolle gewechselt werden, noch hatte jemand nicht genügend Geld dabei, noch versagte eine EC-Karte ihren Dienst. Doch als er endlich an der Reihe war und seine Sachen auf das Förderband legen konnte, wurde die Dienst habende Kassiererin abgelöst. Es war schon frustrierend genug, mit ansehen zu müssen, wie lange es dauerte, bis sich die eine aus dem engen Sitz herausgequetscht und die andere hineingezwängt und ihre Kassenbox eingelegt hatte.
    Aber das war nicht das Entscheidende. Viel deprimierender war die Tatsache, dass die nette junge Kassiererin durch Tannenbergs spezielle Freundin, eine aggressive alte

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