Pinguin Mord
durchquerte. Ulbricht wollte nur noch ins
Bett.
»Eins
noch«, sagte er, als er die Hand schon auf der Türklinke
liegen hatte, »unterstehen Sie sich, mich aus dem Bett zu
klingeln, wenn Sie keine heiße Spur haben!«
»Klar,
Chef.« Heinrichs sprang von seinem Stuhl auf und schlug
beinahe militärisch die Hacken zusammen.
Einfach
lächerlich, dachte Ulbricht noch, dann war er draußen.
Er hoffte, dass er keinem Kollegen über den Weg lief, der
dumme Fragen stellte. Er fühlte sich vollkommen leer. Auf dem
Weg zum Auto fragte er sich, ob das an seinem Alter lag. Sein Bett
rief nach ihm.
7
Freitag, 16:15 Uhr,
Berlin Alexanderplatz
»Wann kommst du
endlich zurück?«
Heike Göbel
musste unwillkürlich lachen, als sie den bettelnden Unterton
in der Stimme ihres Freundes und Kollegen Stefan Seiler
heraushörte. Sie nippte an ihrem Latte macchiato und blickte
sich um. Die junge Reporterin mit den kurzen blonden Haaren
saß in einem Straßencafe direkt am Alexanderplatz und
genoss die Nachmittagssonne. Die Weltuhr in ihrem Rücken
zeigte sechzehn Uhr fünfzehn - Berliner Ortszeit, wohlgemerkt.
Am Alex herrschte reges Treiben.
»Ich muss nur
noch kurz in der Redaktion vorbei und meine persönlichen
Sachen in einem Pappkarton verstauen«, antwortete Heike
schließlich. »Danach springe ich in ein Taxi und
düse so schnell wie möglich zum Flughafen Tempelhof und
nehme den nächsten Flieger nach
Düsseldorf.«
»Worauf wartest
du noch?«, entgegnete Stefan am anderen Ende der Leitung.
»Komm endlich nach Hause, wir brauchen dich hier!«
Lächelnd lehnte sich Heike in den Rattansessel des
Straßencafes zurück und betrachtete die Menschen um sich
herum. Bunt gekleidete Touristen gesellten sich zu adrett
gekleideten Geschäftsleuten, die, mit den neuesten Handys am
Ohr, Termine mit ihren Geschäftspartnern vereinbarten.
Juppiewelt live, dachte Heike und erinnerte sich, dass sie selber
gerade telefonierte.
»Wer weiß,
vielleicht braucht man mich hier in der Hauptstadt
auch.«
»Heißt
das, du bleibst doch noch im Hauptstadt-Studio?«
»Vielleicht
werde ich auch von einem netten jungen Mann gebraucht, den ich hier
kennengelernt habe«, pokerte Heike mit einem schelmischen
Grinsen.
»Das tut weh,
Heike.«
»War nur ein
Scherz«, beeilte sie sich zu sagen.
»Wir brauchen
dich hier. Das Studio, der Sender, das ganze Team der
Wupperwelle.«
»Und wer
noch?«
»Ich«, kam
es etwas kleinlaut. »Ich warte am allersehnsüchtigsten
auf dich, Heike.«
Heike hatte die
letzten zwei Jahre im Hauptstadt-Studio der Wupperwelle in Berlin
verbracht. Von dort aus berichteten Korrespondenten der Lokalradios
ins ganze Land. In diesen zwei Jahren war sie nur selten nach
Wuppertal gefahren. Entsprechend selten hatte sie Stefan gesehen.
Inzwischen spürte sie aber auch so etwas wie Heimweh und
Sehnsucht nach Stefan Seiler. Neben der Tatsache, dass Stefan ein
guter Kollege war und die beiden eine Freundschaft verband, waren
sie in den letzten Jahren so etwas wie ein Paar geworden. Dennoch
hätte niemand von ihnen jemals behauptet, dass sie wirklich
zusammen wären. Die lange Trennung wegen ihres Aufenthalts in
Berlin hatte ihr Übriges getan. Irgendwie brauchten beide ihre
Privatsphäre, mussten trotz allem eigene Wege gehen
können.
»Hey, du bist
manchmal richtig süß, Stefan«, sagte Heike
nun.
»Manchmal?«
»Na ja - fast
immer«, lachte sie.
»Also - wann
kannst du hier sein?«
Heike leerte ihr Glas
und leckte sich genießerisch über die Lippen.
»Sobald ich hier
bezahlt habe und alles andere erledigt ist. Sagen wir, so in vier,
fünf Stunden?« Sie glaubte zu hören, wie Stefan am
anderen Ende der Leitung ein zentnerschwerer Stein vom Herzen
fiel.
»Das ist doch
mal ein Wort«, freute er sich. »Halt mich auf dem
Laufenden, dann hol ich dich vom Flughafen ab.«
»Schön, ich
freu mich. Dann bis später!«
Sie drückte den
roten Knopf an ihrem Handy und unterbrach die Verbindung. Die
blonde Reporterin winkte der Bedienung und beglich die Rechnung,
bevor sie sich erhob. Die Spitze des Fernsehturmes glänzte in
der Sonne, als sie zum Bahnhof Zoo schlenderte. Bald schon
saß sie im Zug. Heike atmete tief durch, als die teils
futuristischen Häuser der Hauptstadt an ihr
vorüberflogen. Sie sank seufzend in die Polster der Bahn und
schloss die Augen. Ja, es war an der Zeit, zurück nach
Wuppertal zu kommen. Sie sehnte sich nach der Stadt im engen Tal
der Wupper, die ihre Schönheiten oft erst auf den zweiten
Blick
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