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Pinguin Mord

Pinguin Mord

Titel: Pinguin Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Gesichtsausdruck.

21
    Samstag, 17:15 Uhr,
Briller Viertel
    Eine verdammt vornehme
Wohngegend, dachte Ulbricht, als er den dezent lackierten
Dienstwagen unter einem der Schatten spendenden Kastanienbäume
parkte. Nachdem er die Wagentür verschlossen hatte, verharrte
er kurz und sog die Luft duch die Nase ein. Von weitem hörte
man den Lärm der Autobahn als ein leises Rauschen. Ulbricht
blickte sich um und bewunderte die eleganten Patrizierhäuser
und prachtvollen Villen. Einst hatten hier reiche Fabrikanten am
Rande von Wuppertal gelebt, die sich zu vornehm waren, um mit den
Arbeitern in einem Viertel zu leben. Deshalb hatten sich die
Fabrikanten zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf den Nützenberg
zurückgezogen. Einst in Randlage, befand sich das Briller
Viertel heute durch das Wachstum der Stadt inzwischen fast schon in
Elberfelder Zentrumsnähe. Die Reichen waren teilweise
weggezogen, ihre Villen zu Mehrfamilienhäusern umgebaut
worden. Nur noch vereinzelte Villen waren im Besitz wohlhabender
Mitbürger.
    Nachdem die
Spurensicherung im Stadion ihre Arbeit aufgenommen hatte, war auch
Heinrichs auf der Bildfläche erschienen und hatte die
Ermittlungen an sich gerissen. Ulbricht konnte das nur recht sein,
denn Stefan Seiler, dieser umtriebige Radioreporter, hatte eine
Bemerkung gemacht und damit seine schlimmsten Vermutungen
ausgesprochen. Vermutlich hatte es jemand auf die High Society der
Stadt abgesehen. Das Köpfen der Plastikpinguine konnte er nun
als Vorwarnung verstehen oder nur als einen Dummejungenstreich, der
zufällig stattgefunden hatte. Doch Ulbricht wollte nichts mehr
riskieren. Und da der Pinguin der Spedition Wittwer geköpft
worden war, befand sich sein Besitzer in Lebensgefahr.
    Vom Stadion aus hatte
es kaum zehn Autominuten gedauert, bis Ulbricht das Briller Viertel
erreicht hatte. Hier wohnte der steinreiche Unternehmer Karl
Wittwer in einem der alten Herrenhäuser. Dass er ihn am
frühen Samstagabend in der Spedition am Hölker Feld
antraf, war recht unwahrscheinlich, und so hatte Ulbricht sich zu
seiner Privatadresse aufgemacht. Der Kommissar ging auf die
mondäne Villa zu. Es gab einen kleinen, aber sorgsam
gepflegten Vorgarten mit penibel gestutztem englischen Rasen. Zwei
Lärchen spendeten Schatten. Eine breite Treppe mit drei Stufen
führte hinauf zum Portal. Ulbricht schritt die breiten Stufen
hinauf und legte seinen Finger auf den goldglänzenden
Klingelknopf. Drinnen ertönte dumpf ein Gong.
»Wittwer« stand auf dem messingfarbenen Schild neben
der Klingel. Kurz darauf näherten sich Schritte, und die
Tür wurde geöffnet. Eine Frau mittleren Alters mit
schulterlangen roten Haaren öffnete die Tür. Heller
Hauttyp, eher unscheinbar, aber sehr hübsch, wie Ulbricht
fand. Unauffällig glitt sein Blick an ihr herab. Obwohl sie
ein geblümtes Sommerkleid trug, ging etwas Bedrücktes von
ihr aus. Sie war dezent geschminkt und wirkte trotzdem
blass.
    »Ja
bitte?«
    Kommissar Verdammt
zückte seinen Dienstausweis. »Kriminalpolizei, mein Name
ist Ulbricht. Ich möchte Karl Wittwer
sprechen.«
    »Kripo?«
Die Frau errötete und betrachtete Ulbrichts Dienstausweis.
Ihre Hände begannen zu zittern, und sie warf irritierte Blicke
über Ulbrichts Schultern, fast so, als hätte sie Angst
davor, dass die Nachbarn sie beobachten würden. Der Kommissar
war solche Reaktionen auf seine Hausbesuche gewohnt und ging nicht
darauf ein. Er setzte ein unverbindliches Lächeln auf.
»Sie müssen keine Angst haben, es ist nichts
geschehen. Es handelt sich lediglich um eine
Präventivmaßnahme, wenn Sie so wollen. Es dauert auch
nicht lange. Frau Wittwer, nehme ich an?« Um ein Haar
hätte er die junge Frau für Wittwers Tochter gehalten. Im
letzten Moment hatte er den goldenen Ehering an ihrer rechten Hand
bemerkt und seine Schlüsse gezogen. Sie war sicherlich zwanzig
Jahre jünger als Karl Wittwer, und kurz überlegte
Ulbricht, ob sie ihn wohl nur wegen seines Vermögens
geheiratet haben könnte.
    »Jessica
Wittwer, ja. Kommen Sie herein.« Die Frau gab den Eingang
frei und führte ihn durch die Halle, die von einer dunklen
Holztäfelung beherrscht wurde, in ein riesiges
lichtdurchflutetes Wohnzimmer. Im Haus herrschte eine angenehme
Kühle. Die Decken waren hoch und stuckverziert, das Mobiliar
strahlte eine kalte Eleganz aus. Ulbricht schätzte, dass
allein das Wohnzimmer die gleiche Quadratmeterzahl wie seine ganze
Mietwohnung in Barmen besaß.
    »Ich hätte
gern Karl Wittwer gesprochen«, wiederholte er

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