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Pinguin Mord

Pinguin Mord

Titel: Pinguin Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Die
Eiswürfel klimperten im Glas, als sie es zu den Lippen
führte. Jetzt fühlte sie sich noch einsamer als zuvor in
der großen, leeren Villa. Natürlich, sie liebte Karl.
Und sie war stolz, mit ihm einen wohlhabenden
Mann geheiratet zu haben. Und dennoch war ihre Liebe schon lange
nicht mehr das, was sie einmal gewesen war. Der Alltag hatte sich
in ihre Beziehung eingeschlichen. Karl arbeitete oft bis spät
in die Nacht, und wenn er dann nach Hause kam, war er mürrisch
und müde. Schon lange redeten sie kaum noch miteinander, nicht
so wie früher, als sie nächtelang bei einer guten Flasche
Wein beisammengesessen und über Gott und die Welt geplaudert
hatten. Er hatte sich verändert. Natürlich - sie genoss
das luxuriöse Leben, das er ihr bieten konnte. Trotzdem
fühlte sie sich in letzter Zeit einsam und
vernachlässigt. War es richtig, sich das, was sie bei Karl
vermisste, bei einem anderen Mann zu suchen? Wohl kaum. Sie nahm
sich vor, mit ihm zu reden, sobald er zurück in der Stadt war.
So konnte es nicht weitergehen, dachte sie verbittert und leerte
das Glas in einem Zug, um es sofort neu zu
befüllen.

22
    Samstag, 23:20 Uhr, An
der Bergbahn
    Er hasste es, in der
Öffentlichkeit zu stehen. Und morgen würde er
unweigerlich im Blickpunkt der Öffentlichkeit sein. Der
Polizeipräsident hatte für morgen Nachmittag eine
Pressekonferenz wegen des ermordeten WFC-Präsidenten
anberaumt. Die Mediengeier warteten schon auf Neuigkeiten. Und da
er die Ermittlungen in den Mordfällen Kötter und Plunger
leitete, würde er dem verdammten Journalistenpack Rede und
Antwort stehen müssen. Morgen. Noch ein paar Stunden, um
Kräfte zu sammeln. Er atmete tief durch und versuchte die laue
Nachtluft zu genießen. Ulbricht lehnte sich an die eiserne
Balkonbrüstung und blickte hinunter auf die verlassen
daliegende Straße, während er nachdenklich an seiner
Zigarette zog. In der rechten Hand hielt er eine Dose Bier. Er nahm
einen tiefen Schluck und rülpste - viel zu laut für diese
Uhrzeit. Grinsend zog er sich in den Schatten seines Balkons
zurück. Ein peinlicher Fauxpas, wie er sich eingestehen
musste. Erst als er feststellte, dass keiner der Nachbarn seinen
Rülpser vernommen hatte, lehnte er sich
wieder über die Brüstung. Unten schlenderte ein junges
Paar eng umschlungen die steile Straße hinauf in Richtung
Barmer Anlagen. Von 1894 an war hier einst die Bergbahn zwischen
der Straße Am Clef bis hinauf zum Toelleturm gefahren. Obwohl
sie seinerzeit als erste elektrische zweigleisige Zahnradbahn
weltweit eine Sensation gewesen war, hatte man ihren Betrieb aus
wirtschaftlichen Gründen 1959 eingestellt, trotz des Protestes
zahlloser Bürger.
    Die junge Frau
stützte ihren Freund, der scheinbar viel zu tief ins Glas
geschaut hatte. Ulbricht dachte unwillkürlich an früher.
Immer wenn er an der Zigarette sog, leuchtete die Spitze des
Glimmstängels tiefrot auf und tauchte sein unrasiertes Gesicht
in ein rotes Zwielicht. Der Rauch stieg zum sternenklaren
Nachthimmel über Barmen auf. So langsam wurde es Zeit, an die
Pensionierung zu denken. Und was hatte er in seinem Leben erreicht?
Eine Karriere bei der Polizei, gut. Ein selbstironisches
Lächeln huschte um seine Mundwinkel. Damals, mit Birgit, war
die Welt noch in Ordnung gewesen. Sie waren frisch verliebt; alle
Freunde hatten das junge Paar beneidet. Ständig waren sie
überall gemeinsam aufgetaucht, immer mit einem verliebten
Lächeln auf den Lippen, stets händchenhaltend. Und wie
verrückt sie damals aufeinander gewesen waren. In den
Achtzigern hatten sie jede Kneipe und jede Disco besucht. Egal ob
in den Discotheken Tiffany’s oder Elate, egal ob Café
Hund oder Tanzschule Fern - überall hatten sie es getrieben.
Selbst in der Toilette der Discothek Blue Note an der Klotzbahn.
Dieser Schuppen mit der schwulen Einrichtung. Sie hatten ihre
Umwelt vergessen und nur Augen füreinander gehabt. Doch zu oft
waren die beiden hart in die Realität zurückgeholt
worden. Immer dann, wenn sein Job rief. Bis es Birgit zu bunt
wurde. Er war ständig zum Dienst gerufen worden, wenn es in
der Stadt ein Tötungsdelikt gegeben hatte. Tag und Nacht, egal
ob in der Woche oder am Wochenende. Richtig Feierabend hatte er nie
gehabt. Birgit hatte ihn wild beschimpft.
    »Du bist
verheiratet mit deinem Job, bist ein mieser Scheißbulle durch
und durch. Warum vögelst du eigentlich noch mit
mir?«
    Einmal waren sie wegen
ihrer Auseinandersetzungen sogar aus dem Dudelsack am Alten

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