Pinguine lieben nur einmal
Tag und so weiter.
»Warum hast du Pia nicht gesagt, dass die Chancen im Moment eher schlecht stehen und du morgen wohl kaum zum Weihnachtskaffeekränzchen bei Janoschs Family auftauchen wirst? Sie hat dir immerhin eine Steilvorlage geliefert.«
»Weil ich ihr dann einen vorgeheult hätte. Ich kann momentan ja kaum Janoschs Namen aussprechen, ohne zu flennen. Wie hätte ich ihr erklären sollen, dass er mitmir Schluss gemacht hat und warum und wie und wo und warum und wann und… Sagte ich warum schon?«
Ich weiß ganz genau, dass Pia das Warum so gar nicht verstanden hätte, schließlich hatte sie mich bereits komplett integriert. Zu Janosch hat sie mal gesagt, er solle mich doch bitte möglichst schnell heiraten. Insgeheim habe ich daraus geschlossen, dass sie mich sympathischer findet als Karo. Wobei ich natürlich nicht weiß, ob sie vor mir auch schon Karo Sieben zur Schwägerin haben wollte. Allerdings war Karo eine von den wenigenFreunden, die an ihrer Hochzeit anwesend waren. Das spricht dafür, dass Pia, wie auch Simon, Karo für einen supernetten, sonnenscheinmäßig tollen Menschen hält. Was finden bloß alle an ihr? Was macht sie so besonders?
»Ich glaube immer noch nicht, dass Janosch wirklich mit dir Schluss gemacht hat. Ihr habt euch einfach nur gestritten.«
Ich sehe Sophie bitter von der Seite an. Genau so wird es sein. Bloß gestritten. Ich persönlich finde ja, dass der Satz »Vielleicht sollten wir es lieber lassen« nicht allzu viel Raum für Interpretationen lässt. Nun gut. Sophie stuft diesen Satz also lediglich als Streit ein. Vielleicht auch die Tatsache, dass wir eine Woche nichts voneinander gehört haben. Für mich ist das bereits ein sehr mutierter Streit.
»Er hat sich von mir getrennt, Sophie, das spüre ich. Ich weiß vielleicht nicht, was Darwin-Finken sind und ob es im Islam Heilige gibt, aber ich weiß, dass Janosch sich von mir getrennt hat.« Mir kommen die Tränen.
Wie viele Tränen kann ein einzelner Mensch eigentlich produzieren? Ich müsste längst vollständig dehydriert sein. Doch nein– mein Kreislauf arbeitet brav weiter, nicht mal ohnmächtig werden lässt er mich. Aber nach zwanzig Metern Jogging immer gleich schlappmachen, typisch…
Ich drücke ungefragt an Sophies Autoradio herum und wechsele den Sender.
» HEY ! Lass das! Das war Männer von Herbert Grönemeyer. Feli, wir lieben dieses Lied.«
»Ja, aber ich will es jetzt nicht hören. Wenn ich jetzt höre, wie Herbie mit seiner Knödelstimme Männer sind so verletzlich, Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich singt, dann reiß ich dir das Autoradio raus und schmeiß es aus dem Fenster. Dann kannst du es in Einzelteilen von der Autobahn kratzen.«
Sophie bremst urplötzlich von einhundertsechzig auf gefühlte neunzig Sachen runter, hinter uns hupt es wüst, Sophie brüllt, und ich kreische mit. Sie reißt das Lenkrad ohne Servolenkung herum, um den Corsa auf den Seitenstreifen zu zwingen.
» HAST DU SIE NOCH ALLE ?? WILLST DU MICH UMBRINGEN ???«
Sophie schlägt aufs Lenkrad ein und bekommt dann den totalen Ausraster: » NEIN ! DU WILLST DICH GLAUB ICH SELBST UMBRINGEN !! Jetzt ist aber mal genug, Feli! Ich kann’s echt nicht mehr hören. Dein ständiges Selbstmitleid geht mir auf die Nerven. Zuerst muss ich mir wochenlang anhören, wie bescheuert du Janosch findest, weil er blöd und zynisch und was weiß ich alles ist. Anschließend erzählst du mir, dass du sein beklopptes Verhalten plötzlich GANZ toll findest und TOTAL verknallt in ihn bist. Dann schwankst du ein paar Wochen zwischen purer Glückseligkeit und Eifersucht und Hass auf ihn und JETZT «, sie holt Luft, um zum Finale ihrer Predigt anzusetzen, » JETZT jammerst du aufs Schrecklichste rum, weil du denkst, dass er dich verlassen hat und nie mehr was von dir hören will et cetera pp. Auf die Idee, ihn einfach mal anzurufen, um die Sache zu klären, ist dein Meisterhirn wohl noch nicht gekommen.« Sie schnaubt.
Sophie hat noch nie so mit mir gesprochen. Sophie hat noch nie mit irgendjemandem so gesprochen, vermute ich.
»So«, sie atmet ein und aus, »das musste mal raus. Jetzt fahren wir weiter, hören Männer und singen laut mit, ob dir das passt oder nicht, ist mir egal. Außerdem rufst du Janosch an, das sag ich dir. Und wenn du ihn bis morgen nicht angerufen hast, will ich nicht mehr mit dir befreundet sein.«
Der Heilige Abend verläuft einigermaßen entspannt. Erst Kaffee bei Papas Eltern, Abendessen bei Mamas. Keine
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