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Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyra Groh
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Milch.
    »Natürlich darf man sich in ihn verlieben.« Sophie hat einen Ton angeschlagen, den sie sicher später mal benutzen wird, wenn sie mit ihren Schülern redet. »Ich stelle es mir nur nicht gerade leicht vor. Was willst du mit ihm unternehmen? Wie soll das laufen? Er weiß nicht mal, wie du aussiehst.«
    Ich habe in der kurzen Zwischenzeit scharf nachgedacht und bombardiere sie mit den geforderten drei Gründen: »Erstens: Ich muss ständig an ihn denken und das vom ersten Augenblick an. Zweitens: Er hat die schönsten Augen, die ich jemals gesehen habe. Drittens: Wir mögen die gleiche Musik und die gleichen Bücher.«
    Alle drei mustern mich fragend. Nein, stimmt nicht. Cem und Sophie gucken fragend. Kirsten sagt: »Ich find’s schön.«
    »Das mit den Augen gehört zu seinem guten Aussehen. Zählt also nicht«, kleinkariert Sophie.
    Mir fallen immer mehr Gründe ein: »Er ist irgendwie geheimnisvoll. Er kann abgefahrene Dinge. Es ist total beeindruckend, wie er das alles macht, so ganz ohne Hilfe. Sachen, die bei mir immer schiefgehen, funktionieren bei ihm reibungslos. Und er beobachtet mich auf seine ganz eigene Art. Es ist fast unheimlich, was er alles über mich weiß, obwohl wir uns gestern zum ersten Mal richtig unterhalten haben. Er weiß, dass ich Harry Potter höre, wenn ich nicht schlafen kann. Er hat rausgefunden, dass mein Nicht-Schlafen-Können vom Mond abhängt. Und er kennt meinen Geruch. Er hat mich gestern im Innenhof daran erkannt. Warum sollte er das alles über mich behalten? Ich will wirklich nicht voreilig sein, aber bedeutet das nicht etwas?«
    »Du hast recht, es ist abgefahren«, findet Sophie, »aber…«
    »Das ist nicht ungewöhnlich. Gerade bei Augenlichtverlust ist es besonders wichtig, scharfe Ohren sowie einen guten Tast- und Geruchssinn zu haben, damit du deine Umwelt wahrnehmen kannst«, betet Cem wie aus dem Lehrbuch herunter.
    »Wie Ben Affleck in Daredevil ?«, will Sophie wissen.
    BenAffleck! Keine r brauchtBenAffleck, wenn es Janosch gibt, der das alles kann, ohne rote Latexanzüge zu tragen.
    »Er hat erkannt, dass ich Gitarre spiele, nur weil er meine Finger berührt hat!«, fällt mir ein weiterer Grund ein, in Janosch verliebt zu sein.
    »Du verwechselst aber nicht Bewunderung oder Mitleid mit Verliebtsein, oder?«, fragt Sophie.
    Ach, immer diese doofen Fragen. Immer diese Vernunft. Immer dieses Immanuel-Kant-mäßige Hinterfragen. Wahnsinnig schön muss die Zeit gewesen sein, als die Leute dümmlich und unaufgeklärt ihr Leben genießen konnten. Warum musste dieser Spacko Immanuel die Menschen aufklären!? Hätte es ihn nie gegeben, hätten meine drei Freunde jetzt gesagt: »Was, du bist verliebt? Fein! Das hat Gott gewollt!« Die einzige zu klärende Formalität wäre die Frage gewesen, ob mein Vater genug Mitgift gezahlt hätte. Kant kann von Glück reden, dass er schon tot ist, sonst hätte ich ihn spätestens heute umgebracht. Und zwar schmerzhaft.
    Nicht mal verliebt lassen sie einen sein, ohne einen in den Wahnsinn zu treiben.
    GEFÜHLSSACHEN
    Die Fragerei meiner Freunde verunsichert mich, wenn ich ehrlich bin.
    Janosch ist dauerpräsent in meinem Kopf, seit ich ihn das erste Mal gesehen habe. Es hat mich schwer mitgenommen, dass mein erster Eindruck bei ihm so schlecht war. Deshalb war der gestrige Abend für mich eine Schlüsselsituation. In seiner Nähe zu sein, mitzubekommen, wie sich in seiner pessimistischen Fassade kleine Risse auftun, seine Hand in meiner zu spüren, gekrönt von der Tatsache, dass er meinen Geruch kennt. Das alles hat mir endlich erklärt, warum ich ständig an ihn denken musste. Klar, es war bedrückend. Furchteinflößend. Aber auch schön. Ein Thrill sozusagen. Etwas, das man immer und immer wieder erleben möchte, obwohl es einem nicht ausschließlich gute Gefühle beschert. So wie Achterbahnfahren. Man macht sich vor Angst fast in die Hose, aber man tut es trotzdem, weil es einen so berauscht. Oder wie Alkohol trinken. Man tut es hin und wieder im Übermaß, auch wenn man weiß, dass man am nächsten Morgen einen dicken Schädel haben wird und kotzen möchte.
    Manchmal tut man solche Dinge ganz bewusst, weil sie es wert sind. Weil das gute Gefühl, das man dabei hat, die Folgen aufwiegt.
    Sollten meine Freunde mich nicht auch bei diesen kleinen Dummheiten unterstützen? Oder wollen sie mich nur davor bewahren, mich blindlings… oh, ich meine, mich Hals über Kopf zu verlieben?
    Sophies in den Raum geworfene These, ich

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