Pinguine lieben nur einmal
Nacht.«
»Gute Nacht.«
Damit reiße ich die Tür auf und dackele mit Minischritten aus der Wohnung, eingewickelt in meine Decke, in der ich aussehe wie eine verpuppte Raupe oder auch wie ein Brocken Hackfleisch im Mexico-Wrap.
»Ich hab dich an deinem Parfüm erkannt.«
Bei seinen Worten drehe ich mich zu Janosch um und weiß nichts zu sagen.
»Als du im Hof saßt. Ich dachte mir eh, dass du es bist, wegen des Hörbuchs, aber als ich dein Parfüm erkannt habe, war ich mir sicher, dass du es bist.«
Darauf sage ich nichts mehr.
Er hat mein Parfüm erkannt. Mein Parfüm, das ich vorher abgeduscht und weggewaschen hatte.
So schnell es mir mein Bettdeckenkokon erlaubt, stürme ich in unsere Wohnung, schlage die Tür hinter mir zu, lasse Decke und Player einfach fallen und rufe Cems Namen.
»Bin im Bad«, nuschelt er.
Mit Schwung reiße ich die Badezimmertür auf.
Cem sitzt auf dem Badewannenrand und putzt sich die Zähne. »Scheiße, bin ich voll«, murrt er.
»Ich… ich hab mich eben verknallt.«
Die Worte platzen einfach so aus mir heraus. Ich kann sie gar nicht kontrollieren, mein Körper zwingt mich zum Reden, weil er sich mitteilen möchte.
»Hast du Simon doch noch getroffen?« Cem lauert auf eine heiße Geschichte.
Ich schüttele den Kopf und packe es nicht, darauf zu antworten, nicht mal als Cem »In wen denn dann?« fragt.
Oh nein. Ich kann nichts sagen. Versuche, Janoschs Namen zu verdrängen.
Das. Darf. Nicht. Wahr. Sein.
2. Akt: - Steigen der Handlung
Wer auftritt… in order of appearance, so wie bei der Exposition eben auch.
FELICITAS GRÜN
Immer noch ich. Janosch sagt, ich bin das Chaos.
CEM DEMIREL
Ist eine brusthaarphobische Hausfrau. Aber sehr professionell.
SOPHIE
Ist so vernünftig und so schlau. Verstehen will sie mich aber nicht.
KIRSTEN
Findet immer alles schön. Ach, wie schön.
JANOSCH WINTER
Ist blöd und toll. Aber so ist es ja immer.
STEFFI
Glaubt auch jeden Mist. Zum Glück.
PIA WINTER
Interpretiert das falsch. Oder auch nicht.
AUSSERDEM :
Ein Uniprofessor und ein paar benachteiligte Menschen; mein Rülpskumpel Jojo mit Anhang; Kaugummi-Mädchen mit Nachnamen Räumer– ein auf Stiefeln wandelndes Klischee; Doktor Wossel– ey, Mann, die geilste Dozentensau; Mirko; Simon; Paul– ein Kind, das das Glück hat, fünf Jahre alt zu sein; eine spießige Anwältin und ein unkonventioneller Künstler aus einem Sat.1-Film; der Kanada-Exfreund.
SPECIAL GUESTS :
Ben Affleck– alias Daredevil alias roter Latexanzug; Immanuel Kant– der Grund, warum alle immer meinen, beim Sprechen denken zu müssen; Rufus Beck und Harry Potter natürlich; Uri Geller; die Village People; Cemobulus– Heiliger der benachteiligten Menschen; Robbie Williams– Exhibitionist mit Brusthaar; Susi und die Frage nach dem Herzblatt; MUSE – eine Band, die man nicht staffeln darf; Dan Brown; Stephenie Meyer; Kate Winslet, und zwar nackig; Mario Barth– jemand, der behauptet, dass Frauen nicht sagen, was sie meinen; Johnny Cash und einige andere aus einer traurigen Playlist; Bernhard Schlink; die Beatsteaks; Mark Twain und Oscar Wilde, Letzterer hat seinen Dorian Gray und Sir Henry dabei.
NICHT MAL VERLIEBT LASSEN SIE EINEN SEIN
» JANOSCH ?«, brüllt Cem, nachdem ich es am nächsten Tag endlich geschafft habe, ihm den Namen zu nennen.
»Janosch? Wirklich? Warum?«, will Sophie wissen, als ich es ihr am nächsten Mittag schonend am Telefon beibringe.
»Ah, ja, cool. Ist doch schön«, sagt Kirsten abends bei einem Gläschen Likör 43, den wir mit Milch trinken.
Sophie und Cem, die mit am Tisch sitzen, halten es für nötig, ihre Kommentare zu wiederholen. Cem brüllt: »Janosch?«, Sophie fragt: »Aber warum?«
»Warum, warum?« Ich stürze mein Glas herunter.
»Ja. Warum! Du hast immer erzählt, er wäre dumm!«
»Dumm?« Das habe ich nie behauptet. »Janosch ist doch nicht dumm!«
Von Sophie lasse ich mir das besonders ungern sagen. Nur weil sie allwissend ist, verdammt.
»Ich will’s bloß verstehen«, stöhnt Sophie genervt. »Nenn mir drei Gründe. Und dass er gut aussieht, zählt nicht. Er sieht gut aus– wirklich. Aber das ist bestimmt alles total kompliziert.«
»Warum?«, frage ich und tue so, als wüsste ich nicht, was sie meint.
»Nun ja, falls es dir noch nicht aufgefallen ist: Er ist blind.«
»Und weil er blind ist, darf man sich nicht in ihn verlieben?«
»Jetzt hast du genauso reagiert, wie er reagieren würde«, murmelt Cem und tunkt einen Keks in seine alkoholisierte
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