Pinguine lieben nur einmal
Stück näher.
»Vielleicht«, wiederhole ich.
Er streckt eine Hand aus, ertastet mein Gesicht, fährt darüber, über meinen Hals, meine Schultern, meine Seite, bis zu meiner Hüfte. Er greift meinen Oberschenkel und legt mein Bein über seines.
Mein Puls rast. Ich kann nicht mehr, mein Atem ist so schnell und mein Blut so heiß.
»Vielleicht solltest du das lassen«, hauche ich mit staubtrockener, fremder Stimme.
»Und was, wenn doch?« Sein Gesicht ist meinem so nahe, warum tut er das? Er macht mich wahnsinnig, seine Haare kitzeln schon meine Stirn.
»Vielleicht… haben Denken und Entscheiden dann keinen Einfluss mehr auf mein Handeln. Oder vielleicht will ich dann wieder Bedürfnisse befriedigen.«
»In dieser Aussage stecken mir definitiv zu viele Vielleichts«, seine Stimme ist tief und fordernd, als er das sagt. Tief und fordernd und unglaublich sexy.
Ich kann allem widerstehen außer der Versuchung, hat Oscar Wilde mal gesagt. Und Mann, hat er recht. Dass ich mich vorbeuge und Janosch wieder küsse, ist allein Oscar Wildes Schuld. Wessen Schuld es ist, dass Janosch dieses Mal mitmacht, mit seiner Hand in meine Haare fährt, sich mir– sofern überhaupt irgendwie möglich– noch mehr nähert, ich mit den Fingern über sein Gesicht streiche, seinen Atem merke und er meinen… Tja, wessen Schuld das alles ist, weiß ich nicht. Weil es mir SO gleichgültig ist. Weil das SO guttut.
Plötzlich bricht Janosch ab. Er greift unter sich, tastet nach etwas, verzieht verwirrt das Gesicht und fragt: »Sind das… Kondome?«
3. Akt: - Höhepunkt
Wer auftritt und so weiter und so fort:
FELI GRÜN
Eine Herzdame? Jetzt ohne Mist?
JANOSCH WINTER
Ein Charmeur? Aber nur alle vier Jahre?
KIRSTEN
Eine, die wirklich immer über alles reden will?
CEM DEMIREL
Ein neugieriger » WAAAAS ?«-Frager?
SIMON
Eine Samariterschale mit Mistkerlkern?
PIA WINTER
Eine, die auf mich steht?
SOPHIE
Eine perfekte Sexgesprächspartnerin?
KAROLINE
Eine Spielkarte zur Gegenspielerin?
LENE WINTER
Eine Gluckenmutter?
AUSSERDEM :
Ein Anglistik-Prof; der Kanada-Ex und Kindergarten-Pipi-Freund– schließlich kommt man um die Exe nicht drum herum; eine schwarzhaarige Demonstrantin, äh pardon, eine schwarzhaarige STREIKERIN ; ein nonkonformistischer Rockträger; eine aus meinem Abijahrgang; mein Bruder; Janoschs Neffe Paul, sein Schwager Markus, sein Opa Wilhelm, seine Tante Barbara, Großonkel Franz; zwei Zwillingscousinen, eine kleine Marie, die noch nicht Uno spielen kann, und noch einige andere Verwandte und Freunde; mein Bekannter Bernd… ich meine, Daniel.
SPECIAL GUESTS :
Martin Luther King– ein Spezi in Sachen benachteiligte Menschen; der Vorleser Michael Berg; Ben Stiller; Meg Ryan; Sarah Jessica Parker; Julia Roberts; Harry Potter– hey, ohne Harry geht’s nicht!; Bertold Brecht– und der Haifisch, der hat Zähne …; Jimi Hendrix; Daredevil; der Joker.
OKAY FELI ... WAS WILLST DU?
Ich betrachte mein Spiegelbild. Im Comic hätte mir auch mein Spiegelselbst diese Frage gestellt: Was willst du, Feli? Es würde dabei eine Fratze schneiden, klugscheißerisch die Hand ans Kinn legen und mit dem ausgestreckten Zeigefinger darüberstreichen. Aber ich frage mich das schlicht selbst, und zwar laut, denn wenn kein anderer das tut, muss ich eben Selbstgespräche führen.
Ist es nicht ein ziemlich schlechtes Zeichen, dass heute schon Dienstag ist und wir uns am Freitag zuletzt gesehen haben? Dabei habe ich es wirklich darauf ankommen lassen. Habe im Hausflur aus irgendwelchen Gründen herumgeplärrt, habe flaschenweise Parfüm aufgetragen und bin sogar nach dem Einkaufen singend die Treppe hochgetrampelt. Aber Janosch hat keine Reaktion gezeigt.
Jetzt ist also wieder Dienstag. Dienstag. Soll das etwa mein Schicksalstag werden?
Janosch hat dienstags eigentlich frei. Das hat er jedenfalls gesagt. Trotzdem haben wir uns schon zweimal an einem Dienstag in der Uni getroffen. Was passiert, wenn wir uns heute wieder treffen? Soll ich mir dann von Neuem Tausende Seifenoperngedanken machen? So etwas wie: Sind wir jetzt zusammen?
Sind wir natürlich nicht– nur um diese Frage mal rational zu beantworten. Nicht nur aus dem Grund, dass wir uns seit Tagen nicht gesehen haben, sondern auch weil Janosch mir unverblümt gesagt hat, dass er noch nicht die richtigen Gefühle hat.
Für den Anfang kann ich mir die Finger in die Ohren stecken, Lalala singen und darauf warten, dass er sich seiner Gefühle sicher wird. Aber für wie lange kann ich
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