Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyra Groh
Vom Netzwerk:
mich betrifft, von Pia, ihrer Mutter oder Janosch selbst vorgewarnt sind.
    Als die Meute sich auf ihren Plätzen niederlässt, kommt Pia auf mich zu und drückt mich. »Es ist so schön, dass du auch da bist.«
    Sie trägt ein schlichtes cremefarbenes Seidenkleid und eine lockere, lockige Hochsteckfrisur. Einige Meter neben ihr entdecke ich ihren Nicht-mehr-nur-fast-Mann Markus, der einen grauen Anzug trägt und überhaupt nicht nach Lehrer aussieht. Er hat eine große schwarze Hornbrille und einen blonden Pferdeschwanz.
    Pia schaut sich um und sagt dann mit einem Zwinkern zu mir: »Okay, erschrick jetzt bitte nicht zu Tode. Sie ist etwas aufgeregt heute.«
    Zu Tode erschrecken? Wovor? Wer ist aufgeregt? Ich? Ja, sicher, aber warum redet sie von mir in der dritten Person Singular?
    Doch dann verstehe ich: Aus der Küche kommt eine zierliche Frau mit einem braungelockten Pagenschnitt in einem grünen Kleid, die mehrere Sektflaschen in den Armen balanciert. Als sie völlig überraschend laut quiekt, eilt Markus herbei und nimmt ihr die Flaschen ab, die gefährlich zu schwanken begonnen haben. Sie stürmt auf mich und Janosch zu, und ich weiche wortwörtlich ein Stückchen hinter seinen breiten Rücken zurück. Seine Mutter jagt mir geradezu Angst ein.
    Sie umarmt Janosch, als wäre er mehrere Jahrzehnte in Vietnam verschollen gewesen. Dann kneift sie ihm in die Wangen und tadelt ihn: »Das ist ja wohl nicht dein Ernst, Janosch. Im letzten Vierteljahr hast du mit Sicherheit an die fünf Kilo abgenommen. Das ist nicht gut bei der ganzen Schwimmerei. Setz dich hin und iss was!« Sie drückt ihn noch mal.
    Sein Gesichtsausdruck wirkt gequält. An dem Tag, an dem ich nach Hause komme und meine Mutter zu mir sagt, dass ich was essen soll, schmeiße ich– das schwöre ich hiermit hoch und heilig– die größte Party seit Menschengedenken!
    »Mama, Janosch ernährt sich derzeit von Luft und…«
    »Wag dich, diesen Satz zu Ende zu sprechen, Pia. Von solchen Floskeln wird mir schlecht.«
    Pias Sprichwort hat mich in den Mittelpunkt der mütterlichen Aufmerksamkeit gerückt. Frau Mama gebärdet sich wie ein Kleinkind unter dem Tannenbaum. Sie sieht mich gar nicht groß an, sie mustert mich nicht mal, und ihre Augen geben nicht den geringsten Aufschluss darüber, was sie in diesem ersten Moment über mich denken könnte. Sie plappert nur haltlos von der Trauzeremonie, knetet die Hände und drückt mich dann in eine feste Umarmung, die ich so einer schmächtigen Person nie zugetraut hätte.
    »Hallo, Feli! Wie schön, dass du hier bist. Ich bin die Lene.«
    Ich erleide eine formvollendete Reizüberflutung. Janoschs Mama, Lene, weiß meinen Namen schon und irgendwie… hach, Herzlichkeit überfordert mich immer so!
    In der nächsten Stunde führe ich ein und dasselbe Gespräch circa fünfzehnmal. Alle Onkel, Tanten, Großeltern und auch die ganzen anderen wollen ein Wort mit mir gewechselt und ein Stückchen von mir abhaben. Eigentlich verläuft jedes Gespräch in etwa so wie das mit Janoschs Opa Wilhelm.
    »Ah, ja, hallo. Wie war noch mal dein Name?«
    »Feli.«
    »Fe…?« Ratlosigkeit.
    »Felicitas. Aber mein Spitzname ist Feli.«
    »Ach so. So ähnlich ist das bei mir auch. Ich bin der Wilhelm, aber mein Spitzname ist Willi.«
    Willi lacht, ich lache mit. Bei Opas sollte man immer mitlachen.
    »Also, soll ich jetzt Feli sagen oder Felicitas?«
    »Feli, bitte.«
    »Gut, also Felicitas. Dann bin ich für dich der Willi.« Gut, also Wilhelm. »Und? Studierst du auch?«
    »Ja, Anglistik.« Er guckt mich irritiert an, also übersetze ich in Nicht-Hochschul-Deutsch: »Englisch.«
    »Oh, also wirst du mal Lehrer, so wie unser Markus hier?« Ein Fingerzeig zum Bräutigam.
    »Nein. Ich studiere nicht auf Lehramt, sondern einfach so.«
    »Ach so.«
    Bei solchen Unterhaltungen fühle ich mich immer, als müsste ich mich dafür schämen, dass ich nicht auf Lehramt studiere. Aber die Welt kann doch nicht nur aus Englischlehrern bestehen!
    »Also habt ihr euch nicht in der Uni kennengelernt, weil unser Janosch wird ja mal Anwalt?« Das scheint den Willi sehr zu erfreuen.
    »Nein. Janosch wohnt unter mir.«
    »Aaaach so, ja. Wollte unbedingt ausziehen, der Junge. Fand unsere Lene ja nicht so gut, aber muss sie sich abfinden mit. Die Vögel fliegen irgendwann aus dem Nest!«
    Lediglich Janoschs Tante Barbara beweist Fragenvielfalt und Neugierde: »Ist bestimmt alles neu und komisch für dich, oder? Janosch ist schließlich ein ganz

Weitere Kostenlose Bücher