Pinguine lieben nur einmal
Disney-Animationsfilm wenigstens hören. «
Karo stimmt geradezu wiehernd in sein Lachen ein und schwelgt in Erinnerungen: »Oh ja. Welcher Film war das noch? Findet Nemo ? Keiner hat gemerkt, dass wir nicht über den Film gelacht haben, sondern nur über die Situation. Es war einfach so schräg. Ein Raum voller erwachsener Menschen, die sich über einen Kinderfilm wegpissen, und wir mittendrin. Allerdings hatten wir wenigstens kein Geld dafür ausgegeben.«
Ich muss nicht erwähnen, dass ich Disney-Filme im Allgemeinen und Findet Nemo im Speziellen ganz große Klasse finde, oder? Ich muss heute noch jedes Mal Tränen lachen, wenn ich ihn sehe.
Simon, Karo und Janosch lachen ausgelassen. Simon legt einen Arm um mich und sieht mich ermutigend an, als wollte er sagen: »Freu dich doch mit uns.« Trotzdem fühle ich mich ausgeschlossen. Die drei sind alte Freunde, und ich bin die Neue, die ihren Humor nicht versteht.
Weil ich Karo ein schlechtes Gewissen einreden möchte, sage ich: »Ich fand Findet Nemo ziemlich lustig.«
»Ja, aber als der Film damals rauskam, waren Karo und ich schon volljährig, und du warst wie alt? Zwölf?«
Dreizehn, zische ich in Gedanken und blitze Janosch so böse an, wie ich es noch nie getan habe. Er weiß genau, wie sehr ich auf Disney stehe, er weiß genau, dass ich sprechende Fische, singende Mäuse und tanzende Affen mag. Obwohl es mir egal sein könnte, obwohl ich für gewöhnlich zu meinen kindischen Vorlieben stehe, ist es mir plötzlich peinlich. Ich fühle mich kurz wie eine Verräterin, weil ich mir wünschte, ich könnte ehrlichen Gewissens in ihr Lachen einstimmen und über Findet Nemo witzeln.
Ich fühle mich von Janosch provoziert. Es ist nicht meine Schuld, dass er Simons verfrühtes Weihnachtsgeschenk ausgeschlagen hat, und ich kann auch nichts dafür, dass Simon beschlossen hat, die Karte an mich weiterzugeben. Wenn hier jemand das Recht auf Unzufriedenheit hätte, dann wäre das sicher ich. Die Situation überfordert mich so sehr, dass über meinem rechten Auge ein Kopfschmerz beginnt.
Als Simon mich fragte, ob ich ihn zu einem Konzert begleiten wolle, bin ich davon ausgegangen, dass wir zu zweit hingehen würden. Er sagte schließlich, er wollte mit Janosch einen Abend unter Freunden verbringen– ich habe lediglich Janoschs Platz eingenommen. Warum hatte Simon geplant, den Abend mit Janosch und Karo zu verbringen, und warum wählt er ausgerechnet mich als Ersatz aus? Er muss doch gewusst haben, dass diese Konstellation ein wahres Pulverfass darstellt. Ist Simon etwa total naiv und gutgläubig, und ihm war gar nicht bewusst, dass kaum einer der Beteiligten von seinem Plan begeistert wäre und die Gesellschaft der anderen schätzen würde? Ich hätte nicht gewollt, dass er Janosch und Karo zusammenführt. Janosch hätte nicht gewollt, dass Simon und ich einen Abend zusammen verbringen. Und ich kann mir gut vorstellen, dass Karo ebenso wenig scharf auf meine Anwesenheit ist wie ich auf ihre.
Apropos Simon. Er hat Bier geholt und balanciert vier Gläser an einen Stehtisch. Ich gehe zu ihm, nehme mir ungefragt ein Glas und sehe ihn dann vorwurfsvoll an.
»Sorry, aber ich habe ihr die Karte nun mal auch zu Weihnachten geschenkt.«
»Das heißt, du wolltest ursprünglich mit ihr und Janosch alleine herkommen? Was dachtest du denn, wie ich das finde?« Was er damit bezwecken wollte, mag ich mir gar nicht ausmalen.
»Wir sind früher häufig zusammen auf Konzerte gegangen. Ich wollte die alten Zeiten wiederaufleben lassen.«
»Ach, wirklich? Janosch und Karo sind seit zwei Jahren getrennt. Wie oft seid ihr seitdem zusammen aus gewesen?«
»Ständig, Feli!«
»Ständig?« Das Wort fühlt sich irgendwie kantig und rau in meinem Hals an, wie ein grobes Stückchen Fels, das ich auszuspeien versuche.
Als Janosch mir sagte, er und Karo seien seit fast zwei Jahren kein Paar mehr, bin ich davon ausgegangen, dass zwischen ihnen seither Funkstelle herrschte. Ich war der Meinung, sie hätten sich bestenfalls zu irgendwelchen von höherer Gewalt bestimmten Anlässen getroffen, beispielsweise bei Pias Hochzeit. Es erschien mir logisch: Janosch und Karo waren lange zusammen, in dieser gemeinsamen Zeit hatte sich auch seine Schwester mit ihr angefreundet, die Freundschaft der Frauen überdauerte die Trennung, und deshalb führte Pias Ehrentag zu einer Aufeinanderkunft. Basta. Nicht im Traum habe ich daran gedacht, dass es planmäßige Treffen, ja, Verabredungen gegeben haben
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