Pinguine lieben nur einmal
könnte. So etwas passiert in meiner Vorstellung von Liebe und Freundschaft und Beziehung einfach nicht. Ich trenne diese Dinge kategorisch. Das kleine Fünkchen Erfahrung, das ich besitze, hat mich das gelehrt.
»Heißt das… die beiden sind so etwas wie Freunde?«
»Ja klar.«
»Ja klar? Das ist überhaupt nicht klar. Janosch hat zu mir gesagt, es sei aus und fertig.«
»Ist es ja streng genommen auch, die beiden sind ja kein Paar mehr.«
»Er hat nie mit nur einer Silbe erwähnt, dass sie noch befreundet sind. Wie ich ihn kenne, hätte er kein Wort mehr über sie gesprochen, wenn ich nicht nachgebohrt hätte.«
Ich werfe Janosch und Karo misstrauische Blicke zu. Sie stehen mitten im Raum, der sich nach und nach füllt, und treiben einen Keil in die Menge. Sie unterhalten sich. Eine Million Horrorszenarien durchfluten meinen Kopf. Sieben Jahre Beziehung und mir bisher verschwiegene zwei Jahre enge Freundschaft– die beiden müssen ein unerschöpfliches Arsenal an Anekdoten, gemeinsamen Erlebnissen und Witzchen haben. Sie müssen sich in- und auswendig kennen. Karo erzählt etwas, das Janosch sichtlich amüsiert. Was, wenn sie intelligenter ist als ich? Geistreicher? Witziger? Sie versteht seinen Zynismus– ich nicht! Es ist eine Katastrophe. Sie ist eine weitaus ernstzunehmendere Feindin, als ich mir noch heute Nachmittag, als ich mit dem Hintern Seiten aus meinem Wörterbuch herausgerissen habe, ausmalen konnte.
»Tja, so ist Janosch. Deswegen… nun ja… deswegen wollte ich dich gerne mitnehmen.«
»Entschuldigung?«, frage ich und ziehe die Augenbrauen bis zur Unkenntlichkeit hoch.
»Als Janosch abgesagt hat, wollte ich dich fragen. Natürlich weil ich dir eine Freude machen wollte, ich weiß doch, dass du auf Musik stehst.«
»Ja, natürlich. Wir wissen schließlich alles voneinander«, knurre ich sarkastisch und verschränke die Arme.
»Und weil ich dir helfen wollte«, übergeht Simon meinen Kommentar.
»Wobei? Dass ich mich ziemlich bescheuert fühle?«
Er setzt eine traurige Miene auf. »Nein, das wollte ich nicht.«
»Wie großzügig von dir.«
»Jetzt sei nicht so. Nach unserem Gespräch hatte ich das Gefühl, dass du Janosch vielleicht nicht so gut kennst, wie du denkst.«
»Was soll das denn jetzt bedeuten?«
»Er erzählt dir manche Dinge nicht, die du als seine Freundin wissen solltest.«
»Ja, schön. Deswegen hatten wir ja auch dieses Gespräch. Und fertig. Alles geklärt. War es nötig, mich in diese Situation mit Karo zu bringen?«
»Du siehst doch: Es hat dazu geführt, dass du wieder etwas herausgefunden hast, das Janosch dir verschweigen wollte. Und zwar, dass die beiden trotz ihrer Trennung immer noch Freunde sind.«
»Das wollte ich aber gar nicht wissen«, schmolle ich, wende mich von Simon ab und trinke so energisch aus meinem Glas, dass mir ein wenig Bier übers Kinn läuft und auf meinen lächerlichen Ausschnitt tropft.
»Na ja. Es ist jetzt so, wie es ist. Lass uns trotzdem einen schönen Abend haben. So kannst du Karo mal kennenlernen und Janosch noch ein bisschen besser. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was dich daran stört.«
Was mich stört? Alles stört mich. Mich stört, dass sie schlanker ist als ich und ihre Brüste proportional gesehen größer sind, dass ihre Haut reiner und ihre Nase stupsig ist. Mich stört, dass sie älter ist als ich und die Dreistigkeit besitzt, Kinderfilme kindisch zu finden. Mich stört, dass Janosch noch mit ihr redet, während ich seit Jahren kein Wort mit dem Kanada-Ex gewechselt habe. Mich stört, dass die beiden eine Vergangenheit und gemeinsame Geschichten haben, dass Janosch über Sachen lacht, die sie sagt, weil es mir immer so vorkam, als sparte er sein Lachen nur für mich auf, dass er sie anfasst, obwohl ich auch das für eines meiner Privilegien gehalten habe.
»Das ist doch egal. Sie ist seine Ex!«
»Lern sie kennen, sie ist wirklich nett.«
»Und wenn sie noch so nett ist. Sie ist Janoschs Ex! « Ich muss mich verdammt noch mal nicht dafür rechtfertigen, dass ich die Ex von meinem Freund weder kennenlernen noch nett finden will. Ihr Status berechtigt mich dazu, sie aus rational nicht belegbaren Gründen unsympathisch finden zu dürfen. Evolutionstechnisch betrachtet ist das durchaus sinnvoll. Schließlich geht es hier um wichtige Dinge wie Fortpflanzung und Erhalt der eigenen Art. Wenn jeder Homo erectus die Ex seines Partners super gefunden hätte, wo wären wir denn dann? Wahrscheinlich immer noch in der
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