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Pinguinwetter: Roman (German Edition)

Pinguinwetter: Roman (German Edition)

Titel: Pinguinwetter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Sabbag
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auch nur an der Vorstellung davon – auszuheulen. Gerade in Zeiten wie jetzt wäre ich einfach gerne nur wieder das Kind gewesen, das sich hinter der Mutter versteckt.
    Renate meinte es sicherlich nicht böse, aber ihr Verhalten war trotzdem oft mehr als ungewöhnlich. Die Wechseljahre alleine konnten es auch nicht sein, denn demnach hätte sich meine Mutter bereits mein ganzes Leben in denselben befinden müssen.
    Ob Renate die armen Schlittenhunde auch heimlich hinter dem Rücken von Jörn austauschen würde, wenn sie den ein oder anderen nicht durchbekam? Ich malte mir diese Szenerie besser nicht aus.
    Dass sie nun ernsthaft überlegte zu heiraten, war neu. Selbst mein Vater hatte es nicht geschafft, Renate von einer beglaubigten Lebenspartnerschaft zu überzeugen, und hatte sich dann auch recht schnell wieder abgesetzt, nachdem Renate und Tante Marlene in einer Art Siebziger-Revival-Flash eine Mutter-Kind-Kommune in einem Vorort von Köln gegründet hatten, in der er nur als Besucher Eintritt fand.
    An diese ersten Lebensjahre konnte ich mich kaum erinnern. Mein Erinnerungsvermögen begann erst einzusetzen, als das Projekt bereits gescheitert war und wir alle drei bei meiner Oma Melitta auf dem Bauernhof untergekommen waren.
    Renate begann damals eine Ausbildung zur Reiseführerin und lernte auf ihren Touren den ein oder anderen außergewöhnlichen Mann kennen. So entstanden dann auch meine beiden Brüder: Till und Tom.
    Marlene heiratete Jürgen und bekehrte ihn nicht nur zu Greenpeace und einer vegetarischen Ernährung, sondern auch zu Fair-Trade-gehandelten Erzeugnissen. Seitdem machte Onkel Jürgen reichlich Überstunden, um – wie er immer sagte – Marlene ihren Lebensstandard zu erhalten.
    »Also, was ist, kommst du zu meiner Hochzeit?« Renate holte mich aus meinen Gedanken zurück.
    »Ich weiß wirklich nicht …«, setzte ich noch mal an, brach dann aber wieder ab.
    Was sollte es bringen, ihr mit rationalen Argumenten zu kommen – wenn Renate sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, war es nahezu unmöglich, sie davon abzubringen.
    »Natürlich komme ich«, erwiderte ich also. »Dass du dich irgendwann mal traust, hätte ich nicht geglaubt. Und dann auch noch mit einem Grönländer! Dieses monumentale Ereignis werde ich mir bestimmt nicht entgehen lassen.«
    »Fein. Du kannst dir nicht vorstellen, wie glücklich er mich macht! Du, ich muss auflegen, die Tour geht gleich los«, verabschiedete Renate sich. »Oder war noch irgendwas?«
    Ich überlegte nicht lange. Es wäre nicht nur unpassend, sondern auch sinnlos gewesen, ihr jetzt noch die Ohren mit meinem vermurksten Leben vollzuheulen. Also ließ ich es sein.
    »Ich meine, weswegen hattest du überhaupt angerufen?«, wollte Renate nun doch noch wissen.
    »Ach«, schoss es mir durch den Kopf, »ich wollte eigentlich nur fragen, ob du jetzt endlich weißt, warum die Pinguine nicht in die verlassenen Iglus der Eskimos ziehen.«
    Ein leichtes Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen. Da hatte ich mich ja noch mal gut rausgeredet. Renate kannte und hasste meine Frageleidenschaft gleichermaßen.
    »Das weiß ich nicht, Kind«, antwortete sie, »aber dass du wegen so was anrufst, gibt mir schon zu denken.«
    Ich musste – trotz meines desolaten Zustands – lachen. Jetzt würde der übliche Spruch kommen, mit dem Renate sowie auch Tante Marlene jedes Gespräch – nur in der jeweils umgekehrten Version – beendeten.
    »Du bist eben wie deine Tante«, sagte Renate, »völlig weltfremd! Ach, und apropos Marlene, sag ihr bloß nichts von der Robbenjagd! In manchen Gegenden ist das illegal. Und du weißt ja, Greenpeace und der ganze Schnickschnack. Wir wollen sie ja nicht unnötig aufregen.«
    »Nein«, seufzte ich, »das wollen wir nicht. Ich sage kein Sterbenswörtchen.«
    Als ich aufgelegt hatte, fühlte ich mich auch nicht besser. Renate war mutig, sie probierte Neues aus und hatte keine Angst vor Veränderung.
    Ich selbst befand mich dagegen in einer seltsamen Schockstarre und hatte immer noch keinen blassen Schimmer, wohin die Reise gehen sollte. Im Grunde wusste ich nur eines: Weitergehen konnte es so nicht.
    Aber was ich ändern sollte, wusste ich auch nicht. Vielleicht würde es sich auszahlen, mir jetzt mal ernsthaft Gedanken über mein Leben zu machen?

13. Kapitel
    Nach einer Woche selbstauferlegten Stubenarrests konnte ich folgende stolze Bilanz ziehen:
    2 kg Gewichtszunahme ( Wie konnte das nur passieren? Okay, dumme Frage. )
    1 Dauerabo

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