Pinguinwetter: Roman (German Edition)
Das kannst du doch nicht ernst meinen, Charly!«
Wieso hielten Marc eigentlich alle für so ein Arschloch? Wir hatten doch beide keine Verpflichtungen gegenüber dem anderen. Gut, er war ein wenig arrogant, und der Auftritt vor Eric war auch nicht nett gewesen, aber er spendete mir Trost, wann immer ich ihn brauchte, und verstand es bestens, mich auf andere Gedanken zu bringen. Was war daran bitte schlecht?
»Ich weiß gar nicht, was ihr alle mit Marc habt. Er ist eben so, wie er ist. Und außerdem war ich nie verliebt in ihn. Zumindest nicht in den letzten paar Jahren. Er tut mir im Moment eben gut. Das reicht doch. Und vor ihm muss ich mich nicht verstellen.«
»Charlotte!«, begann Mona in einem ernsten Ton, der nichts Gutes verhieß. Charlotte nannte sie mich eigentlich nur, wenn eine Standpauke folgte, die jetzt auch nicht auf sich warten ließ. »Hast du dich eigentlich mal gefragt, warum Marc dir immer genau dann guttut, wenn du gerade am Boden zerstört bist? Und er immer genau dann wieder aktiviert wird, wenn es gerade nicht richtig läuft?«
Was wollte Mona denn jetzt schon wieder von mir? Wir hatten doch gerade eben erst einen Streit hinter uns – wollte sie jetzt direkt den nächsten vom Zaun brechen?
»Und warum du wohl nicht in Marc verliebt bist? Oder es dir zumindest einredest?«
»Warum denn, Frau Superschlau?«, fragte ich in einem Ton, gemischt aus Gereiztheit und gespielter Gleichgültigkeit.
Mona holte tief Luft.
Das würde eine ordentliche Ansage werden, das sah ich auf den ersten Blick.
»Weil du ihn nicht haben kannst und es deswegen auch nicht versuchst . Er ist nichts weiter als eine wunderschöne Möglichkeit für dich, in die du dich immer hineinflüchtest, wenn es ernst wird. Überleg doch mal, was das für Zeitpunkte waren, an denen ihr euch gesehen habt.«
Ich nahm einen großen Schluck Wein und bestellte mit kurzem Blick Richtung Trümmerhannes ein neues Glas.
Was sollte dieser Frontalangriff denn jetzt? Es spielte doch überhaupt keine Rolle, warum und wieso ich Marc zu irgendwelchen Zeitpunkten sah! Und was hieß das überhaupt, ich könne ihn nicht haben?!? Ich war seine Göttin (na ja, zumindest göttlich) , und er war vorgestern zu mir gekommen (und nicht nur zu mir), um mir zu sagen, dass es mit der Sauberfrau nicht klappte. Also was sollte das jetzt?
»Er ist zu mir gekommen, Mona! Er hat mir gesagt, dass es mit seiner Sauberfrau nicht läuft, und ich war diejenige, an die er sich gewandt hat! Außerdem, was soll das heißen, ›was für Zeitpunkte‹? Ich sehe ihn, wann immer ich will. Da gibt es keine bestimmte Anordnung von Zeitpunkten, wie du es dir einbildest!«
»Ach nein?«, fragte Mona spitz und zog eine Augenbraue hoch.
»Nein!«, antwortete ich.
»Und was ist damals gewesen, als du beinahe die Zwischenprüfung versemmelt hast? Wen hast du da angerufen? Oder als du den großen Streit mit Rolf hattest? Oder als Schluss war mit Rolf? Oder mit Bernd? Oder mit … ach, mit jedem! Oder als du das Volontariat bei Fischer nicht bekommen hast? Oder als …«
»Ist ja schon gut.« Ich winkte ab. Es stimmte. Er war auch der Erste, an den ich nach der Kündigung gedacht hatte. »Du willst mir sagen, dass Marc eine Art Betäubungsmittel für mich ist? Quasi der Schokoladenersatz, nur ohne Kalorien?«
»Na, wenn du das so ausdrücken willst«, seufzte Mona. »Nur ist es nicht im Geringsten so positiv, wie es sich anhört. Denn Marc ist nicht das Allheilmittel für deine Probleme, Charly. Und erst recht nicht, wenn er jetzt in einer festen Beziehung ist.«
»Ist er aber nicht!«, erwiderte ich kleinkindhaft trotzig. »Oder zumindest nicht mehr!«
»Wie dem auch sei. Er ist deine perfekte Möglichkeit, das aktuelle Problem, das du gerade hast, nicht anzugehen. Und es war mal wieder nahezu genial, wie bestellt, dass er da war, als Eric kam. So musstest du dich ihm nicht erklären, dich nicht entschuldigen und nicht zu deinen Fehlern stehen. Marc hat dir das alles abgenommen. Und jetzt kannst du betrübt herumlaufen und behaupten, Eric sei zu gut für dich. Er wolle dich ja sowieso nicht, wofür dann also kämpfen … bla, bla! Aber dass Eric damit gar nichts zu tun hat und es nur dein eigenes verdammtes Problem ist, dass du dich selbst nicht leiden kannst, das ziehst du nicht in Erwägung.« Mona holte erneut tief Luft.
Die Standpauke schien sie sichtlich anzustrengen.
»Und für Marc bist du das Gleiche wie er für dich. Eine perfekte Möglichkeit, auf die er
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